Es ist das höchste Bauernopfer, das die SP bringen konnte, um Norbert Hofers Einzug in die Hofburg vielleicht doch zu verhindern. Denn damit ist, so analysierte Hans Bürger gerade in der ZiB Faymanns Rücktritt, dem FP-Präsidentschaftskandidaten seine wichtigste Zielscheibe abhandengekommen. Und sollte Hofer die Wahl in zwei Wochen gewinnen, wäre der Hauptgrund für eine, von ihm immer wieder beschworene Abberufung der Regierung vom Tisch.
Freilich, das ist nur eine Hypothese zu Faymanns Abgang, der sich so, in eventu, einen nicht ganz so unrühmlichen Platz in der Geschichte sichern könnte, als wenn er bis zum bitteren Ende, 2018, regiert hätte. Aber es wird Faymann wohl auch persönlich gereicht haben: Nicht nur seit dem Beginn der Flüchtlingskrise vor bald einem Jahr ist er die Projektionsfläche für alles, was in Österreich (und der Welt) schief läuft. Da wird Sesselkleben irgendwann blöd.
Was nun, da Werner Faymanns Rücktritt noch keine Stunde alt ist und noch kein Nachfolger präsentiert wurde. Wird es ÖBB-Kern, der Krisenkompetenz bewiesen hat oder Gerhard Zeiler, älterer Bruder meines Turnprofessors, der wie kein anderer auf der Medienklaviatur spielt, bestens vernetzt ist und die Mächtigen wie die Dichands, die Fellners oder Hans Mahr ganz genau kennt und beste Kontakte pflegt? Ein geringeres Kaliber als jene beiden wird kaum ausreichen, das Land, die Regierung und die Partei aus der größten Schieflagen der vergangenen Jahrzehnte zu befreien.
Hans Bürger ortet in seiner Analyse kein Erdbeben auf Regierungsebene. Er erwartet, dass es mit einem bald gefundenen Faymann-Nachfolger mit Rot-Schwarz weitergeht. Das bezweifle ich.
Ein Omen könnte sein, dass Vizekanzler Mitterlehner gestern, am 8. Mai, zu einer Holocaust- und Kriegsende-Gedenkveranstaltung mit einer blitzblauen Krawatte erschienen ist, während Faymann dunkelrot um den Hals trug. Sollte der ÖVP-Chef die Gunst der Stunden nutzen und mit fliegenden Fahnen zur FPÖ überlaufen und HC zum Kanzler küren? Oder gäbe sich Strache mit dem Posten des Vizes vorerst zufrieden, um die ÖVP bis zur Nationalratswahl 2018 zu Tode zu Umarmen?
Vor den Toren der Löwelstraße wurde angesichts der sich anbahnenden Richtungsdiskussion in der SPÖ, ob man nicht doch mit einer Strache-FPÖ koalieren solle oder nicht, bereits davon gesprochen, dass es „die Partei zerreißen könne“. Denn der Faymann-Nachfolger ist in keiner Weise an die gebetsartige Formel „nicht mit Strache“ gebunden und, wenn überhaupt, ist es einem roten Kanzler zuzutrauen, blaue Extremvorstellungen und EU-Austrittsfantasien abzuwehren und einen FP-Vize in Zaum zu halten. Freilich – schwächelt der Neue wie Faymann in der großen Koalition, ist Rot-Blau das Nonstop-Ticket der SPÖ in die Bedeutungslosigkeit.
Hat Hans Bürger Recht und alles bleibt kurzfristig wie es ist, nur eben mit neuen Gesichtern – es scheint unvorstellbar, dass dann ideologische Barrieren in der Regierung durchbrochen und endlich Lösungen für die zahllosen Probleme des Landes gefunden werden. Dann ginge das Blame-Game zwischen Rot und Schwarz weiter. Wer dann zuletzt lachen wird, wissen wird.
Doch egal, wer als KapitänIn das rote Schlachtschiff übernimmt (Interimschef Häupl wird’s wohl kaum) – in nur zwölf Tagen ist bereits sein erster Schicksalstag…
Youtube Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=FVHcaYQ7FZ8