Acht von zehn Personen die das Wort „Faschismus“ benutzen haben von dem Begriff nur sehr bedingt Ahnung. Was sie wissen ist das es ein System war das ein unbegabter Maler aus Österreich nutzte um in Deutschland an die Macht zu kommen und in der Folge Millionen Menschen starben bis sie in Stalingrad und der Normandie eines auf die Nase bekamen und den Krieg verloren.
Man weiß auch dass sie "die Bösen" waren, kennt die Ikonographie und hält seither Ausschau ob man irgendwo entsprechende Symbole sieht.
Das ist aber nicht der richtige Ort um nachzusehen ob der Faschist wieder auf dem Vormarsch ist. Klüger wäre es zu sehen was die Mächtigen so tun und was damals getan wurde.
Faschismus ist eine tückische Sache. Es gibt kein faschistisches Manifest.
Das hat einen guten Grund: die Architekten des Faschismus erkannten dass sich Bewegungen mit Manifesten wunderbar durch eben genau diese Werke angreifbar machten. Man zog etwa das kommunistische Manifest heraus und zeigte auf irgendeinen Satz und konnte man diesen Satz widerlegen, hatte man einen Punkt gemacht. Der Faschismus ging einen anderen Weg, alles drehte sich um Emotionen. Es galt kein Manifest zu erfüllen sondern „das Richtige zu tun“. Was das genau war und ob es morgen genau das Gegenteil von dem ist was es gestern war, war dabei völlig unerheblich.
Die faschistische Politik hat keine Prinzipien sondern tut was auch immer ihr gefällt und was immer sie tut ist gut und wenn jemand etwas anders sagt dann ist derjenige schlecht und wird weggeräumt und unter welcher Flagge sie das tun ist ihnen im Grunde völlig Schnuppe.
Ein anderer zentraler Punkt ist die Art und Weise wie die Wirtschaft und die Politik ineinander griffen. In einem idealen demokratischen System limitiert die Politik die Macht der Wirtschaft und eine Verfassung limitiert die Macht der Politik. Da jeder dieser Akteure gerne mehr Macht haben möchte versucht die Wirtschaft die Politik zu lenken und die Politik versucht an der Verfassung vorbei zu kommen oder sie zu ändern.
Im Faschismus koordinieren sich diese Anstrengungen. Die Wirtschaft mischt sich aktiv in die Politik ein und die Politik gestattet das relativ offen. Gesetze werden erlassen die offiziell der Wirtschaft helfen, tatsächlich aber dem Wohl der Bonzen und Konzerne dienen. Diese Gesetze sind fast immer wettbewerblichkeitsfeindlich und helfen nur schon vorhandenen Strukturen. Dazu kommen Staatsaufträge, Förderungen, Subventionen und so weiter die zu einem erheblichen Teil, Abzüglich einiger Alibitransaktionen an die wirklich Bedürftigen, in den Taschen der Superreichen landen.
Als Gegenleistung macht die Wirtschaft Dinge die die Politik nicht machen darf, etwa Menschen schikanieren, auszuspionieren und so weiter. Die eine Hand wäscht die andre, Staat und Konzerne profitieren. Das Volk zahlt die Zeche.
In der Folge passieren Nebeneffekte die wie Haupteffekte wirken können, etwa das Gleichschalten der Medien. Alle großen Medien berichten dass all das was da gerade passiert zum Wohle das Volkes passiert. Das tun sie nicht weil sie das glauben sondern weil sie alle entweder dem Staat oder Superreichen gehören. Die wenigen Ausnahmen werden diskreditiert oder verboten. Dem Volk bleibt nichts mehr als sich zu beugen.
Faschisten gibt es also im Wesentlichen in zwei Geschmacksrichtungen: denen die im Staat sitzen, nach mehr staatlicher Macht gieren und das Volk nur als Steuervieh sehen das es auszubeuten und zu kontrollieren gilt und jene die in der Wirtschaft sitzen die an dieser Ausbeutung direkt profitieren und damit assistieren und vom Staat vorm Wettbewerb geschützt werden. Beide Sorten haben nicht wirklich viel gemeinsam ausser Machthunger und eine Tendenz über Leichen zu gehen. Sonst wären sie ja nicht wo sie sind.
Der progressiv linke Flügel argumentiert dass der ungeregelte Kapitalismus zum Faschismus neigt eben weil Interessensgruppen die Politik manipulieren möchten und Politiker eben nur Menschen sind und jeder Mensch hat nun mal seinen Preis. Lässt man Milliardäre frei agieren, manipulieren sie die Politik.
Der konservativ rechte Flügel hingegen argumentiert dass gerade diese Regulation den Faschismus überhaupt erst möglich macht, denn eine unregulierte Wirtschaft kann eben nicht die Regulierer korrumpieren, weil es keine gibt. Zudem hätten Faschisten gar kein Problem damit sich als "Linke" auszugeben, solange es zu Erfolg führt.
Beide Seiten haben bis zu einem gewissen Grad recht.
Die Frage ist was wir gerade in unserer eigenen Wirtschaft beobachten können?
Sehen wir Koordination von Milliardär und politische Elite?
Nutzt die Politik den Markt um Dinge zu tun die sie nicht tun kann?
Werden Verfassungen überall in der Welt aufgeweicht?
Geht die Anzahl an Bürgerrechten runter und die Anzahl an Staatsrechten nach oben?
Ich denke ja. Ich denke dass wir ein Comeback des faschistischen Systems nicht erleben werden sondern schon erlebt haben und es nur langsam aber sicher klar wird in welcher Situation wir uns befinden.
Mit jedem Tag kommen wir näher an den Punkt an dem man nur noch nicken darf, während die Elite einfach tut was sie tun möchte und die Systeme die uns vor ihnen hätte schützen sollen nur noch sie schützt, nicht aber uns.
Eventuell ist es einfach schon zu spät und Zeit einzusehen dass man ausgetrickst wurde und das Spiel vorbei ist. An der Stelle kann man dann wohl nur noch das Beste draus machen.
Und nicken.