Man hat es beinahe gehört: Den Pumperer, als knapp 54% der Österreicher ein ganzer Großglockner vom Herzen gefallen ist. Das Nazi-Gespenst, die Furcht vor der „Blauen Republik“, der Trump-Effekt – diese Ängste werden wohl am Ende Van der Bellens Wahlsieg ermöglicht haben.

In den vergangenen Tagen war ich mir ziemlich sicher, dass Norbert Hofer das Rennen machen wird. Das war nur ein Bauchgefühl. Ein starkes, das mich nicht glücklich machte. CNN stellte Hofer in das extrem rechte Eck, sprach von einem Schicksalstag für Europa, der weiteren Triumphzügen der Rechtspopulisten die Tore öffnen könnte. Die Medien verspritzten Bauchweh wie vor der Wahl Trumps. Fürs Image ist Van der Bellen auf jeden Fall besser.

Glück gehabt.

Wirklich? Denn eine politische Richtungsentscheidung ist das nicht, denn derzeit besteht kaum Hoffnung, dass der nächste Bundeskanzler nicht HC Strache heißen wird. Der Rechtsruck scheint unaufhaltsam, daran wird auch ein Alexander van der Bellen nichts ändern. Das knappe Wahlergebnis zeigt ganz deutlich: Wenn jetzt keine Antworten auf die vielen Probleme im Land gefunden werden (Arbeitslosigkeit, Flüchtlinge, Bildung etc), ist eine FP-Regierung nicht zu verhindern.

Gewiss, van der Bellen ist der bessere Bundespräsident. Das steht außer Frage. Er ist politisch intelligenter, wenn auch oft tapsig – aber gerade das macht den schrulligen Professor so sympathisch. Das sollte ihm bei der Amtsausübung helfen. Eine Amtsführung, die vermutlich nichts Revolutionäres bringen wird.

Das größte Glück ist, dass ein HBP Sascha den blauen Expresszug zumindest ein Wenig verlangsamt, sobald Strache Kanzler ist. Vorbereitet ist das ja schon, denn der neue „wir wollen nicht aus der EU austreten“-Kurs der FPÖ gibt Van der Bellen keinen wahlversprochenen Grund, eine blau geführte Bundesregierung nicht anzugeloben.

Im Jubel darf eines jetzt nicht untergehen: Das heutige Ergebnis ist wieder eine deftige Watschen für die etablierten Großparteien. Ausschließlich durch den Schulterschluss aller anderen politischer Lager gegen den FPÖ-Kandidaten konnte das denkwürdige Ergebnis erreicht werden. Glück gehabt, denn nun könnte Kerns Koalition vielleicht doch bis zum geplanten Ende halten. Ob diese jedoch jetzt endlich in den Expressarbeitsmodus schaltet, ist mehr als fraglich.

Österreich und der Rest der Welt können durchschnaufen, der Populismus-Tsunami ist zumindest bis zu den nächsten großen Wahlen im kommenden Jahr, in Deutschland und Holland, auf Eis gelegt. Und die mehr als 45% jener Österreicher die Hofer gewählt haben können nun beobachten, ob die FPÖ-Granden ab morgen wieder in ihre extremen Vorwahldiktionen verfallen. Oder ob Strache & Co. weiterhin in eine staatstragende Richtung driften.

Es bleibt alles beim Alten – Glück gehabt?

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