Drei Menschen sind tot, zehn schwer verletzt. Dieses Mal liegen die Körper nicht durchlöchert in einer Kirche in den USA, sondern mitten unter uns. Totgefahren in Graz. War vorgestern in North Carolina Rassenhass das Motiv, so ereignete sich heute „nur“ eine schreckliche Katastrophe, die jeden von uns hätte treffen können. Allein die Paranoia, die Internet-News und Foren sofort ergriffen hat, macht mir mehr Angst als die unfassbare Tat selbst.

Der Amok-Fahrer wurde innerhalb kürzester Zeit als augenscheinlich nicht „hiesiger“ Täter (also ein vermutlich „böser, böser Ausländer“) dargestellt, über Motive wie „Terror“, „Fanatismus“, „Hate-Crime“ wurde spekuliert. Im ersten Moment war von einem Bosnier als Todeslenker die Rede und als Erstgedanke stand ein möglicher Terror-Akt im Raum. Trägt die Ausländer-, Islam- und Asylanten-Hetze schon so reiche Früchte, dass sie einen Teil der Bevölkerung in (sinnlose) Panik zu versetzen scheint? Und die bei Journalisten Terror- und Islamisten-Paranoia hervorrufen?

Dass es sich beim Amok-Fahrer in Graz um einen Österreicher mit einer Psychose gehandelt hat, macht jedoch die gesamte Tragik augenscheinlich: Denn jeder hätte Opfer sein können. Jeder von uns kann psychisch erkranken und selbst zum Täter werden.

Es ist dieser Gedanke der Unvermeidbarkeit, die mich als Vater einer zehnjährigen Tochter, angesichts derartiger Katastrophen beschäftigt. Ich kann nicht verhindern, dass sie einmal im „falschen“ Flugzeug sitzt, das von einem suizidalen Piloten gesteuert wird. Nein, ich kann nicht verhindern, dass sie eines Tages in einer Zeitungsredaktion arbeitet, deren Meinung anderen nicht passt und sie deshalb über den Haufen geschossen wird. Und ich hätte auch nichts verhindern können, wären wir gemeinsam heute Mittag durch die Herrengasse in Graz spaziert…