In 80 Minuten durch Österreich: Freilichtmuseum Stübing

Am vergangenen Sonntag nutzte ich den Internationalen Museumstag zu einem Besuch im Freilichtmuseum Stübing. Dieses Museum befindet sich nördlich von Graz in einem 2 km langen Seitental der Mur und zeigt auf seinem Gelände bäuerliche Architektur aus ganz Österreich.

Die 90+ Objekte sind dabei nach Bundesländern geordnet, man kann also Österreich in 80 Minuten durchwandern. Bemerkenswert die Art und Weise, wie die Bundesländer angeordnet sind: Burgenland liegt ganz im Osten an der tiefsten Stelle des Geländes. Der Weg nach Tirol und Vorarlberg führt nach Westen und es geht stetig bergauf. Geographie, die in die Beine geht.

Auch wenn vieles recht alt wirkt – die Objekte stammen auch 6 verschiedenen Jahrhunderten – ist das Museum selbst noch relativ jung. Gegründet wurde es 1962, die Eröffnung fand 1970 statt. Gerade rechtzeitig, wie mir scheint, den zahlreiche Objekte mussten damals Errungenschaften der neuen Zeit, zum Beispiel einer breiteren Straße oder einem Staudamm weichen und fanden sich nun im Freilichtmuseum wieder.

Ich besuche das Museum gerne am frühen Morgen, wenn sich noch wenige Besucher auf dem Gelände aufhalten. Dann hat man die Objekte noch ganz für sich allein und kann sich in das Altertümliche reinfühlen. Zum Beispiel wenn man die einzelnen Stuben betritt und die Tellerhalter an den Wänden oder die Schnitzereien an den hohen Betten mustert. Allerdings muss man schon ein gutes Auge haben, die Räume sind nicht beleuchtet und somit so hell bzw. dunkel wie seinerzeit.

Meine persönlichen Highlights? Mir gefallen vor allem jene Gebäude, die zwar nicht bäuerlich sind, aber dennoch von der Gesellschaft gebraucht wurden. Die kleine Feuerwehrstation für die mobile Feuerspritze, das überlange Gebäude für die Seilerei, die Mühle die aus einem kleinen Bächlein so viel Kraft für das Mahlen des Getreides schöpft. Oder die Gemischtwarenhandlung! Es gab mal eine Zeit, wo es für jeden Bedarf genau ein Produkt gab: 1 Waschpulver, 1 Seife, 1 Reibfetzen und 1 Art von Kaffeemühle. Mehrere Arten von Süßigkeiten scheint es aber schon damals gegeben zu haben.

Die Mittagspause halte ich dann bei der örtlichen Jausenstation, die sich inmitten der alten Gebäude befindet. Ich kann nicht sagen, was mir besser schmeckt: Die heiße Selchwurst oder der Apfelkuchen. Auf einer Bank inmitten alter Gehöfte sitzend, schmeckt wohl alles wunderbar.

Etwas merkwürdig wirkt allerdings zurzeit (Mai 2015) ein Vierkanthof, der zur Gänze in einer schwarzen Verpackung gehüllt ist. Man möchte meinen, der Verpackungskünstler Christo persönlich wäre vorbei gekommen. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Methode, Schädlinge möglichst ökologisch aus dem Gebäude zu entfernen, indem man sie einer bestimmten Atmosphäre aussetzt, deren Konsistenz durch die luftdichte Verpackung sichergestellt wird.

Falls man während dem Spaziergang vom Regen überrascht werden sollte, es gibt auch zwei sehenswerte Ausstellungen auf dem Gelände. Im Gebäude ganz am Anfang des Rundgangs werden in der Ausstellung 'Die erinnerte Zeit - Leben im Jahreskreis' verschiedene Aspekte des Lebens im Jahresablauf erklärt:

Linktipp: Die erinnerte Zeit - Leben im Jahreskreis

In einem Tiroler Bundwerksstadel in der zweiten Hälfte des Tales wird die Entwicklung bäuerliche Arbeitsgeräte und Fahrzeuge von der Urzeit bis heute gezeigt. Besonders spannend die Beschreibung der Anfänge des Rades und des 'Hakens', aus dem sich später der Pflug entwickeln sollte.

Linktipp: Schausammlung 'Bäuerliche Arbeitsgeräte und Fahrzeuge'

Wie oft kann man dieses Museum besuchen? Ich besuche es recht oft und gerne. Das hat damit zu tun, dass die Menge des Gezeigten ohnehin nicht beim ersten Besuch erfasst werden kann. Manchmal lege ich mein Augenmerk mehr auf die Architektur, manchesmal gucke ich mir besonders gerne die Schnitzereien an der Einrichtung an. Oder ich achte besonders auf die Raumaufteilung zwischen Mensch und Tier, die oft unter einem Dach wohnten. Besonders spannend ist der Besuch des Museums gemeinsam mit Kindern, die durch ihre Sichtweisen und Fragen die eigenen Wahrnehmungen noch ein Stück weiter treiben.

Falls man aber wirklich schon alles gesehen hat, dem sei der Besuch einer Veranstaltung auf dem Gelände des Freilichtmuseums ans Herz gelegt. Neben reinem Unterhaltungsprogramm gibt es auch viele Mitmachprogramme. So bekommt man Einblicke in das Schmieden oder in so spezielle Themen wie das korrekte Flechten von Bienenkörben.

Bei meinem letzten Aufenthalt in Stübing sah ich mir eine Vorführung zum Thema 'Stellen, Bähen, Binden' an, bei der es um das Aufstellen von Weidezäunen ging. Bähen? So nennt man das Biegsam machen von Fichtenzweigen, um sie dann als Bänder zum Zusammenbinden der Zäune zu verwenden.

Linktipp: Veranstaltungen und Feste

Zum Abschluß ein kurzer Hinweis bzgl. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese ist leider etwas spärlich gesät. Persönlich reise ich gerne mit der Bahn an. Der Bahnhof ist zwar ca. 30 Gehminuten vom Haupteingang entfernt, führt aber auf einem Wanderweg sehr schön entlang der Mur.

Linktipp: Öffentliche Anreise

Nun seid aber wieder ihr dran. Habt ihr schon mal dieses Freilichtmuseum besucht? Gibt es in eurer Nähe auch interessante Freilichtmuseen?

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Silvia Jelincic

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