Vermutlich ging es den meisten Europäern so. Nur sprachlos kann man dem chaotischen Treiben der Politiker der handelnden EU-Länder zusehen, die wie aufgescheuchte Hendln chaotisch mal hierhin, mal dorthin gackern und rennen. In den vergangenen Tagen, in den vergangenen Wochen und Monaten.
Zuerst bricht man unter politischem Druck Deutschlands jedes EU-Budgetgesetz und ruft die Schuldenunion mit Griechenland aus. Freilich, der Bevölkerung hätte man helfen müssen, doch wir wissen alle längst, wo die mehr als 86 Milliarden Euro – und damit ein Gutteil unseres Steuergeldes – gelandet sind: In den leeren Kassen von Banken. Und sie sind in die Waffenfabriken Germaniens geflossen, damit sich Griechenland noch mehr Panzer & Co. leisten kann. Den Menschen geht’s nach wie vor schlecht. Doch darüber berichtet niemand mehr, denn längst scheint in Europa nichts anderes mehr los und wichtig zu sein, als die Problematik mit dem Umgang von Asylsuchenden.
Ach ja. Da hat Deutschland nun wieder die Themenführerschaft übernommen. Und, wie beim Thema Griechenland, den Rest Europas vor vollendete Tatsachen gestellt und die Spielregeln fixiert.
Und ja, die Spielregeln werden beinahe täglich geändert. Bis vor kurzem war „Mama Merkel“ noch eine Beinahe-Heilige und für viele in den Kriegsgebieten des Nahen Ostens der Lichtstreif am Horizont. Doch schon morgen könnte sie der Teufel sein: Da haben sich viele aufgemacht, weil ihnen vorgegaukelt wurde, im gelobten Deutschland sei für alle Platz. Dem ist nun nicht so. Wer gerade in einem Schlauchboot die Überfahrt nach Griechenland überlebt hat, der darf vielleicht schon morgen wieder zurückrudern. Das Boot ist voll. Kennen wir den Sager nicht?
Grenzen dicht, in Ungarn und mehr oder weniger auch in Deutschland. Es wird wohl auch Österreich nichts anderes übrig bleiben, diesem Vorbild über eher kurz als lang zu folgen. Gefragt werden wir dabei nicht, wir werden getrieben. Wenn der ungarische Orban, wie zu befürchten ist, alle bei ihm unerwünschten Asylsuchenden in Richtung Burgenland ziehen lässt, wird es unsere humanitäre Pflicht sein, sie aufzunehmen. Das sollte eine Selbstverständlichkeit bleiben!
Doch ich höre sie jetzt schon, die Rufe, rechtzeitig vor der Wien-Wahl: Das Boot ist voll! Zu hoffen bleibt, dass sie ungehört verhallen. Zu befürchten ist, dass sie zu viele hören werden. Obwohl in den vergangenen Tagen unsere Regierung aus ihrem Sommerschlaf erwacht ist und endlich im Sinne der Menschlichkeit regiert hat, werden die üblichen Gummiknieträger wieder den Wendehals bekommen, und ganz rasch auch unsere Grenzen dicht machen. Zu sehr fürchtet man sich vor dem blauen Schreckgespenst, UN-Konvention hin oder her.
Auch traue ich den aktuellen friedlichen Signalen aus der Ukraine nicht. Es reicht ein kleines Fünkchen von Vladimir Putin und auch aus dieser Ecke würden sich Hunderttausende Menschen gen Westen aufmachen, auf der Flucht vor Bürgerkrieg und einer aussichtlosen wirtschaftlichen Zukunft. Was dann? Gute Nacht, Europa. Die Geschichte scheint einen ziemlich genau hundert Jahre dauernden Zyklus zu beenden. Der Kreis schließt sich.
Schade. Es hätte alles so schön sein können…