Einer der härtesten Arbeiten ist es sich mit Ideen zu beschäftigen, die aus Köpfen stammen die man nicht mag. Der Begriff der Anarchotyrannei stammt aus einer Ecke mit der ich nicht viel anfangen kann, aus einem Kopf den ich fürchterlich finde. Aber das beschrieben Prinzip macht durchaus Sinn. Wenn auch in einem anderen als der ursprüngliche Autor meinte.
Die Grundidee eines anarchotyrannischen Systems ist es Kriminalität weitgehend gewähren zu lassen, die unbescholtenen Bürger aber ins Visier zu nehmen.
( “we refuse to control real criminals (that’s the anarchy) so we control the innocent (that’s the tyranny).” )
Das führt zu einer Verunsicherung der Bürger. Der Bürger hat Angst Opfer eines Verbrechens zu werden und er hat Angst vor den Konsequenzen dieses Verbrechen zu melden, da der Staatsapparat eventuell die Meldung des Verbrechens kriminalisiert, Stichwort „Hate crime“.
Dies führt zu einer unheimlich einfach zu führenden Bevölkerung. Der Bürger geht mit gesenktem Kopf zur Arbeit, verrichtet seine Arbeit ohne mit jemandem zu reden, rast den schnellsten Weg nach Hause und geht nicht mehr zur Türe wenn sie klingelt. Man bleibt eben unter sich und hofft dass man nicht auffällt. Wenn was passiert, schaut man lieber weg. Nur nicht anecken.
Hier zu Lande kennen wir dieses Verhalten aus der Biedermeier Zeit. Das Biedermeier war ein Resultat massiver staatlicher Unterdrückung und insofern erfolgreich, als dass es demokratische Revolutionen erfolgreich vermied. Der Bürger beschäftigte sich nicht mehr mit brandheißen Themen, sondern mit Kunst und Kultur, vermied jede Kritik an der Regierung und beschränkte sich darauf zuhause über geschickt verflochtene Parodien zu schmunzeln. Mehr war nicht drin.
Die Eleganz der Anrchotyrannei gegenüber dem System Biedermeier aber ist, dass ein nicht unwesentlicher Teil der systematischen Unterdrückung nicht vom Staat ausgeht, sondern von Gruppen die der Staat selber offiziell als kriminell einstuft und (wenn auch nur am Papier) bekämpft. Wird die Kritik zu groß, opfert man eben ein paar Bauern und verlautbart für Monate diesen Erfolg im Kampf gegen die Kriminalität. Der Staat kann sich damit vom Vorwurf des unterdrückenden Regimes reinwaschen.
Hierzu sei auch erwähnt dass Gruppen die gestern davon profitieren, morgen schon wieder der Feind sein können. Tatsächlich ist so eine Rotation der Schlägertruppe sogar notwendig. Die rot schwarze Flagge wird nicht ewig ein Freifahrsschein bleiben. Der Rückenwind kann in Sekunden zu einem grausamen Gegenwind werden.
Es ist verständlich warum jedes Establishment diesen Zustand als erstrebenswert erachtet. Wir erleben im Moment eine Situation in der diese Wahnvorstellung eines Wahnsinnigen plötzlich beginnt Sinn zu machen.
Kriminelle die nach kriminellen Taten freigesprochen werden, zu kritisieren ist plötzlich in Teilen der Welt wieder ein Verbrechen. Man sei rassistisch, religiösophob oder schlicht ein schlechter Mensch. Besonders drastisch wird das wenn man es wagt darauf zu verweisen dass Justizia nicht mehr so blind und unparteiisch ist wie sie einmal war. Kritik an der Macht wird kriminalisiert, kriminelle Handlungen hingegen werden verharmlost, erklärt und normalisiert. Man hat sich eben damit abzufinden. Es ist eben 2018.
Die Frage die sich stellt ist ob das Chaos das wir in Europa beobachten Resultat eines solchen Masterplans ist, oder doch nur das Resultat völlig unqualifizierter Menschen die von uns an die Hebel der Macht gesetzt wurden.
Ich tendiere zu Option zwei und sehe Hoffnung.
Ich mag mich aber irren.