Aktien sind für den Europäer ein Mysterium. Aktien gibt es (in einer regulierten Form) in Österreich seit 1771 und aktuell bilden Aktien etwa 8% des Sparvermögens. Sprich der Ottonormalösterreicher hat keine Aktien und jene die Wertpapiere haben lassen sie für sich managen, ohne zu verstehen, was eine Aktie eigentlich repräsentiert.
Und hier kommt die Krux an der Sache: die Aktie an und für sich ist die Erfüllung einer der Kernforderungen des Sozialismus. Marx selber beschreib den „historische Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel“ (Karl Marx, MEW Band 23, S. 742 (Kapital Band I)) als die Quelle modernen Übels. Die Idee sei, dass der Arbeiter mit seinem Produkt und dessen Wertschöpfung verbunden sein müsse. Da in der sozialistischen Theorie Kapital auch nur ein Produktionsmittel darstellt umfasst das den Wertschöpfungsprozess, Handel und Investitionen.
An der Stelle gilt es zu verstehen, was eine Aktie ist.
Stellen wir uns (in unserem extrem vereinfachten Beispiel) vor Hans gründet eine Firma. Er selbst kann 50 000€ zusammenkratzen und die Bank borgt ihn 200 000€. Damit kauft er eine Maschine und beginnt zu arbeiten. Nach 15 Jahren ist die Firma deutlich gewachsen und ein Teil der Schulden ist zurückgezahlt, seine Firma hat nun einen Wert von etwa einer Million € aber Hans sieht eine Möglichkeit viel mehr Geld zu machen, allerdings braucht er dafür einen Haufen Geld.
Er steht nun vor drei Möglichkeiten.
a) Er macht weiter wie bisher und nutzt die Chance nicht
b) Er borgt sich Geld von der Bank
c) Er geht an die Börse
Punkte a) und b) bedürfen keiner Erklärung, Punkt c) hingegen interessiert uns heute.
Was Hans in Punkt c) tut ist einen Teil seiner Firma defakto zu verkaufen. Dazu spaltet er seine Firma auf 100 000 Aktien auf, behält davon 70 000 und verkauft die anderen 30 000. Da die Firma im Moment genau eine Million wert ist, wäre die Schlussfolgerung, dass er mit 300 000€ rechnen können im ersten Moment durchaus vernünftig, auch wenn sie falsch ist.
Der Investor sieht sich nicht den Wert im Hier und Jetzt an sondern die Geschichte und sieht eine Firma die in 15 Jahren aus 250 000€ eine Million gemacht hat, also jedes Jahr um 10% (auf Zinseszins achten!) gewachsen ist. Entsprechend spekuliert er nun, dass die Firma weiterwachsen wird.
Der Investor vermutet also dass seine Investition in einem Jahr um 10% mehr wert sein wird und bewertet die Aktie entsprechend. Was dann folgt ist im Wesentlichen eine Versteigerung: jene welche am meisten bieten (ie: die Optimistischten) bekommen die Aktien. Das bedeutet jeder Aktionär ist Teilhaber der Firma.
Was passiert nun mit den Gewinnen? Früher konnte Hans die Gewinne selber investieren oder einstreichen, jetzt muss er das mit den anderen Besitzern absprechen. Jedes Jahr wird ein Teil der Gewinne investiert, damit die Firma wächst, was üblicherweise den Wert der Aktie erhöht und ein anderer Teil wird als Geld ausgeschüttet.
Die Entscheidung trifft der Aufsichtsrat in dem Hans eine Mehrheit hat. Wenn er aber keine Gewinne ausschüttet, bekommt er auch kein Geld.
Und hier kommen unsere Geschichten endlich zusammen: man stelle sich vor die Aktien sind in der Hand der Arbeiter.
Wenn die Arbeiter Aktien kaufen sind sie plötzlich viel stärker mit dem Produkt, der Wertschöpfung und so weiter verbunden und jeder Arbeiter kann das in einer AG tun, er muss nur einen Teil seines Gehaltes in Aktien umwandeln und ist sofort Miteigentümer und damit Inhaber eines Teils der Produktionsmittel.
Und im nächsten Schritt fällt das Kartenhaus der sozialistischen Philosophie dann vor unseren Augen in sich zusammen, denn genau diese Ideen hatten schon andere.
Die Voestalpine gibt ihren Arbeitern, ob sie wollen oder nicht, Aktien als Teil ihrer Entlohnung. Aktuell halten 26 5000 Mitarbeiter rund 25,5 Millionen Aktien. Das Problem ist, dass, vor allem im Arbeitersegment, diese Aktien sehr rasch verkauft werden.
Was zeigt uns das? Es zeigt uns, dass wenn man Menschen die Produktionsmittel gibt, sie die Dinger bei der ersten Gelegenheit verkaufen und diese Gelegenheit von Menschen genutzt wird die langfristig planen.
Sprich der Verkäufer verkauft die Aktie ja nur weil er denkt, dass das Geld dass er dafür bekommt mehr wert ist also die Aktie, wohingegen der Käufer denkt dass die Aktie mehr wert ist als das Geld das er dafür zahlt.
Der Wert der Aktie ergibt sich aus diesen beiden Überlegungen (Angebot und Nachfrage). Sprich wenn der Aktienwert hinunter geht, denkt der Hivemind, dass die Firma schlecht läuft, deswegen ist für das Management der Aktienkurs so wichtig, denn wenn es runter geht, impliziert das, dass sie ihren Job schlecht machen und das (unausweichliche) Ende näher rückt, wohingegen steigende Kurse implizieren, dass die Käufer das Ende der Firma in weiter Ferne sehen, was bedeutet die am Ruder machen es gut.
Aktien sind die einfachste Möglichkeit die Produktionsmittel auf die Arbeiter zu verteilen und genau deswegen hasst der Sozialist sie so sehr, weil sie uns zeigen, was dann passiert: die Arbeiter nutzen nicht die damit verbundene Macht, sondern verwandeln sie in einen Urlaub auf den Malediven.
Zwingt man sie die Anteile zu halten, jammern sie, dass sie lieber mehr Geld hätten und nutzen ihre Mitbestimmungsmacht nicht sonderlich clever, sondern übergeben diese Macht irgendwelchen Menschen, die versprechen sich für sie einzusetzen und sich dann an dieser Gutgläubigkeit bereichern.
Das Problem ist nicht Kapital, nicht Handel oder zu wenig Autorität, das Problem ist, dass Menschen mit einer kurzsichtigen Lebensphilosophie („Was ich hab, hab ich“) nicht in die Zukunft investieren können von jene die es können und den Zinseszins verstehen („10% von 100 sind zwar nur um 10 im ersten Jahr aber 34 im zehnten und 144 im dreizigsten Jahr“) immer überholt werden.
Nicht weil sie unfair sind, sondern weil die einen das Jetzt über das Übermorgen stellen und die anderen das Gegenteil tun.
Würden wir alle Firmen in Aktiengesellschaften umwandeln und würden wir alle Teile „fair“ auf die Arbeiter verteilen, hätten in wenigen Jahren wieder wenige so gut wie alle Aktien.
Und wenn man es nicht mit Akten macht, sondern mit Komitees konzentriert sich die Sache genauso schnell, wie man in jedem sozialistischen Land sehen konnte und kann.
Aktien sind erstaunlich kommunistisch, als dass was passieren sollte, zumindest wenn man sozialistische Denkmustern anwendet, nicht das ist was passiert.
Und das Resultat ist blinder Hass und heilige Ignoranz auf ein Werkzeug, das realisieren könnte, was der Sozialismus versprochen hat.
Und das ist entweder tragisch oder verflixt komisch.