David Starkley ist ein Mann der Kontroverse. Seine Dissertation in Geschichte verfasste er nicht, wie alle anderen in den 60iger Jahren, über die britische Laborparty, Klassenkampf oder den Arbeiter an und für sich sondern über die Aristokratie, angeblich mit den Worten „Am Ende des Tages ist das die einzig relevante Gruppe in der Gesellschaft“.
Obgleich ich ihm oftmals widerspreche brachte er einen Punkt vor der kaum abzustreiten ist: Die Elite, obgleich an den Hebeln der Macht, wandelt über einen bodenlosen Abgrund, ohne Sicherheitsnetz auf einem Teppich aus Blumen.
Je nach Gesellschaftsform ist die Elite eine andere Gruppe. Auch zwischen Edelleuten gibt es Hierarchien und der niederste Adelige zählt nichts wenn niemand da ist der weniger wert ist als er, am Ball des Königs ist er der arme Schlucker.
In einer globalisierten Welt definiert sich das oberste Prozent, die Elite, über Kaufkraft. Jeder mit Einkünften von mehr als 25000€ im Jahr (vor Steuer) ist Teil dieses einen Prozents. Wir sind dieses eine Prozent und wir wandeln auf Blumen über einen verflixt tiefen Abgrund.
Die Tragödie ist, dass wir den Abgrund nicht sehen können. Wir sehen einen wunderschönen Boden, weich, zart, angenehm mit aufsteigendem Blumenduft bei jedem Schritt.
Schüler der Geschichte schauen zurück und erkennen im Weg der hinter uns liegt gewaltige Löcher in diesem Boden, Löcher die den Abgrund sichtbar machen. Menschen die an der Vergangenheit nicht interessiert sind, sehen das natürlich nicht. Solche Menschen können den Abgrund nur wahrnehmen wenn sie ihn selbst erleben.
Die aktuelle Krise ist genau so ein Fall. Wir sind mit einem Fuß durch den Blumenteppich gebrochen und fühlen die bodenlose Tiefe unter uns: Knappheit, Unsicherheit, das Unbekannte. Wir sind dabei den Fuß aus dem Loch zu ziehen aber das Herz schlägt höher. Wer es wagt einen Blick in den Abgrund zu werfen, einen Blick dorthin wo wir wären wenn die aktuelle Krise auch nur doppelt so schlimm wäre, hat einen Schock fürs Leben. Das sind die Erfahrungen die Ansichten ändern.
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Der Abgrund ist eine Sache die man erleben muss. Der Blick von einem Boot ins tiefe Meer ist Nichts das man sich vorstellen kann, nichts das Bilder vermitteln können, nichts dass man erklären kann. Man muss selber am Rand des Bootes stehen und in die Tiefe blicken, diese schwarze unsäglich Tiefe und sich dann seinen Ängsten stellen.
Hier wird einem Bewusst dass der Abgrund nicht zu besiegen ist. Man kann nur alles Mögliche tun um wieder raus zu kommen oder erst gar nicht rein zu fallen.
Unser Boden aus Blumen trägt uns, für den Moment jedenfalls. Aber nur wenn wir sorgfältig gehen und wissen, nicht glauben und vermuten, sondern wissen dass vor uns immer wieder Stellen sind die nicht halten werden.
Nur wenn wir vorsichtig gehen und Vorsichtsmaßnahmen treffen, können wir bestehen. Fallen wir aber durch den Boden wird die Realität offensichtlich: der Rest der Menschen wandelt über den gleichen Abgrund, auf morschen Brücken und vermoderten Seilen.
Stabilität und Sicherheit ist eine Illusion.
Diese Illusion verliert gerade Macht und das ist eine gute Sache.