Der Coronaumstand zeigt wieder einmal wie polarisiert unsere Gesellschaft ist. Entweder man ist für etwas oder man ist gegen etwas. Wieder verläuft die Bruchlinie zwischen Rechts und Links. Dieses Rechts und Links hat aber mit politisch rechts und politisch links scheinbar nicht mehr so viel zu tun.
Wenn wir davon reden dass „die Linken“ irgendetwas wollen oder „die Rechten“ etwas sagen, dann sprechen wir heute üblicherweise von zwei Seiten in einem Kulturkampf aber nicht wirklich von politischen Ansichten.
Die Absurdität demonstriert der Umstand dass die Aussage „Ich will dass meine schwulen Freunde Waffen besitzen dürfen um ihre Marihuana Pflanzen zu verteidigen“ heute als ein rechter Standpunkt verstanden wird und die Ansicht dass Geheimdienste eine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen im linken Flügel als akzeptabel gelten.
Zwei Positionen die aus politischer Sicht auf der jeweils anderen Seite sein müssten.
Die Trennlinie verläuft also nicht an echten politischen Grenzen oder Überzeugungen sondern vielmehr zwischen unterschiedlichen Weltbildern.
Der kulturell linke Flügel nimmt hierbei die Position ein, dass die Welt voller fürchterlicher Dinge ist die es auszuschalten oder einzudämmen gilt. Alles was uns eine Gänsehaut über den Rücken laufen lässt oder aber irgendjemanden laufen lassen könnte muss ausgeschalten werden. Sind alle diese fürchterlichen Dinge einmal aus der Welt geschaffen bleibt nur noch übrig was jeden glücklich macht und genau das führt dann zu einer idealen Welt und Gesellschaft, zu einer Welt in der wir alle Menschen sind, alle vereint, alle glücklich.
Das Mittel zu Identifikation der Probleme ist hierbei das Gefühl: was jemanden unglücklich macht muss weg.
Der kulturell rechte Flügel sieht die Welt von der anderen Seite. Er akzeptiert dass es Dinge gibt die wir mögen, Dinge die uns egal sind und Dinge die wir lieben. Statt die fürchterlichen Dinge allesamt auszurotten ist der Fokus auf dieser Seite auf den Dingen die wir mögen. Diese wenigen Dinge gilt es zu konservieren, zu schützen und zu verteidigen. Hierbei reicht es dem kulturellen Rechten aber Dinge die er ablehnt einfach von den Dingen die er schätzt fern zu halten, er muss das „Schlechte“ nicht auslöschen um zufrieden zu sein und er akzeptiert dass das was den einen glücklich macht einen anderen unglücklich machen kann. Das Resultat ist eine Welt voller Grenzen zwischen sehr unterschiedlichen Gruppen. Die Reiberein an den Grenzen dieser Kulturen wird als unumgänglich akzeptiert.
Das Mittel zur Identifikation der Lösungen ist hierbei der Verstand: wenn sich genügend Menschen finden die nach einem gewissen Set an Gesetzen und Regeln leben möchten dann sollen sie das tun, abgesondert von denen die anders leben wollen.
Der Konflikt zwischen Links und Rechts ist der Konflikt zwischen Herz und Hirn und genau jene die eher ausgewogen zwischen Verstand und Gefühl handeln finden sich rasch zwischen den Fronten und unter Beschuss von beiden Seiten. Es ist fast unmöglich nicht Stellung zu beziehen und oftmals führt Gruppenzwang dazu Position auf der Seite zu beziehen die einem gar nicht wirklich entspricht.
Die Bedeutung der Worte „Links“ und „Rechts“ hat sich in den letzten 20 Jahren drastisch gewandelt und der Versuch unsere alten, rationalen, Definitionen anzuwenden ist im Jahre 2020 für sich bereits rechts. Ein Problem logisch zu zerlegen ist rechts, sich einzufühlen ist links. Basta.
Dieser Konflikt ist mit Sicherheit nicht neu und manifestierte sich in der Vergangenheit anders. Wichtig ist zu verstehen warum die beiden Seiten auf keinen grünen Zweig kommen und immer weiter voneinander wegdriften. Das liegt nicht daran dass wir wirklich unterschiedliche Dinge wollen sondern vielmehr dass wir die Welt, auf einer fundamentalen Ebene, völlig unterschiedlich sehen.
Neil Kumar https://www.reckonin.com/neil-kumar