Weltklimavertrag – nur weiche Zukunft oder starke Weiche für die Zukunft?

„Habemus Tractatus!“ – haben die Tausenden Delegierten der letzten UN-Klimakonferenz (COP 21) ausgerufen, als sich viele mit Tränen in den Augen nach zwei Wochen zähen und auszehrenden, nächtelangen Verhandlungen gegenseitig in die Arme fielen. Mehr als 20 Jahre und 21 Klimagipfel brauchte es, bis sich die fast 200 Staaten der Welt auf einen globalen Klimaschutzvertrag geeinigt haben. Dieser erste Weltklimaschutzvertrag soll die Erderwärmung auf deutlich unter zwei - ja wo möglich sogar auf maximal 1,5 Grad Celsius begrenzen. Nur so können die schlimmsten Auswirkungen des selbst verschuldeten Klimawandels auf Milliarden Menschen und die Biodiversität unseres Planeten vermindert werden. 2020 soll dieser Vertrag in Kraft treten, wenn mehr als 55 Länder deren gemeinsamer Treibhausgasausstoß mehr als 55 Prozent des CO2-Weltausstoßes betragen, den Vertrag ratifizieren.

In der Tat ist der Vertrag ein Durchbruch von historischer Bedeutung und der 12. Dezember 2015 wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der Anfang vom Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet wurde. Wohlgemerkt „eingeläutet“, noch nicht „erfolgreich umgesetzt“. Ab 2020 sollen jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stehen um den ärmsten Ländern gegen die Folgen des Klimawandels zu helfen. Die Selbstverpflichtungen der Staaten sollen alle fünf Jahre überprüft und verschärft werden. Das Ergebnis von Paris bedeutet vor allem eine neue Prozesskultur von noch nie dagewesener globaler Reichweite. Und damit könnte diese neue globale Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen im Rahmen einer neuen Weltordnung etabliert werden. Dem derzeit geltenden Völkerrecht mangelt es ja leider an einem internationalen Durchsetzungsmechanismus mit Sanktionen, die über die jeweiligen internationalen Verträge hinausgehen. Will ein Staat im Nachhinein seinen Verpflichtungen trotz Ratifizierung nicht nachkommen, kann er nicht dazu gezwungen werden. Das verhindert das derzeit geltende Souveränitätsprinzip, durch das von der Völkergemeinschaft anerkannte Staaten fast unantastbar sind. Und das gilt auch, wenn ein Staat durch sein Verhalten andere Staaten gefährdet oder damit sogar globale Auswirkungen verursacht, wie z.B. die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes oder die Verbrennung von Millionen Tonnen Kohle in China. Russland ging im Dezember 2015 sogar so weit, dass es per Gesetz Entscheidungen von internationalen Höchstgerichten außer Kraft setzen will.

Mit den derzeit auf dem Tisch liegenden Verpflichtungen der Staaten steuern wir auf eine Welt zu, in der die durchschnittliche Temperatur auf knapp drei Grad steigen wird. Vor Paris lagen die Prognosen bei 5 bis 8 Grad Celsius. Es hängt ab jetzt also von den einzelnen Staaten ab, wie gut sie ihre Klimaschutz-Versprechen erfüllen werden. Und das hängt wiederum von den politischen Verhältnissen in den Staaten ab. Sollte etwa in den USA auf einen klimaschutzfreundlichen Obama ein Büttel der Öl-Lobby wie Donald Trump folgen, könnte der mühsam errungene Klimavertrag scheitern noch bevor er ratifiziert wurde. Dennoch ist der Wille der Weltgemeinschaft schon jetzt ein Signal für die großen Geldflüsse in der Energie-Welt. Bereits drei Tage nach der Pariser Klimakonferenz stiegen etwa die Aktien der Solar-Unternehmen massiv.

Für Österreich bedeutet der Vertrag nicht nur Hoffnung für unsere Wälder, unsere Artenvielfalt, die Gletscher sowie unsere Energie- und Trinkwasserversorgung sondern auch, dass eine Reihe von Reformen durchgeführt werden müssen. Wir müssen uns bis 2050 völlig von fossilen Energien wie Kohle, Erdöl und Erdgas verabschieden, unsere Energieverschwendung stoppen und unsere Treibhausgasemissionen radikal verringern. Dazu braucht es einen nationalen Energiewendeplan, der konkrete Ziele bis 2030 und 2050 beinhaltet, wie sie der WWF in seiner Klimakampagne 2015 bereits präsentiert hat. Österreich kann aus der derzeitigen Wirtschaftskrise herauskommen und zu einem grünen Silicon-Valley-Alpenland werden. Bundesminister Mitterlehner hat die nächste Steuerreform bereits als eine ökologische Steuerreform angekündigt. Damit muss aber auch ein Totalumbau unserer Energiewirtschaft einhergehen. Kontraproduktive Subventionen müssen ebenso aufhören wie die zu geringe und unterschiedliche Besteuerung von Diesel und Benzin. Die Weichen für Wasserstofftechnik und Elektromobilität müssen schon heute gestellt werden. Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Windkraft muss zum Standard werden. Immer noch gibt es riesige ungenutzte Dachflächen dafür. Auch die Finanzwelt muss sich auf die geänderten Zielsetzungen einstellen. Neben dem weltweiten Umleiten von Geldflüssen von fossilen zu erneuerbaren Energien müssen alle Fördersysteme überprüft und die Finanzierung von Energiesparmaßnahmen und erneuerbaren Energien erleichtert werden.

Es braucht hier klare Regulative, denn Marktmechanismen allein werden nicht funktionieren. Das zeigt der völlig versagende Emissionshandel deutlich. Der Weltklimavertrag weist uns die Richtung, aber gehen müssen wir diesen Weg selbst. Und dazu brauchen wir schon 2016 einen umfassenden nationalen Energiewendevertrag mit einer raschen Umsetzung.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 21.12.2015 21:40:04

dohle

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