Betrachtet man eine Sommerwiese im Zeitraffer sieht man in der Wiese etwas Blinken. Blumen, wie etwa das Gänseblümchen, öffnen und schließen sich über den Tag, allerdings so langsam dass es einfach ist es schlicht zu übersehen. Man kann das überprüfen indem man das Blümchen Zu Mittag und in der Nacht beobachtet: mal ist das Blümchen eben offen und mal geschlossen aber das rhythmische Blinken der Wiese ist für uns, in normaler Geschwindigkeit, schlicht unsichtbar.
Ähnlich ist es mit Geschichte. Liest man etwa römische Geschichte, wie wir es gewohnt sind, liest man von Krieg zu Krieg und muss zu dem Schluss kommen, dass die Antike ständig eine kriegerische Zeit war. Liest man aber von Kaiser zu Kaiser erkennt man dass da Generationen von Ruhe zwischen den großen Kriegen lagen.
Und hier liegt ein Problem das unsere Welt plagt: wir neigen dazu unsere Welt in Normalgeschwindigkeit zu betrachten und die Geschichte in einem extremen Zeitraffer und versuchen diese Dinge gleichzusetzen. Das ist aber wie ein Gänseblümchen zu beobachten und verwundert zu sein warum es nicht blinkt, wo man doch weiß, dass die Dinger blinken, schließlich hat man ja historische Beweise dazu gesehen.
Die Idee dass das moderne Gänseblümchen anders wäre, drängt sich da dem unaufmerksamen Beobachter leider, fälschlicherweise, auf.
Wir befinden uns vermutlich in einer historisch relevanten Zeit aber was rund um uns historisches passiert ist, da wir die Welt eben in Normalgeschwindigkeit betrachten, unsichtbar, obgleich es nachfolgenden Generationen völlig unverständlich sein wird wie wir nicht sehen konnten was auf uns zukommt, schließlich waren die Anzeichen ja alle da.
Genau das verleitet Menschen dazu zu glauben dass wir aus der Geschichte nichts lernen können aber das ist völlig falsch. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich, sie folgt gewissen Mustern und diese Muster sind in der Natur des Menschen begründet und der Mensch, auch wenn das der moderne Mensch noch nie gern hören wollte, hat sich nicht geändert.
Das Zitat „Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe“ ist etwa 4000 Jahre alt und man hört es noch immer, weil Menschen sind wie sie sind und sind wie sie waren.
Pharaonen verwiesen bei Gesetzen darauf dass sie diese Revision durchführten weil die Vorfahren abergläubisch und naiv waren und nicht so rational und erleuchtet wie die jetzt moderne Kultur. Wir schmunzeln. Genaus werden die Leute in 1000 Jahren über uns schmunzeln weil wir dachten wir wären "modern", "rational" und "aufgeklärt".
Um aus der Geschichte zu lernen muss man verstehen was sie ist und was sie nicht ist und ich halte das Beispiel des Gänseblümchens für recht greifbar, für gut verständlich und eventuell sogar für lehrreich.
Es erscheint mitunter so als würden Menschen zumittag ein Gänseblümchen beobachten, sich wundern warum es nicht blinkt und dann plötzlich aufschreien „da! Ich habs gesehen! Es hat geblinkt!“
So erkennen Menschen im Badewetter den Klimawandel, in einer Demonstration die Weltrevolution und in einem regionalen Krieg das Ende der modernen Weltordnung.
Fakt ist aber, dass unser Leben viel zu langsam verläuft als dass wir die Geschichte beobachten können die sich rund um uns entfaltet. Wir können nur die Geschichte der Alten beobachten und versuchen daraus zu lernen.
Unsere Geschichte aber ist frühestens für unsere Enkel verständlich, wenn sie den Zeitraum unseres ganzen Lebens in einem Absatz zusammenfassen werden und sich, wie auch wir im Bezug auf unsere Großeltern, fragen werden warum wir das für sie offensichtliche nicht sehen konnten.