„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechte geboren [...]."

- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1.

Eine tolerante Haltung ist passiv. Tolerieren bedeutet "erlauben", "sein lassen", etwas wird quasi "geduldet". Der Gegenbegriff zu Toleranz ist die Intoleranz, in der Bedeutung „Unduldsamkeit“ im 18. Jahrhundert aus dem französischen intolérance entlehnt. Als Steigerung der Toleranz gilt die Akzeptanz, also die gutheißende, zustimmende Haltung gegenüber einer anderen Person oder ihrem Verhalten.

Ergo, kann es auch keine Toleranz für Intoleranz geben - sollte eigentlich logisch sein, oder? Ich kann beispielsweise tolerieren, dass es verschiedene Weltanschauungen und Religionen gibt, solange sie die Freiheit eines (anderen) Menschen nicht einschränken zum Beispiel. Ich kann allerdings nicht tolerieren, wenn im Namen des Glaubens Kriege geführt und Menschen unterdrückt und ermordet werden.

Ich kann andere politsche Meinungen bis zu einem gewissen Grade tolerieren, ja - ich kann aber keine Nazis tolerieren, keine Stalinisten, keine Öko-Terroristen, Links- und Rechtsextremisten und keine religiösen Fundamentalisten und all solche, die derartiges Gedankengut besitzen und vorantreiben - denn dann würde ich Ermordungen, Folter, Diskriminierung, Gewalt, Hass, Hetze usw. einfach so dulden - eine absolut grauenhafte Vorstellung.

Ja, mir ist durchaus bewusst, dass die Frage, wie weit etwas tolerierbar ist und wann daraus ein Paradox entsteht, nicht immer einfach zu lösen ist. (Zum Beispiel, wenn man im Internet wieder mal zugemüllt wird mit Postings von FPÖ-Fans, Verschwörungstheoretikern und anderen Anhängern zweifelhafter Gruppierungen und sich dann auf Diskussionen einlässt, die leider meist wenig bringen...) Dazu meinerseits eine Buch-Empfehlung: "Jenseits von Gut und Böse – Warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind" von Michael Schmidt-Salomon - lesenswert, wenn auch keine leichte Lektüre, da das Thema so komplex und umfangreich ist und man immer sehr darauf achten muss, Dinge und Einzelheiten möglichst objektiv differenzieren und analysieren zu können. Herr Schmidt-Salomon ist auch Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, welche zum Thema PEGIDA beispielsweise eine meiner Ansicht nach durchaus sinnvolle Initiative gestartet hat, siehe hier und hier - bitte nicht gleich aufschreien, sondern mal ganz genau, langsam und ruhig durchlesen und darüber nachdenken. Vernünftig, reflektierend, empathisch und kritisch in den Dialog treten mit "den anderen", anstatt Hass und Hetze zu schüren - das ist meiner Meinung nach ein erster guter Ansatz und ein Schritt in die richtige Richtung, um sinnvolle Lösungen zu erlangen, die sich wirkungsvoll auf eine gemeinsame, gute Zukunft in einer Multikulti-Gesellschaft auswirken könnten.

Aber ich schweife wahrscheinlich schon wieder viel zu weit aus... Zurück zum Hauptthema. Philosoph Slavoj Žižek hat das einmal sehr gut ausgedrückt, finde ich (frei übersetzt): "Toleranz ist das Phänomen, in dem der andere toleriert wird, solange er sich nicht als Anderer im eigenen Raum bemerkbar macht." Toleranz ist also eigentlich nicht das Anerkennen des Anderen, sondern die Tendenz des "Zum-Verschwinden-Bringens" der Andersheit des Anderen - macht Sinn.

Macht vor allem dann Sinn, wenn ich sehe, wie die Wogen wieder mal hochgehen. Ampelpärchen, Life Ball, Conchita Wurst, Angst sowie Ärger und Neid auf Asylwerber und Flüchtlinge - wäre ich zynisch genug möchte man gar meinen, die Leute hätten sonst keine Dinge, über die sie sich aufregen könnten. (Oder geht's Herrn und Frau Österreicher zu gut?!?!) Sorry, ich kann diese übertriebene Aufregung einfach nicht nachvollziehen, es tut mir leid. Ja, darüber kann man alles diskutieren. Ja, man darf auch gerne kritisieren, protestieren usw. und so fort - nur ändern wird das nichts. Wer davon in den Medien genervt ist, kann ja frei und zwanglos die Seite umblättern oder die Umschalt-Taste auf der Fernbedienung betätigen etc. - glaubt mir, es gibt weitaus Schlimmeres ...

Im Alter von zwölf Jahren habe ich dieses Bild hier gemacht:

Es handelt sich um eine digital nachbearbeitete Fotografie von mir selbst, quasi ein Selbstporträt, wenn man so möchte. In Anlehnung an Künstlern wie z.B. Claude Cahun, Cindy Sherman, Scottee, Leigh Bowery, Orlan, Francesca Woodman und vielen anderen wollte ich ein Foto kreieren, welches Vorurteile symbolisch darstellen sollte.

Zwar erkläre ich mich selbst nur sehr ungern und möchte eigentlich, dass jeder Betrachter/jede Betrachterin meine Werke für sich eigentständig interpretiert, aber in diesem Fall will ich eine kleine Ausnahme machen, weil mir das Thema wirklich schwer am Herzen liegt:

In der heutigen Gesellschaft neigt der Mensch leider sofort dazu, jemanden in irgendeine „Schublade zu stecken“. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Xenophobie, Homophobie, Lookism usw. sind dann eben leider oft schnell die Folge. Da ich es selbst hasse, in irgendeine Kategorie geschoben zu werden, hatte ich mir dieses Konzept ausgedacht. Mein Gesicht habe ich mir damals mit mehreren „Labeln“ (welche bewusst gegensätzlich sind - von mir aus Papier geschnitten und beschriftet, Sprache Englisch weil international) zugeklebt und nachträglich am Computer eine Landkarte unserer Welt ganz leicht (man sieht es hier jetzt leider kaum) auf meine Gesichtshaut projiziert - um zu veranschaulichen, dass es jeden Menschen auf diesem Planeten betrifft. Letzten Endes gab ich dem (ursprünglich schwarz-weiß, also in Graustufen gehaltenen) Foto am PC dann noch eine düster-bläuliche Färbung, damit meine Gestalt (Dinge wie Alter, Geschlecht, Ethnizität usw.) möglichst undefinierbar bleibt und vielleicht auch gequält oder gar schon tot aussieht, um zu zeigen, wie gefährlich Fremdbestimmungen und Vorverurteilungen ausarten können und die menschliche Seele zerstören.

Die Botschaft, welche ich mit diesem Bild vermitteln wollte, ist simpel: Nur der Mensch zählt.

Jeder Mensch möchte akzeptiert werden. Jeder Mensch verdient Respekt. Es immer falsch zu hassen, aber es ist niemals falsch zu lieben - das ist das Allerwichtigste. Wenn wir verlernen miteinander zu kommunizieren, Mitgefühl zu zeigen; wenn wir aufhören zu versuchen, uns in eine andere Person hineinzuversetzen und von vorne herein in Denkmustern gefangen bleiben (wollen), dann wird sich unsere Menschheit niemals positiv weiterentwickeln können. Evolutionärer Humanismus in einer säkularen, transkulturellen Gesellschaft ist eine Notwendigkeit - den für überwuchernden Hass ist kein Platz auf dieser Erde.

Ich könnte noch so viel mehr schreiben, will ich auch unbedingt machen und sehe es sogar als eine Art Pflicht - aber für heute möchte ich es dabei belassen, mit jenen paar spontanen Gedanken. Nun würde ich meinen Blog-Post noch gerne mit diesem Video hier beenden, denn -

Liebe ist immer normal (und total real):

Text und Bilder (c) Robert Adler, Blog-Foto (c) Ziv Sade / Madonna

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"If there's one thing I hate, it's hatred itself." - Jean Cocteau

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