Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinauszugehen

Es ist ein Dschungel da draussen, ein Dschungel aus Beton und Glas, bewohnt von wilden Tieren, die sich untereinander stark ähneln, aber sich sehr unterschiedlich verhalten, manche sind Raubtiere, andere sind Herbivore, und wieder andere sind Aasgeier. Ein jeder muss vorsichtig sein in dieser Wildnis, wenn er nicht einer der unzähligen Gefahren die hinter jeder Wegbiegung lauern zum Opfer fallen will. Und die Gefahren dieses modernen Dschungels sind nicht Klauen und Zähne von wilden Bestien, oder Giftstacheln von Ungeziefer, sondern sie spielen sich in Wirtschaft, Recht und Politik ab, und sie zielen nicht auf unser Fleisch sondern auf unseren Geldbeutel, unseren Gehorsam oder gar unsere Seele. Und manchmal auch auf unser Fleisch.

Es scheint einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung zu geben, die scheinbar wenig Bewusstsein über die Gefahren dieser wilden Welt mit sich führt. Vielleicht sind sie einfach zu einer Zeit aufgewachsen, wo all dies noch ein prächtiger Garten Eden war, und nicht ein wilder Dschungel. Als der Wohlstand an den Bäumen wuchs und für alle ausreichte, als kaum jemand noch dem Anderen an den Kragen wollte, und es auch noble Menschen gab, die diesen Übeltätern die Leviten lasen. Ja, es war einmal... und jetzt ist es nicht mehr. Manch einer kann ein Lied davon singen, wie diejenigen, die beim Wirecard-Skandal ihr Erspartes verloren haben, die in Theranos investiert hatten, oder die über FTX mit Krypto-Währung spekulieren wollten. Tragischer erging es denen, die willkürlich am helllichten Tag niedergestochen wurden, oder den Frauen die meinten, sie könnten doch problemlos alleine Nachts durch dunkle Strassen spazieren, oder den Kindern, die mit Pandemrix gegen Grippe geimpft wurden und heute an Narkolepsie leiden. Sie alle dachten nicht, dass es ein wilder Dschungel ist, da draussen, sondern ein Paradiesgarten, wo man sich immerwährend in Sicherheit walten kann, wo keiner einem etwas Böses tun würde.

Tatsächlich entpuppt sich diese Vorstellung von Geborgenheit heute als ein Märchen, und wer dies erkennt bemerkt auch, dass da draussen niemand ist, der einen beschützen wird. Kein Ritter in glänzender Rüstung, kein Held der uns vor dem Bösen bewahrt. Es gibt nur uns selbst, alleine in der Wildnis aus Beton und Glas. Wir sind auf uns alleine gestellt, und müssen selber auf uns aufpassen. Denn wir können meistens nicht wissen, ob der, der uns sagt, er würde uns behüten, dies auch tatsächlich tun wird, oder ob es der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz ist.

Nicht jeder will diese Realität akzeptieren. Es ist erschreckend zu denken, dass überall Gefahren lauern könnten. Viele haben nie gelernt, mit dieser allgegenwärtigen Bedrohung umzugehen, und meinen es bedeute, dass man nur noch in ständiger Angst leben müsste. Sie wissen also nicht, was leben tatsächlich bedeutet, nämlich das Akzeptieren der ständigen Gegenwart solcher Gefahren, und zugleich das eigene Leben weiterzuführen, ohne es diesen Gefahren zu erlauben, unseren Geist einzunehmen, während sie aber auch nicht ausgeblendet werden. Es ist eine Lektion, die der Mensch seit Anbruch seines Daseins hat lernen müssen, und die erst jüngst verlernt wurde, als für einen kurzen Augenblick der wilde Dschungel der Realität in einen Garten Eden verwandelt wurde. In der Zeit meinte man, die einstige Realität überwunden zu haben, und die gelernten Lektionen vergessen zu können. Doch die wilde, gefährliche Realität war hartnäckig, und sie suchte uns irgendwann heim. Und so ist es nun wieder an jedem selber zu sehen, dass er in dieser Wildnis überleben kann, ohne das Opfer der menschlichen Hyänen zu werden.

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