In der Vergangenheit haben wir uns lang und breit über das politische Zerwürfnis zwischen jenen die meinen wir bräuchten viel Führung und jenen die meinen wir brauchen kaum eine solche oder gar keine. Dabei haben wir festgestellt, dass eine breite Mehrheit der unumstößlichen Überzeugung ist dass es ohne Führung nicht ginge. Heute werden wir uns mit der Frage beschäftigen was die Aufgabe der Führung, also der Politik, überhaupt ist und welche unterschiedlichen Sichtweisen es zu dem Thema gibt.

Auch hier stehen sich wieder zwei große Weltanschauungen gegenüber die sich gegenseitig leidenschaftlich verachten.

Die eine sagt dass der Job der Politik sei uns vor der Welt zu beschützen.

Die andere Seite hingegen sagt die Politik habe die Aufgabe die Welt vor uns zu schützen.

Jeder kennt diese Schulen unter den Namen „Nationalismus“ und „Internationalismus“. Diese Bezeichnungen sind aber nicht ganz korrekt, beziehungsweise greifen sie zu kurz. Die Einstellung die wir heute als „nationalistisch“ bezeichnen gab es lange vor den Nationen und obgleich sich Menschen erst seit der Renaissance als „Kosmopoliten“ bezeichnen sind entsprechende Denkmuster auch schon in antiken Werken feststellbar.

Der Begriff wurde aber schrittweise im 20. Jahrhundert durch den Begriff des „Internationalismus“ verdrängt und „Kosmopolitisch“ gilt heute als nicht mehr als schick in seiner Zielgruppe.

Der fundamentale Unterschied zwischen Nationalisten und ihren „weltmännischen“ Gegenstücken ist aber eben wie der Job der Politiker gesehen wird.

Für den Nationalisten ist klar dass der Politiker, der ja mit seinem Steuergeld finanziert wird, dafür da ist zu tun was der Bürger möchte (demokratisch nationalistischer Ansatz) oder das zu tun das für den Bürger gut ist (autoritär nationalistischer Ansatz). Der Demokrat will einen Vertreter, der Autoritäre einen Führer.

Der Internationalist hingegen erwartet dass der Politiker nicht sein Denken an der eigenen Landesgrenze beendet sondern das große Bild sieht. Auch hier finden wir zwei Ansätze. Für den einen ist der Job des Politikers ein weltweites Utopia zu schaffen in dem jeder gut leben kann (humanistisch internationalistischer Ansatz) oder aber die Welt vor der Zerstörung des Menschen zu schützen und dafür zu sorgen dass der Mensch Ökosysteme nicht zerstört (ökologisch internationalistischer Ansatz). Keiner von beiden will einen Vertreter, beide wollen eine Führung die tut „was gut ist“ nicht was das Volk möchte ("die Leute wissen ja nicht was gut für sie ist" ).

Natürlich sind Mischformen feststellbar, etwa die Ansicht dass die Politiker im eigenen Land dafür sorgen sollen dass die eigenen Wälder erhalten bleiben, man aber kein echtes Problem damit hat wenn in Madagaskar Wälder zerstört werden. Gleichzeitig finden sich unzählige Untergruppen in jeder der größeren Gruppen.

Es gilt an der Stelle festzustellen dass all diesen Ideen der libertäre Ansatz entgegensteht der besagt dass wir gar keine (oder sehr wenig) Führung bräuchten und weder die Armen, die Natur, die Nationen, das Volk oder sonst jemand gerettet werden müsse. Aus Sicht des Libertären sind daher alle anderen Ansätze per se autoritär und damit problematisch.

Fakt ist aber dass die Idee dass wir Führung brauchen, um irgendwas zu tun, eine breite Mehrheit besitzt. Wie aber bereits dargelegt findet sich nur im demokratischen Flügel die Idee dass der Politiker umsetzen soll was der Bürger möchte, alle anderen wollen dass der Politiker „das Richtige“ tut, im Zweifelsfall gegen den Willen der Mehrheit.

Das Dilemma ist aber offensichtlich: der Politiker ist kein Gott sondern einfach nur ein Mitbürger der sich eben wählen hat lassen. Die Idee dass diese gewählten Mitbürger fähiger sind weitreichende gute Entscheidungen zu treffen als die ungewählten Mitbürger ist erstaunlich, wenn man die Lebensläufe unserer Politiker liest. Die meisten Personen würden "Minister" nicht einmal als Hilfskräfte eingestellt werden, dennoch setzen die gleichen Personen die so eine Person im freien Markt ablehnen würde, ihre ganze Hoffnung in diese.

Das erscheint eigenartig.

Diese Widersprüche legen nahe dass sowohl der Nationalismus als auch der Internationalismus heute fast schon Ersatzreligionen geworden sind. Man hofft auf übermenschliche Führung und übermenschliche Intervention und erhofft sich Erlösung von dem Bösen und ein Paradies auf Erden.

Es erscheint aber die Politik sei in dem Bezug noch unfähiger als die Götter, denn anstatt der Götter die einfach nichts taten sehen wir dass die größten Katastrophen in unserer Geschichte von Politikern ausgelöst wurden die irgendwelche noble Ziele vorschoben.

Es ist nicht so dass es nicht schön wäre wenn unsere Politiker das könnten was sie vorgeben zu können.

Sei das im Wohle des Volkes zu agieren, das umzusetzen das wir wollen, die Natur zu schützen oder ein Utopia zu erschaffen.

Fakt ist aber dass sie es nicht konnten, nicht können und es keinen Grund gibt anzunehmen dass sie es jemals können werden.

Die ewige Rangelei um die Frage „wer uns führen soll“ ("Parteienpolitik" ) müsste daher dringend um die Frage erweitert werden ob es überhaupt Leute auf der Welt gibt die das können was ihre Anhänger von ihnen erwarten?

Und ich denke die Antwort lautet, traurigerweise, nein.

markus gull https://www.markusgull.com/warum-verwechseln-viele-politiker-ihren-job-mit-storytelling/

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Claudia56

Claudia56 bewertete diesen Eintrag 17.05.2021 11:29:32

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