Geht es nach Menschen wie Ben Schott sollten Konzerne Nationen gleichgestellt werden. Die Logik dahinter ist nicht völlig absurd, besitzen doch viele Firmen mehr Macht als so manche Nation.
Die Idee unterminiert damit natürlich vollständig die Idee der Nation. Und genau darum geht es am Ende auch.
Die Nationen sind den Konzernen ein Dorn im Auge, mit all ihren Regulationen und Gesetzen. Entitäten wie Facebook wäre es deutlich lieber, dass ihre AGBs die Gesetze der Nationen übertrumpfen, anstatt anders herum.
Die Propagandamaschine gegen die Idee der Nation läuft ohnehin auf Hochtouren und die Nationen selber tun ihr Möglichstes um diesen Prozess zu beschleunigen. Mehr und mehr Entitäten entscheiden sich die Richtlinien der Nationen ohnehin völlig zu ignorieren. In den USA etwa entscheiden sich manche Städte illegale Einwanderer nicht auszuweisen und andere vollziehen nicht die verordneten Pandemiemaßnahmen. Wenn jeder tut was er will, wozu braucht man dann noch Regierungen und Gesetze?
Historisch ist das der Punkt an dem Entitäten eben in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Es gilt sich dabei in Erinnerung zu rufen, dass das römische Imperium niemals gesagt hat „uns gibt’s nicht mehr“, im Gegenteil, die Stadt Rom schreibt noch immer SPQR auf ihre Kanaldeckel. Rom hat nicht aufgehört zu existieren, es ist nur völlig bedeutungslos geworden.
Wir sehen genau so eine Tendenz im Moment, vorwiegend in dem Fakt dass die Megakonzerne sich eben nicht mehr um die Regeln der Nationen kümmern auf deren Boden ihre Werke stehen, am prominentesten findet sich dieses Faktum in dem Umstand dass diese Firmen faktisch keine Steuern zahlen, Gesetze brechen und dann die Strafen aus der Handkasse zahlen, so sie sie zahlen.
Der Grund dafür ist in der Natur der Nation, und damit dem Grund ihrer aktuellen Schwäche, zu finden. Die Idee der Nation ist dass ein „Volk“ anrecht auf Selbstverwaltung hätte. Diese Idee ist relativ neu. Früher herrschte der mit den größten Knüppel über so viele Menschen wie er konnte und wer diese Leute waren, war ihm egal.
Die Idee einer gemeinsamen Identität blühte als die Monarchie starb. Die resultierenden Nationalstaaten waren also an ihre Völker gebunden: Frankreich war das Land der Franzosen und Spanien das Land der Spanier.
Das ist heute nicht mehr der Fall.
In Deutschland leben nicht mehr „die Deutschen“ sondern Menschen aus allen Ländern, mit einem Haufen Identitäten. Die schwedische Identität ist noch da, aber definiert Schweden nicht mehr.
Die Unterminierung der Nation ist zum Teil passiert und zum Teil bewusst herbeigeführt, vorwiegend von Menschen die dachten dass eine weltweite Union kommen würde wenn die Nationen verschwinden würden. Das scheint aber nicht zu passieren.
Die Erben der Nation sind scheinbar die Konzerne.
Es ist absehbar dass in naher Zukunft die Mitarbeiter von Amazon in Amazonwohnungen wohnen, bei Amazon ihr Essen kaufen, ihre Kinder in Amazonschulen schicken um sie auf ein Leben als Amazonmitarbeiter vorzubereiten.
Man macht eventuell mal Urlaub in einem anderen Konzern oder gar im konzernlosen Gebiet, aber für den Alltag wird es nicht mehr nötig sein das Konzerngebiet (das auf der ganzen Welt ist. Man ist mal in Amerika und mal in Asien, aber immer auf dem Boden von Amazon) zu verlassen, genau wie es vor 20 Jahren nicht nötig war sein Land zu verlassen. Der Reisepass wird unbedeutend, seinen Platz nimmt die Magnetkarte ein mit der man den Konzern betritt. Und für diejenigen mit einem Job im Konzern stellt das vermutlich sogar nichteinmal ein Verschlechterung dar. Vermutlich sogar eher eine Verbesserung.
Ist so eine Zukunft unvermeidbar?
Nicht wirklich. Die Nation ist noch nicht tot, muss sich aber einen neuen Zweck geben.
Solange es keinen klaren Unterschied zwischen Frankreich, Deutschland und Schweden gibt, so lange werden die Nationen sterben. Erst wenn klar wird für was diese Dinge stehen, können sie eine Wiedergeburt vollzeihen. Die Volksnation ist aber am Ende, an ihrer Statt werden entweder die Ideennationen kommen oder aber die Konzerne.
Die glorreiche vereinte Weltregierung aber wird es nicht sein und für Menschen, für die die Konzerne keine Verwendung haben, sieht die Zukunft eher düster aus.
bloomberg.com https://www.bloomberg.com/opinion/articles/2021-10-03/give-amazon-and-facebook-a-seat-at-the-united-nations