Es gibt eindeutig viele Probleme

Die Verunsicherung wächst. Millionen Menschen fühlen sich aufgrund der hohen Anzahl an Flüchtlingen verständlicherweise überrumpelt. Es wurde ja keiner gefragt, ob und wie das Ganze ablaufen soll und dadurch fühlen sich einige quasi gezwungen, es einfach so hinnehmen zu müssen. Klar, viele Menschen haben ein Problem damit, bei so großen Veränderungen ihres Lebens kein Wort mitreden zu dürfen.

Zumal die berechtigten Bedenken vieler riesig sind: Flüchtlinge sind wirklich arm dran, die Schuld liegt bei der Politik – aber wenn man die Flüchtlinge nicht unterbringen kann und ausreichend betreut, besteht die Gefahr dass viele davon bald desillusioniert sein werden weil nichts von dem, was sie sich ausgemalt haben, eintreffen wird. Wie kann also bei so vielen Menschen Integration funktionieren? Schon bei deutlich weniger Migranten haben sich in der Vergangenheit gefährliche Parallelgesellschaften gebildet, die in Österreich oder Deutschland leben aber sonst nichts mit dem Land zu tun haben (wollen). Wie soll das nun bei einer Million und mehr klappen? Wo werden sie wohnen, wo arbeiten? Wer wird sie aufsuchen, wenn sie scheitern - Salafisten, Islamisten, syrische Nationalisten??? Extremistische Gruppierungen könnten eine der gravierenden Folgen sein...

ABER: Noch ist es nicht soweit. Noch könne wir verhindern, dass sich solche pessimistischen, dystopischen Prophezeiungen erfüllen und Wahrheit werden. Ein Appell an die Vernunft:

Apologetik und Relativierungsversuche sind absolut kontraproduktiv

„Wem es immer noch nicht deutlich ist, dem buchstabiere ich es mal ganz klar: Wir befinden uns in einem Kampf um unsere Werte. Nicht in einem Krieg gegen den Terror, nicht in einem Kampf gegen den Islam. In einem Kampf um die Werte der Freiheit und der Selbstbestimmung.

Jene, die für unendliche Toleranz plädieren und die Opfer zu Tätern machen, indem sie kulturelle Differenzen unter den Tisch kehren oder die Schuld jenen zuschieben, die ihre Freiheit genießen und verteidigen wollen, gehen mit großen Schritten zurück in eine Zeit, in der wir uns verstecken mussten und keine Kritik üben durften an jenen, die uns unterdrücken.

Jeder von uns muss diesen Tendenzen offen, sichtbar, hörbar und engagiert entgegentreten, wenn wir unsere Freiheiten bewahren wollen. Zivilcourage und Position zu beziehen ist wichtiger denn je.“ ~ Niels Koschoreck [zu den schrecklichen Vorkommnissen in Köln]

Migration aus muslimisch oder islamistisch geprägten Ländern importiert zunehmend ein archaisches Frauenbild. Man muss sich mit dem Problem auseinandersetzen, dass viele der ins Land strömendem Migranten ein Frauenbild haben, welches mit moderner westlicher Freiheit, sexueller Vielfalt, Emanzipation und Gleichberechtigung einfach nichts zu tun hat. Indem man diese Diskussion nämlich aus Angst vor der Verstärkung von Xenophobie und Rassismus vermeidet, erreicht man genau das Gegenteil: Man schürt so den Hass in der Bevölkerung auf Flüchtlinge; das Feld wird dadurch den Rechtsextremen überlassen und gefährliche Populisten und Demagogen wie Herr Strache werden dadurch leider nur gestärkt. Auch mit dem Familienrecht findet Frauen-Unterdrückung leider wieder vermehrt Verbreitung und Islamverbände, die dieser Debatte aus dem Weg gehen, fördern zunehmend Parallelgesellschaften.

Einige Flüchtlinge sind in ihren Herkunftsländern mit Antisemitismus, Sexismus, Trans- und Homophobie groß geworden und dieses ewiggestrige, mittelalterliche, erzkonservative Weltbild werden sie nicht einfach so an der Grenze abgeben. Somit wird Integration bei jenen Fällen gewiss kein einfaches Unterfangen sein; man darf die Größe der Aufgabe nicht unterschätzen, denn zwei Wochen Integrationskurs oder hübsche Bilder in einer Broschüre alleine werden bei vielen dafür gewiss nicht ausreichen.

Viele Sozialdemokraten und Linksliberale des Landes (zu denen ich mich auch zählen würde) stürzten sich auf die Kritik des islamophoben Rechtspopulismus, weil einige Halb-Alphabeten Badeverbote auf Zetteln geschmiert haben. Dieselben Kritiker scheinen aber zunehmend zu schweigen, wenn beispielsweise der Politologe Hamed Abdel Samad mitten in Graz nur unter Polizeischutz den Islam kitisieren kann - weil diese Kritik lebensgefährlich geworden ist. Es hat keinen Sinn, auf den einen Faschismus einzudreschen, aber den anderen zu ignorieren - wer differenzierter Integrations- und Religionskritik ausweicht, überlässt das Podium den Intelligenz-resistenten Hetzern (siehe hier).

Weniger Hysterie wäre meiner Ansicht nach dennoch sinnvoll

Und dennoch: Hier wird diskutiert, als ob jeder Österreicher zu 100% wissen würde, wie alle Menschen auf der Flucht so denken und ticken, ohne jemals im Leben auch nur ein Wort mit einem Flüchtling gewechselt zu haben. Die einen meinen, es kommen nur Engerl zu uns, die anderen meinen, es kommen nur kriminelle Vergewaltiger zu uns. Wie unlogisch ist das bitte?! Zu "uns" kommen weder nur Engel, noch nur Kriminelle - es kommen Menschen, die ganz genau so wie wir gute und auch schlechte Eigenschaften haben (können). Manchmal mehr von den guten, manchmal mehr von den schlechten - ich habe eine Bekannte, die schon seit zirka vier Jahren mit Asylwerber*innen zusammenarbeitet (dabei hatte sie es mindestens mit ein paar hunderten zu tun) und ihr ist bis jetzt noch kein Einziger (!) davon auch nur ansatzweise unhöflich begegnet oder irgendwie negativ aufgefallen, laut ihren Aussagen. Was natürlich auf keinen Fall heißen soll, dass es nirgends Schwierigkeiten gibt (wäre auch zu einfach logischerweise) oder keine Probleme auftreten werden oder könnten, aber diese Ängste-schürenden Verallgemeinerungen sind nicht nur meist unrealistisch, sie ergeben ganz klar keinen Sinn, bringen niemanden weiter (ganz im Gegenteil) und sind definitiv fehl am Platz.

Asyl ist und bleibt ein Menschenrecht

» Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Westdeutschland rund zwölf Millionen Menschen (!!!) auf, die in den Westen geflohen und dorthin vertrieben worden waren. Es lag damals tatsächlich fast alles in Scherben, wie es die Nazis ja versprochen hatten, aber dennoch schaffte es Deutschland, diesen zwölf Millionen Wohnungen zu bauen und Brot und eine Zukunft zu geben. 70 Jahre später jammern die, die nun in fetten SUVs herumgurken und dreimal im Jahr auf Urlaub fliegen, über die „ Unbewältigbarkeit“ der Flüchtlingskrise und fordern trotzig „Obergrenzen “. Angesichts des noch nie dagewesenen Reichtums in Deutschland, Österreich und anderen Ländern (auch außerhalb der EU) ist zu sagen: Jedes Flüchtlingskind, das in Zelten friert, ist politisch gewollt. Jede Vergewaltigung in den überfüllten Lagern ist politisch gewollt. Jeder an der türkischen Grenze Erschossene ist politisch gewollt. So wie auch die Armut und das Hartz-IV-Elend politisch gewollt sind. Nichts davon ist nötig, die Behebung keines dieser Missstände würde die Wohlhabenden spürbar weniger wohlhabend machen. Es ist einfach nur ein sozialpolitisches Verbrechen.«  ~ Bernhard Torsch

Fakt ist auch: Menschen, die wirklich auf der Flucht sind vor Krieg und Terror oder unter starker Armut und Hungersnot leiden, werden sich auch nicht von Grenzkontrollen, Zäunen und Obergrenzen aufhalten lassen, ob es einem nun gefällt oder nicht...

Das ist eine der größten Chancen, die Europe jemals hatte

Integration kann gelingen. Das Buch Wir können doch nicht alle nehmen! Europa zwischen „Das Boot ist voll“ und „Wir sterben aus“ von Livia Klingl macht das sehr deutlich: Es ist nicht nur humanitäre Pflicht und geltendes Gesetz, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, es ist auch sinnvoll, ja sogar notwendig, Zuwanderung zuzulassen. Nicht "gutmenschig", sondern hochgradig pragmatisch verdeutlicht die Autorin, welch' ungeheure Zukunftschancen eine solidarische Ausländerpolitik haben könnte - sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich, sozial-politisch und kulturell. Alles, was es dazu benötigen würde, wäre die richtige Herangehensweise und Mut zum Risiko... Aber das kann nur gelingen, wenn die Politik endlich richtig handelt und nicht länger die Augen verschließt. Siehe hier

Denn: Wenn der Wind des Wandels und der Veränderung ins Land zieht, dann passiert immer dasselbe - die einen wollen Mauern bauen - und die anderen Windmühlen. Denkt darüber nach, was klüger ist ...

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