Der „echte“ Django sitzt längt leise weinend und beschämt in einem Eck, wenn er den Abschiedsworten von nun endlich Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gelauscht hat. Sie waren so wie der Rest seiner Amtszeit: Selbstbemitleidendes Wischiwaschi, keine starken Worte, keine Abrechnung. Damit lieferte er nicht nur einen aktuellen Zustandsbericht der ÖVP, sondern auch der Bundesregierung. Inklusive dem modern gewordenen ORF- und Armin Wolf-Bashing.

Die klassisch mordende Witwe in spe verabreicht Gift in kleinen Dosen. Dieses Gift führt mittelfristig trotzdem garantiert zum Tod des Gatten. Im Großen und Ganzen führt sich die ÖVP auf wie ein altes, verhärmtes, bösartiges Weib, es hat jeder sein Hackel in der Hand, um es bei der nächsten Gelegenheit in den Rücken des Parteikollegen zu rammen.

Diesen Eindruck hat man jedoch nicht nur von der ÖVP, sondern auch von der SPÖ und der gesamten Bundesregierung (mit wenigen Ausnahmen). Es stehen persönliche und Partei-Befindlichkeiten im Vordergrund, die jeden Fortschritt nur zu einer Fußnote machen. Das reicht den Wählern schon lange.

Wie meinte Mitterlehner in seinen Abschiedsworten: Die Trennung von Regierungsarbeit und Partei könnte eine gute Anregung für die Zukunft sein. Das wäre wünschenswert, denn wie viel Zeit der Politiker geht für Hickhack drauf und fehlt dann bei der Arbeit an Reformen?

Sebastian Kurz als Boss der Bosse in der Volkspartei wäre einen letzten Versuch wert. Das letzte Aufgebot quasi. Doch während Kanzler Kern ihm namentlich bereits eine Reformpartnerschaft anbietet und ihn damit schon zum Vizekanzler ausruft, ziert sich der 30jährige Shooting Star noch. Bevor er den Obmannthron erklimmt, möchte er zum neuen starken Mann gemacht werden. Mit Durchgriffsrechten in der Partei, die alte Strukturen wie Bünde und Kammern an die Leine legen. Das ist die einzige Chance, die der Jungspund hat, um nicht ebenfalls in wenigen Jahren aufgerieben zu werden.

Kurz als Vize ist – sollte er das überhaupt wollen und nicht zielgerichtet rasche Neuwahlen anstreben – vermutlich auch die letzte Chance dieser Regierung, in eventu 2018 eine weitere Chance zu bekommen und nicht den Populisten kampflos das Feld zu überlassen. Kanzler Kern hat es zumindest ein wenig geschafft, den Fokus auf Sacharbeit statt auf das Wadelbeissen zu legen. Im Duo, wenn es nicht wieder in alte Verhaltensmuster verfällt, könnte der Kern-Kurz-Klub zum Kraft-Klub werden. Die österreichische Politik hat längst eine moderne Fischzellenkur nötig und verdient.

Vielleicht markiert der Abgang Mittlerlehners – davor jener von Pröll und der bevorstehende von Häupl – das endgültige Aussterben der Lagerdenker. Sowohl Kurz als auch Kern haben bereits bewiesen, dass sie Ideen aus dem gegnerischen Lager nicht per se verteufeln, sondern zur Zusammenarbeit über Ideologiegrenzen hinweg fähig sind. Einen Versuch wäre es allemal wert, denn die Alternative liegt auf dem Tisch: die Regierungsbeteiligung der FPÖ.

Sebastian Kurz kann seiner Partei allerdings auch den Todesstoß versetzen. Sollte er nicht all jene Befugnisse erhalten die auf seiner Wunschliste stehen, wünsche ich ihm Rückgrat, damit er nicht der Versuchung nach höheren Ämtern erliegt. Dann – wie es in der ZiB gerüchtete, stünde Innenminister Wolfgang Sobotka als nächster ÖVP-Chef zur Verfügung. Doch dann: Gute Nacht, ÖVP, Gute Nacht Koalition, Hallo Neuwahlen & blau-schwarz... oder – rot.

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