Auch Industrie folgt einem Lebenszyklus. Das Alte stirbt und das Neue nimmt seinen Platz ein. Beides wird stets vom Gejammer der alten Damen begleitet.
Aber fangen wir beim Anfang an.
Die etablierte Spieleindustrie ist seit Jahren von Kündigungswellen betroffen, jedes Jahr schneiden Firmen tiefer ins Fleisch und Jahr für Jahr verkaufen sich die etablierten Titel schlechter, obwohl die Industrie sich doch mehr und mehr der Diversität und Inklusion hingegeben hat. Die Idee dabei ist bestechend simpel: wenn man den Fokus vom typischen Gamer wegnimmt und etwa die Frauen im Spiel nicht mehr sexy, sondern gewöhnlich darstellt, würden mehr Menschen spielen, denn wer will schon einen sexy Avatar spielen, wenn er sich selber im Spiel sehen kann?
Das Problem an der Denkweise ist, dass diese Logik nur für Narzissten wirklich gut funktioniert, für Menschen die sich und ihre Identität als zentral erachten. Für den Rest von uns ist es ok mal als dicker italienischer Klemptner und mal als Indiana Jones Verschnitt mit zwei Pistolen und gigantischem Vorbau herumzuhüpfen. Wichtig ist, dass es halbwegs stimmig ist und der Avatar in die Spielewelt passt. Ob der Avatar zu einem selber passt ist vielen nicht wichtig.
So eine Darstellung kann man aber nur umsetzen, wenn man auf DEI-Richtlinien (und Quoten) pfeifen kann. POCKETPAIR etwa kann das. Der Gründer Takuro Mizobe ist jung und unabhängig und konnte machen was er machen wollte. Im Gegensatz zu den Teams in EA oder Microsoft die sich an Checklisten halten müssen.
Das aktuelle Produkt aus dem Hause pocketpair, Palworld, bricht grad Rekorde über Rekorde und aus allen Ecken des Establishments kommt Geraune. Die Spieleindustrie jammert, dass er „ethablierte Normen“ nicht beachtet, sogar PETA jammert wie fürchterlich es ist, dass man in dem Spiel virtuelle Tierchen mit dem Baseballschläger prügeln kann. Alles Alte jammert und die Jungen kaufen. Das Spiel verkaufte sich in 5 Tagen 7 000 000 mal obwohl das Spiel gerade einmal zu 60% fertiggestellt ist.
Und es ist nicht wirklich verwunderlich. Das Spiel tut was ein Spiel tun sollte: es ist unterhaltsam und an keiner Stelle taucht eine Figur auf die mit erhobenem Zeigefinger auf die reale Welt zeigt und den Spieler auffordert ein besserer Mensch zu werden.
Palworld ist purer Eskapismus.
Man loggt in die Welt ein und kappt jede Verbindung mit der realen Welt. Und das ist etwas das die etablierte Unterhaltungsindustrie verlernt hat zu tun. Wenn ich meine Flimmerkiste aufdrehe will ich von der realen Welt abschalten.
Wenn ich Raumschiffe ansehen möchte dann will ich nicht Parabeln auf rezente Migrationspolitik sehen, sondern Crews von Raumschiffen die Probleme lösen die sich aus der Komplexität ihrer Welt ergeben.
Die Debatte „für was die Borg in unserer Welt stehen“ halte ich für kontraproduktiv. [Borg zu werden] war eine Lösung für eine Kultur und ihre Handlungsweise ist eine Konsequenz aus ihrem Erfolg in ihrer Region des Weltalls und alle anderen im Star Trek Universum müssen eben damit leben dass es diese Lebensweise gibt und sie im Wettbewerb mit ihr stehen. Die Plausbilität dort ist an die REgen dieser fiktiven Welt gebunden, nicht an unsere. Das ist interessant. Die Prallelen mit unserer Welt hingegen sind es nicht so sehr.
Ebenso ist es in Palworld plausibel, dass man einem pikachuartigen Viech auf den Kopf haut, ihn dann in einen Ball stopft und das Vieh dann 2 Sekunden später bereit ist für einen zu kämpfen oder für einen ein Haus zu bauen. Genauso plausibel ist es, dass die Viecher komplexe Tätigkeiten für einen tun können, sobald man sie gefangen hat, in der freien Wildbahn hingegen laufen sie im Wald herum ohne Werkzeuge zu nutzen.
Macht das Sinn? Ja. In der Spielewelt schon.
In unserer nicht. Und das wissen wir.
Hat das Implikationen für die reale Welt? Hat PETA recht, wenn sie denken, dass Kinder jetzt den Nachbarskatzen auf den Kopf klopfen werden und sie versuchen in Bälle zu stopfen? Ich denke nicht. Spieler kennen den Unterschied zwischen einem Pikachu und einer Katze, im Gegensatz zu PETA Mitgliedern die diesen Unterschied nicht verstehen.
Ich denke, dass das die gleiche Angst ist wie die der alten Damen der 90iger die dachten das Metallica Songs Dämonen aus dem Ether beschwören würden und junge Leute zu Statanskultisten machen würde. Ist eben der gleiche Menschenschlag.
Sich dem Gejammer der alten Damen zu beugen bringt nichts.
DEI war nichts anders als der Versuch den alten Damen entgegenzukommen. Das ist der falsche Ansatz. War es früher und wird es immer sein.
Die alten Damen kaufen keine CDs und keine Computerspiele. DEI verkauft nichts und sich nicht an diese Standards zu halten hemmt keine Verkäufe.
Im Gegenteil.
Palworld ist nicht so erfolgreich obwohl es sich nicht an zeitgenössische Regeln und guten Geschmack hält sondern weil es sich über die Befindlichkeiten der Leute die ohnehin niemals eine Kopie kaufen würden aktiv lustig macht, genau wie der Punkrock der 80iger.
Unterhaltung ist etwas das es uns gestattet eine kurze Pause von der realen Welt, mit all ihren echten und eingebildeten Problemen ihrer Bewohner zu machen. Die neuen Werkzeuge im Bereich der Unterhaltungsentwicklung, vorwiegend AI, wird den Markt drastisch verändern.
Sehr zum Leidwesen der alten Damen die Spass eben immer als sehr problematisch empfinden.
polygon https://www.polygon.com/24044337/palworld-1-million-copies-sold-pokemon-clone-xbox-game-pass-steam