@Comandantina Dusilova (Andrea Maria Dusl) hat gebloggt: "Eintreten statt austreten" - besser kann man es im Sinne der Sozialdemokratie eigentlich gar nicht sagen: Auszutreten sei Verrat an der Idee. Veränderungen können nur von innen kommen - sanft, mittelsanft und zur Not (und die liege vor) auch unsanft im Ton, schreibt sie sinngemäß.
Aus systemischer Sicht ist dem vielleicht hinzuzufügen, dass Systeme operativ geschlossen sind und selbstreferentiell agieren. Diese Selbstbezüglichkeit ist systembildend, stabilisierend und ermöglicht Identität.
In der Regel sind deshalb Irritationen von außen notwendig, um Systemen die Möglichkeit zur Veränderung zu eröffnen. Nun lässt sich die SPÖ von zB massiven Stimmenverlusten offensichtlich nichtwirklich irritieren. Das System agiert weiterhin selbstreferentiell: Außenreize wie kritische Medienstimmen, Mandatsverluste, Parteiaustritte, Mitgliederschwund, etc. sind in den internen Prozesen längst abgebildet und struktureller Teil des Systems geworden - also nicht (mehr) dazu geeignet, Raum für Veränderungen zu schaffen. Es sind Unterschiede, die - wie Bateson sagt - keinen Unterschied mehr machen. Mir fällt dazu die Parabel vom gekochten Frosch ein ...
@Comandantina bringt es brilliant auf den Punkt: "Es müssten, um ein Zeichen zu setzen, jetzt, ja jetzt, möglichst viele kritische Stimmen in die SPÖ eintreten".
An dieser Stelle entfaltet sich das Paradoxon: Der Austritt kritischer Stimmen bleibt vom System "unbemerkt" (man könnte sogar mutmaßen: ist willkommen weil stabilisierend) - der Eintritt möglichst vieler kritischer Stimmen könnte, als paradoxe Intervention, das System vielleicht ausreichend verstören.
Vielleicht.
Ich bin sicher, dass es genügend kritische sozialdemokratische Stimmen gibt - innerhalb und außerhalb der SPÖ. Offen bleibt die Frage, ob es ausreichend kritische Stimmen gibt die auch bereit sind, sich innerhalb der Sozialdemokratie zu erheben.