Das Internet der Dinge steckt noch in den Kinderschuhen, trotzdem übernehmen mehr und mehr schlaue Dinge – und Computerprogramme – die Kontrolle über unseren Alltag. Intelligente Geräte und Softwarelösungen, die permanent online und miteinander vernetzt sind, entwickeln sich zu einem Multi-Milliarden-Weltmarkt, da sind sich Zukunftsforscher einig. Fluch oder Segen? Sicherheitsrisiko mit ungeahntem Ausmaß, oder Traum eines jeden Technik-Freaks?
Im Kühlschrank ist nur mehr ein Flasche Weißwein. Bevor der Kühlschrank aber einfach nur nachbestellt, checkt er Ihren Kalender und stellt fest, dass Sie nächstes Wochenende Gäste eingeladen haben. Deren bevorzugte Weinsorten findet er in deren Social-Media-Profilen und bestellt – nachdem er Ihren Kontostand gecheckt hat – den passenden Wein. Natürlich vereinbart der Kühlschrank einen Liefertermin, der gut in Ihren Terminkalender passt. Ein paar Stunden bevor Ihre Gäste eintreffen, senkt er die Temperatur in seinem Inneren um ein paar Grad ab, damit der Wein auch wirklich gut gekühlt ist, denn der Wetterbericht sagt eine heiße Tropennacht vorher.
Utopie? Nein, heutzutage technische Realität.
Sie wollen sich kurzfristig – zwei Stunden vor dem Abflug – gegen eine Flugverspätung versichern. Sie rufen auf Ihrem Smartphone Ihr Online-Ticket auf, klicken unter „Extras“ auf den Button „Versicherung“ und akzeptieren die angezeigte Prämie, die umgehend von ihrem Konto abgebucht wird. Es kommt wie es kommen muss, Ihr Flug hat tatsächlich Verspätung. Die Airline speist diese Info ins Buchungssystem, welches erkennt, dass sie sich dagegen versichert haben. Automatisch erfolgt eine Schadensmeldung an die Versicherung, deren Algorithmus prüft die Daten und gibt ihrer Bank den Auftrag, die vereinbarte Versicherungssumme auf Ihr Konto zu überweisen.
Utopie? Auch nicht mehr.
Eines der neuesten Produkte des weltweit größten Online-Händlers ist ein intelligenter Lautsprecher, der mit sensiblen Mikrofonen ständig nach Befehlen lauscht. Musikwünsche, Nachrichten, Steuern von Funktionen im Haus, und – logischer Weise – Bestellungen via Sprachbefehl aufnehmen, all das ist für das schlaue, kleine Ding kein Problem. Neulich in den USA lauschten viele dieser hellhörigen „Spione“ einem Radiobericht über ein Puppenhaus. Nachdem sich dieses Puppenhaus im Angebot des Online-Händlers befand, interpretierten sie das Gehörte als Auftrag zur Bestellung. Kurz danach erhielten dutzende ahnungslose Empfänger ein Puppenhaus im Wert von 149 US-Dollar geliefert.
Utopie? Nein, einem Zeitungsbericht zufolge genau so passiert.
Sie haben einen Autounfall. Ihr Fahrzeug erkennt dies und setzt sofort einen Notruf ab. Dabei meldet Ihr Auto nicht nur den Unfallzeitpunkt, die exakten Koordination des Unfallortes und die Fahrtrichtung (wichtig auf Autobahnen und in Tunneln), sondern zum Beispiel auch, ob es auf dem Dach liegt, wie viele Personen sich im Auto befinden und wie viele Airbags sich geöffnet haben. Das macht gegebenenfalls auch das Auto ihres Unfallgegners. Aus diesen Informationen schließen Rettung und Feuerwehr auf die erforderlichen Maßnahmen. Mit den Daten ihres Autos könnten auch andere Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe, die sich dem Unfallort nähern, gewarnt werden. Weiter entfernte Fahrzeuge erhalten die Information, damit deren Navigationssystem eine Umfahrung planen kann.
Utopie? Nein. Dieses europäische Notrufsystem heißt eCall und ist ab Ende März 2018 für jeden Neuwagen Pflicht.
Entmündigen uns solche Systeme zusehends? Oder sind sie wertvolle und im Falle von eCall sogar lebensrettende Hilfen im Alltag? Welches Chaos entsteht, wenn wir uns darauf verlassen, aber der Strom oder die WLAN-Verbindung ausfallen? Wie sicher sind die gesammelten Daten? Wer hat Zugriff darauf? Und was errechnen schlaue Algorithmen noch alles aus der Datenvielfalt?
Mit unserer Privatsphäre ist dann jedenfalls restlos vorbei. Jeder von uns wird zum offenen Buch für die ganze Welt des Konsums, des Staates, der Versicherungen, …
Wollen wir das wirklich?
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