Eat the rich: Ab wann gelten Sie als reich?

Vermögende und Super-Reiche sollen mehr (Geld) zur Finanzierung des Sozialstaates beitragen. Gebetsmühlenartig wird diese Forderung immer wieder vorgebracht. Aber wann gilt man als reich? Was zählt alles zum persönlichen Vermögen? Und was passiert eigentlich mit den schon vorhandenen Steuereinnahmen auf Vermögenseinkünfte?

Wirklich Vermögende und Super-Reiche werden wahrscheinlich keinen wesentlich höheren Beitrag zum Sozialsystem leisten. Denn sie und ihr Vermögen sind nicht greifbar. Ihnen stehen nach wie vor viele Möglichkeiten zum Verschieben von Vermögenswerten und zum Steueroptimieren offen. Denken wir nur an die Panama Papers und die – legalen – Steuerschlupflöcher, die internationale Konzerne auch innerhalb der EU gerne nutzen.

Das von politischen Vorfeldorganisationen wie den Arbeiterkammern betriebene Reichen-Bashing geht also vollends ins Leere. Ganz abgesehen davon, dass sie von Vermögenden zwar höhere Beiträge zum Sozialsystem fordern, aber konkrete Umsetzungsvorschläge ebenso schuldig bleiben wie die Antwort darauf wer denn überhaupt als vermögend gilt. Mit einem Vermögen von 471 Millionen Euro, das die Arbeiterkammer Presseberichten zufolge besitzt, zählen sie selbst jedenfalls dazu und könnten mit gutem Beispiel vorangehen.

Was ist Reichtum?

Die Antwort auf diese Frage ist schwierig. Was zählt alles zum materiellen Vermögen? Wie wird es bewertet? Und ab welchem Vermögenswert fällt dann „Reichen-Steuer“ an? Diese Fragen müssen beantwortet werden bevor man sich Gedanken über höhere Beiträge für das Sozialsystem macht. Denn sonst fehlt schlicht und einfach die Bemessungsgrundlage.

Sind Sie schon vermögend, wenn Sie mit Ihren Einkommen – egal, ob es viel oder wenig ist – zufrieden leben können? Oder gehört zum Reichsein zwingend ein dickes Konto- oder Sparbuchguthaben? Sind Sie automatisch reich, wenn Sie ein Wertpapierdepot oder eine Lebensversicherung haben? Wenn Sie in ihrer eigenen Immobilie wohnen, dann sind Sie aber jedenfalls reich, oder? Gilt als reich wer einen BMW fährt?

Ganz wesentlich ist auch die Frage, ob nur das Netto-Vermögen zählt. Denn oftmals steht materiellem Besitz ein Haufen Schulden gegenüber. Und zur echten Herausforderung wird das Bewerten von Unternehmensbeteiligungen.

Ungleiche Vermögensverteilung

Oft lesen wir, dass Vermögen ungleich verteilt ist. Eine kleine Gruppe besitzt sehr viel, die große Masse fast nichts. Dieses Bild ändert sich aber massiv, wenn die Pensionsansprüche des Einzelnen berücksichtigt werden. Rund 2,5 Millionen Österreichinnen und Österreich verdienen so wenig, dass sie keine Einkommensteuer bezahlen. Sie werden daher in der Regel nicht zu den Reichen zählen. Rechnet man ihnen jedoch ihre erworbenen Pensionsansprüche zu, verfügen auch sie über Vermögen. Seriöse Berechnungen der Vermögensverteilung – die nicht nur den Zweck des Reichen-Bashings erfüllen – würden das tun.

Wo versickern die vorhandenen Steuern auf Kapitaleinkünfte?

Vermögen, genauer gesagt die daraus erzielten Einkünfte, wird auch heute schon – gar nicht zu knapp – besteuert. Auf Zinsen werden 25 Prozent Kapitalertragssteuer fällig, auf Kursgewinne von Wertpapieren neuerdings 27,5 Prozent. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung werden mit bis zu 55 Prozent (Einkommensteuer) versteuert, Gewinnentnahmen aus einer GmbH. mit 27,5 Prozent.

Wofür verwendet der Staat diese Einnahmen? Und wenn zusätzliche Steuern eingeführt werden: wer sorgt dafür, dass diese tatsächlich ins Sozialsystem fließen und nicht wieder im allgemeinen Budgetloch versickern?

Wer Vermögende und Reiche an den Pranger stellt und Geld von ihnen fordert, sollte eine Definition von „reich“ liefern anstatt ewig nur Plattitüden von sich zu geben. Das wäre zur Abwechslung einmal ein konstruktiver Beitrag zur Diskussion.

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Jake Ehrhardt

Jake Ehrhardt bewertete diesen Eintrag 11.10.2016 08:43:19

FerdinandK

FerdinandK bewertete diesen Eintrag 11.10.2016 00:27:37

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