Freundschaftliche Töne gegenüber dem jüdischen Staat aus Saudi-Arabien, Ägypten oder dem Irak? Doch, das gibt es. Ein arabisch-israelischer Soldat hat es im Zuge einer ungewöhnlichen Internet-Kampagne erfahren – anhand sehr persönlicher Zeugnisse.
Israel ist an allem schuld, die Wurzel allen Übels. So will es die staatliche Propaganda in den arabischen Ländern. Es ist eine Propaganda, die allzu viele nachbeten – doch es gibt sie, die Ausnahmen. Und manchmal werden sie sogar öffentlich. Von einer in dieser Hinsicht besonders bemerkenswerten Geschichte berichtet der israelische Radiosender Arutz Shevaauf seiner Website. Ein arabischer Israeli, der als Soldat seinen Dienst bei der israelischen Armee (Zahal) versieht, hatte sich über eine Kampagne arabischer Parteien geärgert. In dieser Kampagne mit dem Titel »Die Zahal ist es nicht wert« werden arabische Israelis dazu aufgerufen, sich nicht den israelischen Streitkräften anzuschließen. Er habe entsprechende Schilder in arabischen Dörfern gesehen und die dazugehörige Facebook-Seite verfolgt, sagte der Soldat, der aus Sicherheitsgründen nur als »M.« firmiert, dem amerikanischen Webportal Al-Monitor.
Auf dem zentralen Platz von Shfaram, einer arabischen Stadt im Norden Israels, seien Aktivisten »mit Bauschutt aufgetaucht, der angeblich aus Gaza stammt«, wie M. berichtet. »Ihre Botschaft war: ›Schaut mal, was die Armee, die euch anwirbt, gerade im Gazastreifen treibt‹.« Manche Aktivisten hätten sogar ihre Gesichter rot angemalt, als wären sie schwer verletzt, und eindringlich versucht, ihren Aufruf an junge Beduinen, Drusen, Christen und Muslimen loszuwerden. »Ich habe mich dann entschlossen, ihnen auf Facebook zu antworten, und dazu eine Gegenkampagne mit dem Titel ›Die Zahal ist es wert‹ gestartet«, so M. weiter. Daraufhin erhielt er zahlreiche sehr persönliche Fotos, Videos und Texte von jungen Menschen aus dem gesamten arabischen Raum. »Da fiel mir die Kinnlade herunter«, beschreibt er seine Reaktion.
So schickte ihm beispielsweise ein Mann aus Bagdad ein selbstgedrehtes Video, in dem er erklärte: »Ich werde immer an der Seite Israels sein, an der Seite seiner Bevölkerung und seiner Armee, und ich werde alles dafür tun, um meinen Bekannten das wirkliche Israel zu zeigen.« Auf M.s Frage, woher seine Unterstützung für den jüdischen Staat komme, antwortete der Mann: »Es wird dich überraschen, aber hier denken viele junge Menschen so wie ich. Mit nichts von dem, was uns im Irak passiert – die Morde, der Terrorismus, die schlimmen Blutbäder – hat Israel irgendetwas zu tun. Es gibt viele junge Irakis, die keiner Religion angehören. Sie haben die Nase voll von den religiösen Kriegen zwischen Sunniten und Schiiten und wünschen sich ein Leben ohne Religion.«
Einen weiteren Videoclip erhielt M. von einer Frau aus Saudi-Arabien, die darin sagt: »Ich möchte eine Botschaft des Friedens und der Liebe an Israel und seine Bürger schicken. Ich weiß, es ist überraschend, dass eine solche Botschaft von einer saudi-arabischen Bürgerin kommt, aber es ist ein Grundprinzip der Demokratie, dass jeder frei ist, seine Meinung zu sagen. Ich hoffe, dass die Araber so vernünftig sind wie ich und anerkennen, dass auch Israel Rechte am Heiligen Land hat.« M. bekam zudem Dutzende von Fotos, darunter auch das eines ägyptischen Polizisten, der neben seine Polizeimütze den Satz »Wir lieben, lieben, lieben Israel und seine Armee« geschrieben hatte. Viele dieser Zusendungen hat M., soweit sie für die Öffentlichkeit bestimmt waren, auf Facebook publiziert.
Sein Projekt sei nicht zuletzt von einer koptischen Christin inspiriert worden, die wegen der Verfolgung dieser Minderheit durch die muslimische Mehrheit aus Ägypten geflohen sei, erzählt M. »Ich habe schnell herausgefunden, dass sie auch Hebräisch spricht«, sagt er, »wie so viele junge Menschen, die diese Sprache an der Universität in Kairo studiert haben«. Deshalb habe er sie gefragt, ob sie ihre israelfreundliche Botschaft nicht verbreiten möchte, damit die Menschen in anderen Ländern sehen, dass es auch andere Stimmen im Nahen Osten gibt als antiisraelische. Die Frau habe ihm dann neben einem Statement auch ein Foto von ihrem Pass geschickt, so M., »und kurz darauf bekam ich weitere Bilder mit Reisepässen aus der ganzen arabischen Welt«. Diese Zusendungen seien beeindruckend – und, wie M. vermutet und hofft, »nur die Spitze des Eisbergs«.
Tatsächlich scheint sich bei nicht wenigen jungen Araberinnen und Arabern das Bild, das sie von Israel haben, langsam zu verändern. Das legt zumindest eine Umfrage nahe, die kürzlich unter 3.500 arabischen Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 24 Jahren in 16 arabischen Ländern durchgeführt wurde. Demnach geht die Zahl derjenigen, die den jüdischen Staat wie gewohnt für alles Elend auf der Welt – und vor allem im Nahen Osten – verantwortlich machen, deutlich zurück. Die Befragten in diesen Ländern beschäftigen inzwischen ganz andere Probleme, die mit Israel definitiv nichts zu tun haben, vor allem der Vormarsch des »Islamischen Staates«, der Terrorismus und die Arbeitslosigkeit. Ob das nur eine Momentaufnahme ist oder tatsächlich ein substanzieller Meinungsumschwung, bleibt abzuwarten.