Noch 10.900 Tage

Post ist da. Reiseangebote für 50plus. Erste Gedanken wie: "Die Vorboten der Geriatrieindustrie haben dich gefunden" lassen sich durch Humor wegwischen. Facebook schlägt in diesselbe Kerbe, wunderbare Salben für Gelenkschmerzen werden da feilgeboten, die Hinweise verdichten sich: du bist Teil der größten Altersgemeinde Österreichs. Unwiderruflich.

Leichtes Unbehagen macht sich breit. Die bisher erfolgreiche Strategie der Ignoranz von Alterserscheinungen - morgendliches Aufstehen mit knackenden Gebeinen, drohender Hirnschlag beim Zubinden von Schuhen etc. - ist brüchig geworden, selbst langjährige engste Verbündete wie der Badezimmerspiegel fallen einem in den Rücken...es hilft nichts, es ist amtlich: man wird alt.

Was macht man also? Strategiewechsel! Was zählt ist der Blick nach vorn! Also her mit einem forecast: Bei der Annahme, ein durchschnittliches Lebensalter von netto 80 Jahren zu erreichen (die Demenzjahre lassen wir mal weg), bleiben noch ca. 10.900 Lebenstage. Ähm...ja. Das klingt ja jetzt nicht soviel. Zeit, Relationen zu setzen.

Legt man jeden Tag einen Euro weg, wären es dann 10.900 Euro - wenig, nicht? Wahrscheinlich gerade mal eine Monatsmiete, bei der Preisentwicklung der Wohnungsmieten.

Schreibt man jeden Tag so einen Sermon wie diesen, wären das 10.900 Geschichten...zuviel! Wer will schon soviel Gaga lesen.

Drehen wir es um - und ja, vielleicht will der geschätzte Leser ja selbst ein paar Varianten zum Besten geben:

Nur mehr 10.900 mal Parkplatz suchen - Klasse!

Noch 10.900 mich über die österreichische Politik ärgern - wer zwingt mich eigentlich dazu?!

10.900 mal spazieren gehen - und hoffentlich noch möglichst oft davon mit dem Hund - passt.

10.900 mal durchs TV-Programm zappen und am Angebot verzweifeln

mindestens 43.600 mal Kaffee trinken - auch wenn es den George vielleicht nicht mehr geben wird

zugegebene 10.900 Gläschen Wein - soll ja lebensverlängernd sein

10.900 mal hier reinschauen und Gedanken austauschen - ist wie ein Gläschen Wein

Genügt schon, nicht? Der geschätzte Leser möge seine eigene Liste machen:)

Denn eigentlich ist es ja egal, ob es 20.000, 15.000 oder 10.000 Tage sind.

Mein Ich ist zeitlos, und obwohl es angepisst ist, wenn der Körper allmorgendlich zwickt, es fühlt sich dem biologischen Alter nicht unterworfen - es beharrt darauf, jung, aktiv, lustig und lebensfroh zu sein - wie ein Twen.

Und den Badezimmerspiegel werden wir verdecken...

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Daniel Guttmann

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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