102 Jahre Geschichte in Form einer Geschichte:

Ein Mann bewirbt sich bei einer Firma. Der Inhaber stellt freundlich den Arbeitsbereich vor. Der Job selber würde noch nicht so ganz existieren aber die Firma übernähme bei der Einstellung nicht nur die private Krankenversorgung sondern zahlt zudem das doppelte Gehalt, verglichen mit dem Markt. Die Mitarbeiter seien alle freundlich und alle wären wie eine große Familie, behauptet der Mann im schicken roten Anzug. Jeder passt hier auf jeden auf, zwinkert er.

Das alles klingt natürlich großartig und als man fragt ob man sich das Werk aus der Nähe ansehen könnt verzieht der Inhaber das Gesicht und zieht die Vorhänge zu. Ein kurzer Blick offenbart aber eine brennende Halle auf der anderen Seite des Fensters.

Der Inhaber erklärt nun, dass man ja erst am Anfang stünde, das Produkt wäre großartig aber noch recht unerprobt, niemals hat jemand versucht zu tun was sie hier tun werden. Man blickt daher nochmal auf die Stellenanzeige in der steht dass die Firma im Oktober 1917 gegründet wurde.

Auf die damit verbundene Frage verzieht der Inhaber das Gesicht zu einer wütenden Grimasse, das wäre vor seiner Zeit gewesen und seine Vorgänger hätten niemals seine Vision geteilt.

Der Bewerber nickt ihm also zu und fragt nach seiner Vision. Seine Vision sei ein fliegendes Auto das schneller, bequemer und günstiger wäre als normale Autos und noch dazu nur einen Bruchteil des Brennstoffes verbrauchen würde. Genau genommen soll es beim Fahren noch Brennstoff erzeugen. Hier aber zieht der Bewerber eine Anzeige aus dem Mantel auf dem eine Reklame von 1917 zu sehen ist. Auf der Reklame wird ein fliegendes Auto das schneller, bequemer und günstiger wäre als moderne Autos angepriesen.

Ha! Sehen Sie! Ruft nun der Inhaber, von der Spriterzeugnis kein Wort. Es handelt sich daher um eine völlig neue Vision.

Das klingt nicht völlig einleuchtend, aber der Job klingt immer noch gut.

Gäbe es denn nun Bestand auf dem man aufbauen könnte? Nunja, schon, antwortet der Inhaber. Die PR Abteilung ist voll besetzt und hochmotiviert aber jedes Mal wenn man sich an die Umsetzung machen würde, würden haufenweise Techniker und Arbeiter sterben, die Niederlassung in Venezuela, die noch vor wenigen Jahren von der Politik als Hoffnungsträger des fliegenden Autos gelobt wurde, stehe etwa in Flammen.

An dieser Stelle erinnert sich der Mann, dass er sich als Anlagentechniker beworben hatte. Dezent fragt er also wie viele Menschen denn bereits beim Versuch dieses Auto zu bauen zu Tode gekommen sind. Fast unhörbar murmelt der Inhaber etwas von 200 Millionen toten Arbeitern.

Was aber stünde auf der Gegenseite, gäbe es wenigstens einen funktionierenden Prototypen, der Inhaber lächelt und sagt etwas über Venezuela, ehe er sich daran erinnert dass der dortige Prototyp sich ja ebenfalls in einer pilzförmigen Wolke aufgelöst hat. Sein Gesicht verdunkelt sich.

An dieser Stelle springt nun der Bewerber auf und fragt ob das sein Ernst wäre: Kein funktionierender Plan, kein Produkt, keine Erfolge aber Millionen von Toten? Warum in aller Welt sollte man für so eine Firma arbeiten wollen!? Der Inhaber lächelt und drückt einen Knopf.

Zehn schwarz Bekleidete mit roten Armschleifen betreten den Raum und beginnen auf den armen Arbeiter einzuprügeln. Als er wieder das Bewusstsein erlangt findet er sich angekettet an einer halb zerfallenen Werkbank und wird aufgefordert Gold aus Zähnen zu bohren.

spectator.co.uk https://www.spectator.co.uk/2017/05/my-life-in-a-gulag-the-horror-of-stalins-prison-camps/

Hätte er nur auf die Warnungen gehört, denkt sich der arme Arbeiter als er sich umsieht und den miserablen Zustand des Gulag Ges.m.b.H. Werks auf sich wirken lässt. Hätte er sich doch bloß nicht von der wunderbar gearbeiteten Propaganda überzeugen lassen.

Hätte er nur einmal in die Geschichte der Firma geblickt hätte er verstanden dass etwas das nach über 100 Jahren ständigen Probierens nicht funktioniert eventuell einfach nicht erzwungen werden kann.

Eines Tages mag es fliegende Autos geben und eventuell machen die beim Fliegen sogar Treibstoff. Who knows?

Aber wenn sie kommen, dann werden sie ein Resultat des Marktes gewesen sein. Fortschritt wird bekanntlich erarbeitet und kann niemals mit Gewalt erzwungen werden.

Egal ob die PR Abteilung das glauben mag oder aber auch nicht.

5
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Kai-Uwe Lensky

Kai-Uwe Lensky bewertete diesen Eintrag 04.12.2019 07:05:21

Claudia56

Claudia56 bewertete diesen Eintrag 03.12.2019 18:11:47

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 03.12.2019 17:46:48

Bachatero

Bachatero bewertete diesen Eintrag 03.12.2019 15:28:51

Miki

Miki bewertete diesen Eintrag 03.12.2019 08:30:50

29 Kommentare

Mehr von Angus