Ian McCollum stellte kürzlich einen interessanten Zusammenhang zwischen Internet und Museum fest. Er selber gilt als Experte im Bereich experimenteller Feuerwaffen und Autor eines der besten Bücher über französische Feuerwaffen.

Seine Beobachtung ist, dass sich das Museum in seiner Bedeutung seit dem Durchsetzen des Internets verändert hat und verändert hätte sich vor allem die Zielgruppe. Das Museum wäre, so McCollum, einstmals ein Ort für den Experten, der etwas Außergewöhnliches sehen wollte, gewesen.

Man fuhr in ein spezielles Museum und informierte sich über ein spezielles Exponat. Nach dem Besuch des Museums wusste man mehr als davor, gleichzeitig war aber der Einstieg in die Materie nicht einfach. Das Museum lieferte keinen sanften Einstieg sondern geballte Information oder aber nur das Exponat. Diese Form der Information war für die Schüler, die in diese alten Gemäuer geworfen wurden, kaum zu verdauen.

Das änderte sich mit dem Internet. Der Platz an dem man die kuriosesten Dinge in absurder Detailstufe betrachten kann ist heute das Internet. Nicht jedes naturkundliche Museum hat die Knochen eines Dimetrodons ausgestellt, aber das Internet liefert Seitenweise Informationen zu dem Tier, Animationen, Spekulationen, Kontroversen, unterschiedliche Ansichten und so weiter und so fort. Ist man am Dimetrodon interessiert geht man nicht mehr ins Museum.

Man geht ins Internet.

Das Museum flüchtete daher in die andere Richtung und machte sich selber attraktiver für die Allgemeinheit. Also dem Laien.

Ein Museum ist heute für ein Kind signifikant interessanter als es das für uns war, und das sage ich als ein Kind das gerne im Museum war. An jeder Ecke gibt es Mitmachstationen, Animationen und einfache Erklärungen. Das kommt aber mit einem Preis. Kennt man sich bereits halbwegs mit der Materie aus ist ein Besuch im Museum nicht sonderlich lohnend, denn die exotischen Artefakte mussten Platz für die Kinderstationen machen.

Das Museum ist heute eher ein 3D Wikipedia Eintrag: gut für einen Einstieg in die Materie aber nichts für den Experten. Hatten die besonderen, exotischen Exponate früher die Chance alle 10 Jahre in einer Ausstellung zu landen, verstauben sie heute in den Stauräumen der Museen. Das Außergewöhnliche ist für den Laien uninteressant. Bei den Dinos will die Allgemeinheit einen Tyrannosaurus sehen, am besten in Form eines Roboters der „Wruhaaa“ macht und bitte ja keine Federn hat, aktuelle Forschung hin oder her, das Vieh soll gefälligst so aussehen wie in Jurassic Park.

Expertenwissen? Unerwünscht. Das Museum ist heute ein Vergnügungspark.

Das alles wäre nicht so tragisch, hätten die Museen nicht all die interessanten Artefakte gebunkert. Ein wesentlicher Teil der Artefakte sind nur noch für den Kurator des Museums zugänglich.

Der selbe Kurator ist überarbeitet und unterbezahlt und hat keine Zeit eine Liste seiner Artefakte zu erstellen. Das führt zu einer Situation in der das Museum auf Schätzen sitzt die es selber nicht kennt.

Ian selber nutzt als Quelle für viele seiner Analysen Exponate aus privaten Sammlungen, denn private Sammler haben oftmals ein Interesse ihre Exponate der Öffentlichkeit zu zeigen. Eine andere Quelle sind Auktionshäuser die die damit verbundene Publicity nutzen die entsprechenden Objekte an den Mann zu bekommen. Museen stellen einen winzigen Teil des Quellmaterials dar und bei weitem nicht den interessantesten.

Auch der Erhaltungsgrad der Artefakte ist oftmals in privaten Sammlungen besser als im Museum. Es stellt sich damit die Frage ob unsere Artefakte in den Händen der Museen wirklich besser aufgehoben sind als in den Händen privater Sammler?

Welchen Wert hat ein Artefakt wenn keiner weiß dass es da ist?

Um den Vorwurf der Privatisierung zu entkräften: alles Gesagte stimmt für private wie auch staatliche Museen.

Das Museum als der Ort des Exotischen ist vermutlich tatsächlich vorbei. Das Museum ist jetzt nicht der finale Ort an dem eine Leidenschaft für ein Gebiet führt sondern eher der Anfang. Früher ein Ort der alten Herren und Damen ist es heute, scheinbar, eher ein Ort für Kinder. Das ist nichts Schlechtes aber es wirft eben die Frage auf was wir mit den exotischen Artefakten tun sollten? Ist noch ein Platz für das klassische Museum? Wäre es eventuell nicht doch besser die exotischen Artefakte in Hände zu legen die sorgsamer und auch großzügiger damit umgehen?

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Matt Elger

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