Hat der politische Mainstream der Wähler, der immer weiter nach den rechten Populisten schielte, gelernt, dass der Weg, den Trump und Brexit vorgeben, in die Katastrophe führt? Oder haben es die links-mittigen Regierenden endlich geschnallt, dass das Motto „die eigene Bevölkerung zuerst“ eigentlich selbstverständlich – und nicht faschistoid – zu verstehen ist? Die politische Mitte hat der Rechten die Themen geklaut – und das ist gut so!
Die Ein-Mann-Partei Geert Wilders hat kräftig eine auf’s Maul bekommen – auch wenn er, in bester Strache-Manier – jegliche Niederlage leugnen wird. Seine Tage der politischen Relevanz sind, wenn die etablierten EU-Regierungen den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen, gezählt. Angesichts der anstehenden Machtübernahme der Populisten haben Wilders' Konkurrenten wie Premier Rutte gelernt, dass es längst an der Zeit ist, Realpolitik zu betreiben, vor allem bei der Migrations- und Integrationsthematik. Es gibt keine rechten oder linken Ideen – nur gute und schlechte.
Mutti Merkel und ihre Mitstreiter haben es ja auch geschnallt, dass das Volk kein Verständnis dafür hat, dass bestehende Gesetze nicht vollzogen werden. Etwa die konsequente Abschiebung von Menschen, die sich illegal im Land aufhalten; oder von verurteilten Straftätern. Und es hat nichts mit einer Nazi-Ideologie zu tun, wenn man von Zuwanderern erwartet, sich an hiesige Gesetze zu halten oder fremden Despoten in spe nicht zuzujubeln. Wer sich Erdogan als Präsident wünscht, soll seinen Wohnsitz auch in der Türkei haben.
In Österreich hat es Polit-Star Sebastian Kurz kapiert. Schluss mit Scheinverhandlungen zum EU-Beitritt einer ins politische Mittelalter abdriftenden Türkei. Schluss mit den Erpressungen durch Erdogan – vielleicht entwickelt sich hier ein neues EU-Selbstbewusstsein? Weshalb nicht auch Straches Vorschlag aufgreifen, am türkischen Wahltag die Menschen vor den Konsulaten zu kontrollieren, um Doppelstaatsbürgerschaften aufzudecken? Kann man Strache eine Vorwurf machen, wenn er verlangt, geltendes Recht zu vollziehen? Wer heimlich eine andere (türkische) Staatsbürgerschaft annimmt, verwirkt die österreichische. So what? Weshalb die Aufregung?
Vielleicht schaltet Österreich Kanzler Kern noch einen Gang höher. Es gäbe genügend Baustellen, vom Kindergeld für Kinder, die nicht in Österreich leben, bis hin zum Schutz vor Lohndumping aus den östlichen Nachbarstaaten. Vielleicht wacht auch Mutti Merkel endlich auf und bemüht sich um das, was die Deutschen wollen: Keine "Einzelfälle" mehr. Die Wahrheit.
Klar, das abschreckende Beispiel Donald Trumps, der nach den Prinzipien der Chaostheorie und in selbst gestrickten Realitäten handelt, gab wohl vielen holländischen Wählern zu denken. Wollen sie wirklich einen kleinen Donald am Ruder? Ähnliches werden sich auch die französischen und deutschen Wähler denken (müssen). Will man den weiblichen Trump Le Pen?
Wie einfach scheint es jetzt, dass die Regierenden doch noch die Kurve kriegen, und Europa Trump’sche Experimente erspart bleiben. Denn sie führen geradesegs ins Chaos, zu Unruhen und Konflikten. Europa muss endlich sein Schicksal selbst in die Hand nehmen – von der effizienten Grenzsicherung über eine eigenständige Armee, von einem Sozial-Plan, der den Osten wirtschaftlich fördert und den Westen schützt bis hin zu einer längst überfälligen, wenn auch brutalen, Rückkehr zu einer realen Währungspolitik.
Wird das Merkel schaffen? Wird sie die entsprechenden Maßnahmen setzen können, um einen weiteren Rechtsruck zu verhindern? Mark Rutte, der politische Gegner von Wilders, hat es jedenfalls geschafft. Und das ist gut so! Aber Merkel? Ob sie begreift, was die Deutschen jetzt brauchen?
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