Als kleiner Junge konnte ich mal alle römischen Kaiser von Augustus bis Romulus Augustulus aufsagen. Diese Fähigkeit verlor ich aber bald wieder, da ich extrem selten danach gefragt wurde. Schon öfters werde ich aber gefragt, ob es denn in Österreich noch Spuren der alten Römer geben würde?
Tatsächlich hat Österreich auf diesem Gebiet einiges zu bieten. Die Römerspuren sind dabei sehr facettenreich und reichen von im Boden zurückgelassen Fahrspuren bis zu Türmen, die stark und mächtig das Stadtbild prägen.
Zunächst ein kurzer regionaler Überblick. Das Bundesgebiet des heutigen Österreichs war fast zur Gänze auch Teil des römischen Reiches. Lediglich die Gebiete nördlich der Donau blieben ‚frei’.
Größere Verwaltungszentren befanden sich auf dem Boden der heutigen Städte Salzburg (Iuvavum); Wels (Ovilava), Carnuntum-Pretronell (Carnuntum), Lienz (Aguntum), Teurnia (Lendorf) und dem Zollfeld in Kärnten (Virunum). Auf dem Gebiet des heutigen Wiens befand sich hingegen nur ein Legionslager. An dieser Stelle ein halbherziges Sorry in Richtung Bundeshauptstadt.
Bei der Beschreibung der Spuren beginne ich aber doch in Wien. Das Legionslager erstreckte sich damals über einen Teil des heutigen ersten Bezirkes. Den Grundriß kann der Experte noch am Luftbild erkennen. So erstreckt sich die heutige Einkaufsmeile „Der Graben“ genau dort, wo in römischen Zeiten der Vorfeldgraben zum Legionslager lag. Teile des Lagers kann man heute im Kellergeschoss des Römischen Museums am Hohen Markt sehen.
Linktipp: Römisches Museum in Wien
Das eigentliche Verwaltungszentrum lag aber östlich von Wien. Auf dem Boden des heutigen Carnuntum-Pretronell. Dort befand sich das römische Carnuntum, wo so manch Bedeutendes geschah. So wurden hier Kaiser ausgerufen und sogar eine Vier-Kaiser-Konferenz abgehalten. In Carnuntum gibt es auch jedes Jahr sehr interessante Veranstaltungen auf dem Gelände bzw. in den rekonstruierten Gebäuden.
Linktipp: Archäologischer Park Carnuntum
Ein anderes Verwaltungszentrum befand sich auf dem Boden des heutigen Wels. Spuren davon findet man im Stadtmuseum Wels. Im Stadtbild selbst ist nur mehr wenig davon erhalten.
Linktipp: Stadtmuseum Wels
In Kärnten liegen unter den Äckern den Zollfelds die Reste eines weiteren Verwaltungszentrums. Ein Zirkus wurde zur Gänze freigelegt und auch in Teilen rekonstruiert. Ein paar schöne Mosaike findet man im Ferdinandeum in Klagenfurt. Interssant auch die Ausgrabungen am Magdalensberg.
Linktipp: Archäologischer Park Magdalensberg
Als Steirer frage ich mich natürlich, was genau ist nun in der grünen Steiermark ur-römisch? In einem kleinen Museum in Wagna finden sich zahlreiche Exponate über das römische Flavia Solva. Unter anderem auch der Hinweis, dass die Römer schon so etwas wie eine freiwillige Feuerwehr kannten.
Linktipp:Römermuseum Flavia Solva
Auch in Osttirol sind noch Reste einer römischen Stadt in der Nähe von Lienz zu sehen. Das römische Aguntum macht bis heute durch eine rätselhafte Mauer von sich reden, die nur im Ostteil der Stadt errichtet wurde. Ein sparsames, aber nicht wirkungsvolles Konzept für eine Stadtbefestigung, wie mir scheint.
Linktipp: Archäologischer Park Aguntum
Aber genug der Städte, es gibt noch ein anderes römisches Thema, dass sich im Augenblick sogar bemüht in den Status des Weltkulturerbes aufzusteigen: Der Donaulimes.
Die alten Römer hatten ja versucht die Grenzen ihres Reiches durch einen bewachten Grenzweg zumindest optisch abzustecken. Während es in Deutschland noch deutliche Spuren dieses Weges zu sehen gibt, ist das in Österreich weniger der Fall. Die Grenze war hier naß, sprich die Donau.
Trotzdem kann es sich ausszahlen, einmal entlang der Donau zu radeln und in der Architektur der sich aneinanderreihenden Ortschaften nach Römerspuren Ausschau zu halten. Besonders markant ist der Hufeisenturm in Tulln, der seinen Namen durch seinen hufeisenförmigen Grundriss erhielt. Aber auch Mautern an der Donau (Favianis) und Traismauer verfügen über größere Reste von Türmen in ihrem Stadtbild.
Linktipp: Der römische Limes in Österreich
Wer sich ohne viel Recherche auf eine Österreichtour zu den Römern machen möchte, wird am ehesten in den Landesmuseen der jeweiligen Bundesländer fündig. Besonders umfangreich war hier für mich das Landesmuseum in Linz und das bereits genannte Römische Museum in Wien.
Für Feinschmecker und Adleraugen kann sich aber auch der Blick auf Kirchen und ältere Stadthäuser lohnen. In früheren Zeiten hatte man frisch entdeckte Römersteine gerne ich den Mauern dieser Gebäude verarbeitet und so deren Erhaltung sicher gestellt. Eine besonders große Sammlung davon findet sich auf Schloss Seggauberg in der Steiermark.
Zum Abschluss noch ein Tipp der ganz anderen Art für Liebhaber von Landkarten. In der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien befindet sich die Tabula Peutingeriana. Diese aus dem 12. Jahrhundert stammende Abschrift einer römischen Straßenkarte zeigt das Straßennetz des Römischen Reiches. Das Original bekommt man wohl kaum zu Gesicht, aber der untenstehende Link ist eine interessante Alternative dazu.
Linktipp: Routenplaner auf Basis der Tabula Peutingeriana
Na, konntet Ihr Euren Wohnort auf dieser Karte finden? Wer von Euch hat schon Römerspuren in Österreich besucht? Oder kennt vielleicht einen Römerstein irgendwo in einem Gebäude seiner Stadt eingemauert? Auf Eure Antworten bin ich schon gespannt.