Neuer Bundespräsident: Die Qual der Wahl oder die Wahl des geringsten Übels?

Am 24. April wählen wir Österreicherinnen und Österreicher unseren neuen Bundespräsidenten. Also zumindest bestimmen wir jene zwei, die vier Wochen später in die Stichwahl gehen werden. Denn beim ersten Wahlgang wird angesichts der Vielzahl von Bewerbern wohl niemand die absolute Mehrheit der Stimmern erhalten. Als Bundespräsident hat mir Heinz Fischer gut gefallen. Einen ebenbührtigen Nachfolger sehe ich unter den Bewerbern nicht.

Zur Klarstellung für unsere Freunde aus Deutschland: Wir Österreicherinnen und Österreicher wählen unseren Bundespräsidenten alle sechs Jahre direkt. Im Grunde ist es eine überparteiliche Persönlichkeitswahl, denn der österreichische Bundespräsident soll als höchster Amtsträger des Landes stets eine neutrale Position einnehmen. In der Praxis stellen unsere im Parlament vertretenen Parteien jeweils einen Kandidaten auf, den sie ins Rennen schicken.

Das führt dann zu manch skurriler Situtation. Ein ehemaliger Parteivorsitzender (der Grünen) wird von der grünen Partei wochenlang bedrängt anzutreten und schließlich nominiert. Seine Wahlkampfkosten bezahlt die grüne Partei. Trotz allem bezeichnet er sich als unabhängiger Kandidat.

Wie unabhängig ein Kandidat sein kann, der bis vor wenigen Tagen Sozialminister der sozialistischen Partei war und Zeit seines Berufslebens im roten Parteiumfeld gelebt und gearbeitet hat, erschließt sich wohl auch nur den Wenigsten. Aber so ist das bei uns in Österreich nun mal. Unsere heimischen Politiker haben viel Übung darin das Wahlvolk für komplett deppert zu halten.

Wer von den Kandidaten ist denn nun wirklich wählbar?

Auf den Punkt gebracht: Nicht ein einziger (Mann). Der schon erwähnte Kandidat der Grünen erweckt zwar ein wenig meine Sympathie, für das Kreuzerl neben seinem Namen reicht es aber nicht. Wer schon beim Antreten klarstellt, dass er als Bundespräsident einzelne, demokratisch gewählte Parteien von der Regierungbildung ausschließen würde, dem kann ich meine Stimme nicht geben. Da fehlt mir eindeutig die objektive Neutralität, die ich von einem Bundespräsidenten erwarte.

(Zur Klarstellung: Ich will die in diesem Zusammenhang ausgeschlossene Partei nicht in Schutz nehmen, es geht mir um das alle Parteien betreffende Prinzip! Wie kann sich ein Bundespräsident erdreisten eine Partei, die bei einer demokratisch durchgeführten Nationalratswahl die meisten Wählerstimmen erhält, schon Jahre im Vorhinein derart pauschal auszuschließen?)

Der Badehaubenträger aus Niederösterreich blieb uns glücklicher Weise erspart. Klein Napoleon in der Hofburg, das hätte mir noch gefehlt. Gut, der Ersatzkandidat ist jetzt auch kein Sympathieträger erster Güte, sondern wieder nur ein langjähriger Parteisoldat. Und so ganz nebenbei mit 74 Jahren der älteste Bewerber. Seine realitätsfernen Aussagen in der Funktion als Pensionistenvertreter seiner Partei machen es mir unmöglich ihn zu wählen.

Ähnlich verhält es sich beim Kandidaten der Sozialisten. Weder als Gewerkschafter noch als Sozialminister glänzte er mit Bezug zur Realität (Stichwort: Unsere Pensionen sind sicher). Und im Rahmen des BAWAG-Desasters hat er sich als ÖGB-Chef auch nicht mit Ruhm bekleckert. Im Grunde halte ich "den Rudl" für einen sympathischen Opa, der vielleicht ein ganz guter Bundespräsident wäre. Unwählbar ist er für mich aber trotzdem.

Dass die Blauen ernsthaft daran dachten die zuerst geschasste und dann übergelaufene Ex-Bezirkschefin zu nominieren, kann ich nur als Scherz werten. Wobei sie vielleicht die Tradition von Thomas Klestil am besten fortgeführt hätte. Sagt man den beiden nicht nach, dass sie einem guten Glaserl stets zugetan sind bzw. waren? Mit dem Ersatzkandidaten, der sofort erklärt, dass er nichts von einem Fairness-Abkommen hält, kann ich jedenfalls nichts anfangen. Den offensichtlichen Willen zur Konfrontation halte ich im Rahmen einer Bundespräsidentenwahl für falsch.

Bleibt noch die einzige Frau im Rennen. Die ehemalige Richterin und Präsidentin des Obersten Gerichtshofes in Österreich ist als Einzige wirklich parteilos und wird von einer Partei lediglich überstützt (nicht finanziert). Erste Sympatien hat sie bei mir schon in der Vergangenheit gesammelt als sie im so genannten Griss-Bericht (einem Bericht zum Skandal rund um die Hype Alpe Adria) ein paar unangenehme Wahrheiten angesprochen hat (die dann eh wieder typisch Österreich keine Folgen hatten, aber immerhin war sie mutig genug darauf hinzuweisen). Zur Abwechslung mal eine echte "First Lady" zu haben, finde ich als Idee durchaus reizvoll. Genauer anschauen wirde ich mir diese Dame auf jeden Fall.

Und wen haben wir sonst noch?

Ach ja, der Herr Baumeister hat sich mitsamt seinem Spatzi, Tatzi, Katzi, oder wie auch immer seine aktuelle Begleiterin heißt (ich lese keine Boulevard-Presse und schau nicht "Peinlich-TV", sorry) auch schon angeboten. Mit einem skurrilen Video, aber das ist nun mal seine Art. Schmunzeln kann ich darüber, Kreuzerl gibt es dafür natürlich keines.

Mit den möglicherweise sonst noch antretenden Kandidaten beschäftige ich mich nicht. Sinnlos, lohnt sich nicht. Keiner davon hat auch nur ansatzweise eine Chance zu gewinnen - und das ist gut so!

Wird die Wahl unseres neuen Bundespräsidenten also die Qual der Wahl oder die Wahl des geringsten Übels? Ich persönlich bin mir da noch nicht ganz sicher ...

P.S.: Dieser Beitrag ist eine aktuelle Momentaufnahme! Der Wahlkampf steht ja über weite Strecken noch vor uns, vielleicht überrascht mich ja noch einer der Bewerber (positiv oder negativ), dann stellt sich manches Detail womöglich wieder anders dar.

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Grexi

Grexi bewertete diesen Eintrag 30.01.2016 20:38:43

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