Nina Laetizia Horvath

So schnell werde ich diesen Anblick nicht vergessen. Sofern ich ihn überhaupt jemals wieder vergesse. Wie er so da stand. Elegante, dunkle Anzughose. Eng geschnitten. Anliegendes Hemd. Perfekt gebügelt. Die Beine leicht geöffnet. Und dann dieser Blick - ganz entrückt auf den Schritt gerichtet. Ja, da war so einiges zu sehen! Und ja ich gebe es zu, ich habe hingestarrt. Aber ich war nicht allein. Auch meine liebe Freundin M. konnte mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht ihre Augen nicht von ihm lassen.

Der Mann vor der Terrassentüre

Eine Stunde vorher. Meine liebe Freundin M. und ich sitzen beim Kaffee in ihrer Küche. Nein eigentlich ist es ein Café Latte. Hätte ich gewusst, was so ein Café Latte alles auslösen kann. Aber zurück zur Küche von M. Eine wunderschöne Küche. Der Küchenblock auf der einen Seite und gegenüber ein großer Esstisch. Die Wand hinter dem Tisch zieren kleine Ziegelsteine, die eine heimelige Atmosphäre verströmen. Direkt gegenüber des Küchenblocks ist die Terrassentüre. Und da erschien plötzlich er. Unerwartet. Mit einem Lachen stand er auf einmal dort draußen und klopfte gegen das Glas. Ch., der Mann von M.

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf

Er rein und flugs auch schon wieder entschwunden in Richtung Vorraum. Und dann kam er wieder. Ohne Jacke und Schuhe, dafür immer noch in Anzughose und Hemd. Zugegeben, wir haben ihm nicht allzu viel Beachtung geschenkt, waren ja schließlich gerade mitten im Kaffeeklatsch. Das war vielleicht ein Fehler. Meine Aufmerksamkeit hat er aber recht rasch erregt, als er zielstrebig hinter dem Küchenblock verschwand. Kaffeetasse aus dem Kasten raus. Warme Milch in die Tasse, Milchschäumer rein und los ging´s. Ich gestehe liebe M. in diesem Moment habe ich dich beneidet. Was hat die Frau aber auch für ein Glück, ein Mann, der die Küche perfekt beherrscht.

Die Sache mit dem Apfel

Männer haben ja normalerweise eine etwas eigene Beziehung zu speziellen Teilen in der Küche. Das wage ich jetzt einfach einmal so zu behaupten. Das beste Beispiel habe ich ja selbst zu Hause. Ich habe da eine Obstschüssel. Eine wundschöne blaue Obstschüssel aus Glas. Ein Erbstück von meiner Oma. Sie steht gleich neben der Bar. Wunderschön sieht das aus. Die blaue Obstschüssel auf meiner schwarz-weißen Granitsteinplatte. Nein ich korrigiere. Es sieht wunderschön aus so lange ich alleine zu Hause bin. Doch dann kommt er und es ist jedes Mal das gleiche. Ehrlich ich suche noch immer nach einer Erklärung dafür. Immerhin muss das Ganze ja einen Sinn haben, zumindest vermute ich, dass ein Mann, der ja ein so Vernunft orientiertes Wesen ist (zumindest behaupten Männer das doch immer von sich), nichts ohne Grund macht. Oder kann mir irgendjemand sagen, wieso meine bessere Hälfte, laufend, immer, ständig, ununterbrochen das Obst neben die Obstschüssel legt. Anfangs dachte ich ja, die Äpfel und Orangen fallen von selbst runter. Ich habe ganz ehrlich schon an eine Verschwörung von Obstgeistern gegen mich gedacht. Bis ich mich auf die Lauer gelegt und den Übeltäter ertappt habe. Systematisch hat er das halbe Obst neben der Obstschüssel drapiert. Zugegeben ich hätte in dem Moment nach dem Grund fragen können, aber das war mir dann doch zu banal.

Der Moment und die Hose

Meine liebe Freundin M. scheint jedenfalls ein Sonderexemplar Mann ergattert zu haben, das habe ich zumindest zu diesem Zeitpunkt noch gedacht. Lässig stand er mitten in der Küche und hantierte mit dem Milchschäumer. Dass ich mich in dem Moment nur schwer auf unsere Frauengesprächsthemen konzentrieren konnte, versteht sich hoffentlich von selbst; ein Mann, der in die Küche geht und sich selbst einen Café Latte macht, obwohl seine Frau anwesend ist. Aber auch in solchen Momenten gehen Frauengespräche vor. Deshalb habe ich mich wieder meiner Freundin M. zugewandt und diesen einen entscheidenden Moment versäumt. Ein markerschütternder Aufschrei aus der Mitte des Küchenblocks. Seine Augen entsetzt nach unten gerichtet. Die Hand mit dem immer noch vibrierenden Milchschäumer weit von sich gestreckt. Stille. Bis auf dieses leise, leicht hämisch klingende Surren des Milchschäumers. Am sehenswertesten war allerdings die schwarze Hose. Nein eigentlich müsste es heißen die schwarze Hose, die mit kleinen weißen Milchschaumpünktchen übersät war. Das Hemd sah zugegeben nicht recht viel anders aus. Und ich gestehe, es war unmöglich, sich das Lachen zu verkneifen.

Dieser eine Satz

Ein einziger Satz meiner lieben M. zu ihrem Ch. hat mich übrigens vollkommen desillusioniert. Während sie ihm elegant den Milchschäumer aus der Hand nahm, kam mit einem breiten Grinsen: „Ich habe mich schon gewundert, dass du damit umgehen kannst.“ Liebe M. danke für diesen einen Satz, Männer sind und bleiben eben Männer ;)

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