Vor etwa 10 Jahre bemerkte ich sie zum ersten Mal. Ich spazierte am Osterwochenende gerade durch den älteren Teil der fränkischen Stadt Bamberg, als ich in einem kleinen Park, auf einen besonders geschmückten Brunnen stieß. Es war ein eher kleiner Brunnen, von seiner Formgebung nicht besonders ansprechend. Faszinierend war aber seine Dekoration. Die steinernen Elemente des Bauwerks waren mit frischem Grün umwunden, in dem bunt bemalte Eier geflochten waren.
„Ah!“, dachte ich mir, „das ist wohl uralter Osterbrauchtum in besonders dekorativer Form?“. Ich sollte mich getäuscht haben. Aber der Reihe nach. Da ich diese Variante der österlichen Dekoration vorher noch nie gesehen hatte, begann ich ein wenig in dieser Sache zu recherchieren.
Nach einiger Zeit stellte ich fest, dass diese Form der Verzierung meistens Osterbrunnen genannt wurde, ich manchen Gegenden aber auch Osterkrone. Im letzteren Fall wurden die Brunnen nicht einfach nur geschmückt, sondern der Schmuck zu einer riesigen Krone geformt. Erstmals erwähnt wurden die Brunnen in der neueren Zeit erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Raum der Fränkischen Schweiz. Es ist also eher modernes Brauchtum.
Das diese Brunnen auch keinen Geheimtipp mehr darstellten, ergab sich für mich aus den Umstand, dass ich bald darauf Folder entdeckte, in denen Bustouren von deutschen Großstädten zu schönen Osterbrunnen in deren Umgebung angeboten wurden.
Das touristische Element scheint auch der wahre Hintergrund zu dieser ‚alten’ Tradition zu sein. Ähnlich wie sich unter vielen ländlichen Orten ein Wettbewerb um den schönsten Blumenschmuck entwickelte, entfaltete sich von der Fränkischen Schweiz aus beginnend, ein Run um den Ort mit dem schönsten Osterbrunnen oder der prächtigsten Osterkrone.
Ganz egal, was nun der Hintergrund zu dieser Tradition sein möge, ein schönes Ausflugsthema für die österliche Zeit sind die Brunnen allemal. Meistens tauchen sie so ab Palmsonntag, spätestens aber ab Karsamstag im Ortsbild auf. Von da an kann man sie für ca. zwei Wochen betrachten, bis die kunstvoll bemalten Eier wieder verschwinden.
Zwar sind wohl schon viele davon eher aus robustem Kunststoff angefertigt, doch auch ausgeblasene und von Hand bemalte Hühnereier soll es noch geben. Ein genauer Blick darauf wird sich also lohnen.
Linktipp: Osterbrunnen in der Fränkischen Schweiz mit Terminkalender
Den zweiten Osterbrunnen entdeckte ich übrigens Jahre später, bereits außerhalb der Fränkischen Schweiz, auf dem Weg zum Automobilmuseum in Wolfegg. Ein Ort, der sich im oberschwäbischen Landkreis Ravensbrück befindet. Diese ursprünglich rein lokale Tradition scheint sich also, ähnlich wie das Münchner Oktoberfest, auch auf andere Gebiete auszudehnen. Vielleich gibt es so einen Osterbrunnen auch schon in Eurem Nachbarort? Einfach beim diesjährigen Osterspaziergang mal nachgucken!
Linktipp: Geschichte und Verbreitung der Osterbrunnen (Wikipedia)
Ist mit dieser Brauch schon in Österreich untergekommen? Bisher noch nicht. Aber in diesen Zusammenhang fällt mir ein anderes Kleinod ein. Im burgenländischen Winden am See befindet sich in sehr schöner ländlicher Umgebung ein Eiermuseum! In diesem auch architektonisch interessanten Gebäude stellt der Bildhauer Wander Bertoni seine Sammlung von rund 4.000 Eiern aus.
Linktipp: Eiermuseum in Winden am See
Eine andere Alternative zum österlichen Spaziergang könnte ein Besuch bei den Ostereierkratzerinnen im südburgenländischen Stinatz sein. Diesen Damen kann man man nach telefonischer Rücksprache bei ihrem Handwerk zusehen, wie sie mit geschicken Griffen schöne Muster in die gefärbten Eier kratzen.
Linktipp: Stinatzer Ostereier
Jetzt wird es aber Zeit die Ostergeschenke zu verstecken. Ich bedanke mich für eure zahlreichen Lesungen und Kommentare und wünsche ein Frohes Osterfest bei hoffentlich frühlingshaften Wetter!