Wenn heute ein Fünftel der Wahlberechtigten Deutschlands wählt, entscheiden sie nicht nur unmittelbar über die Politik Angela Merkels, sondern auch über die Zukunft der EU. Eines steht bereits jetzt fest: Heute Abend wird die deutsche Zukunftsvision einer Europäischen Union eine andere sein (müssen) – wie dramatisch die Kehrtwende vollzogen werden wird und wie drastisch sie ausfällt, hängt allein vom Ausmaß der Gewinne und dem Einfluss der AfD in den drei nun zu wählenden Landtagen ab. Heute Abend wird Deutschland ein anderes sein. Und heute Abend werden wir auch wissen, wie sauer die Deutschen auf Merkel und ihr "Wir schaffen das" wirklich sind.

Die Konsequenzen, die Merkel ziehen wird müssen, haben Österreichs Bundeskanzler Faymann, Kurz & Co. unter Berufung auf das „Volksempfinden“ bereits in vorhereilendem Gehorsam gezogen: In ihrer panischen Angst vor FP-Chef H.C. Strache ist die österreichische Regierung scharf rechts abgebogen, in der Hoffnung, die Stimmen aus dem Lager der Gegner einer liberalen Asylpolitik nicht gänzlich der FPÖ zu überlassen.

(Einzig ist Faymann zugute zu halten, dass er sich in grenzenloser Naivität an die Solidarität unter den Mitgliedsstaaten ohne Wenn und Aber verlassen hat – und mit Merkel alleine auf weiter Flur stand.)

Ob heute Abend Angela Merkel nur eine kräftige Ohrfeige auf die rechte Backe kassiert oder einen Springerstiefeltritt in den Allerwertesten, wird direkt über das kurz- und mittelfristige Schicksal der EU entscheiden. Im Großen hörte die Union in den vergangenen Monaten ohnehin nur noch auf das Kommando Berlins – manche sprechen von der Erpressung der Mitgliedsstaaten durch Merkel, der zuletzt allerdings sogar Frankreichs Hollande die Gefolgschaft verweigerte.

Wird sich die Europäische Union in ihrer Gesamtheit zu einer Festung Europa ausbauen, die dann Brotkrumen über ihre Stacheldrahtzäune wirft – oder Tränengas und Bleikugeln? Wird aus der einst als humanistisch (und nicht bloß monetär) erdachten Wertegemeinschaft ein Zweckbündnis zur Abwehr außenstehender Gegner und der Vermehrung des Kapitals? Die EU als mittelalterliche Burg, deren Herren und Bewohner in den Schweinsbraten beißen, während draußen, vor den Mauern, das Volk verreckt?

Oder sehen die Regierenden der Wahrheit ins Auge und erkennen, dass die EU niemals eine solidarische Werteunion gewesen ist – denn bereits jetzt, bei der ersten Bewährungsprobe und Richtungsentscheidung, ob Humanismus oder das Kapital siegt, standen nur wenige auf Seiten der Moral. Und diese haben – wie Faymann –längst den Retourgang eingelegt. Mit einem Wort: Die EU ist in ihrer derzeitigen Form obsolet!

Heute werden 20% der Bevölkerung Deutschlands über das Schicksal Europas entscheiden: Ein Schrecken ohne Ende? Oder ein rasches Ende mit viel Schrecken? Die Richtung gibt vermutlich die kleine AfD vor, die mehr als bisher die Altparteien vor sich hertreiben wird…

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