Liminalität beschreibt den Zustand in dem man nicht mehr ist was man war aber noch nicht ist was man sein wird. Antropologen benutzen, seit der Begriffsschöpfung durch Victor Turner, den Begriff vorwiegend, wenn sie Übergangsrituale beschreiben, etwa den Übergang vom Kind zum Erwachsenen. Viele beobachtete Stämme haben solche Rituale, in manchen wird der alte Name abgelegt und ein neuer angenommen, es findet quasi ein ritualer Tod des alten und eine Geburt des neuen Menschen statt.
Der Initiierte sagt so seinem alten Leben auf Wiedersehen und begrüßt die Zukunft. Der Grund warum so viele Menschengruppen solche Rituale pflegen liegt in den psychologischen Vorteilen etwas zu beenden das vorbei ist.
In der Phase in der man aber in diesem Ritual steckt, ist man aber in einem Zustand der Liminalität: man ist nicht mehr was man war aber man ist noch nicht was man sein wird, man ist im „Limbo“.
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Diese Rituale sind aber nicht etwas das der grauen Vorzeit angehört, sondern ist auch für den modernen Menschen extrem wichtig. Ein Beispiel so eines Rituales ist die Hochzeit. Die Hochzeit ist so wichtig, dass sie etwa für die LGBT Gesellschaft einen zentralen Punkt des Forderungskatalogs darstellte. Der Grund warum das so sein durfte war das Gefühl vieler Menschen im Limbo zu sein, weil man nur quasi-verheiratet war.
Der Wunsch nach dem Ritual in dem der restlichen Gesellschaft verkündet wird, dass man eine Beziehung hat, ist vielen Menschen aus eben genau dem Grund wichtig. Nicht allen, aber eben vielen.
Das Gleiche gilt für das "Coming out", das in manchen Kreisen regelrecht gefeiert wird, vor allem wenn es die Funktion des Initiationsritus erfüllt, man Teil der Gruppe wird.
Liminalität ist etwas in dem sich Menschen nicht wohl fühlen. Bilder von Orten die zwischen Zuständen sind etwa vermitteln etwas unbehagliches, etwa ein Strand an dem noch Badehandtücher liegen aber keine Menschen sind, eine leere Schule, ein leeres Lagerhaus oder die neue Wohnung bevor man sie möbliert hat. Ein Ding das zwei Dinge sein könnte, ist etwas mit dem wir schlecht umgehen können.
Uncomfortable Places / Liminal Spaces https://www.facebook.com/112544703949004/posts/d41d8cd9/224458669424273/
Wir wollen wissen was ein Ding ist, dabei muss man abgrenzen was es war, ist und sein wird.
Daher ist es wichtig das Alte abzuschließen bevor man in das Neue gehen kann. Manchmal ist das aber nicht möglich. Freundschaften werden oft nicht beendet, sie verblassen einfach und zurück bleibt ein unbehagliches Gefühl. Dieses Gefühl ist Liminalität und äußert sich zum Beispiel in dem ambivalenten Gefühl das man hat wenn man von jemanden als „Freund“ spricht mit dem man seit 5 Jahre nicht geredet hat, aber sich das Wort „Bekannter“ noch falscher anfühlt.
Auch im Job ist Liminalität ein bedeutendes Thema, wir kündigen und fangen wo anders an zu arbeiten aber dazwischen ist man im Limbo. Die letzten Wochen nach der Kündigung ist man zwar noch in der alten Firma, aber eben nicht mehr so ganz und wenn man dann neu Firma ist dann ist man noch nicht so wirklich dort. Der Übergang dauert, wird aber durch Rituale beschleunigt, etwa einer Einstandsfeier, einer Rede, dem ritualen Du-Wort anbieten usw.
Aber auch im Kleineren haben wir es mit Liminalität zu tun. Wenn man seinen Computer abdreht und zum Ausgang der Firma trottet ist man zwar noch irgendwie in der Firma aber auch irgendwie nicht. Menschen empfinden etwa den Weg in die Firma eher als etwas das zur Arbeitszeit gehört und den Heimweg eher als Freizeit. Der Weg ist aber eben wieder ein Zwischenzustand.
Beim Homeoffice fällt dieser Übergang, das Pseudoritual des „Aus und Einstempelns“, weg. Man ist nie ganz zuhause und nie ganz in der Arbeit, man ist immer mit einem Bein im Limbo und das fühlt sich nicht gut an.
Die einzige Möglichkeit die Heimarbeit erträglich zu machen ist ein Ritual einzuführen das den einen Zustand von dem anderen Zustand hart trennt, etwa das Diensthandy abzudrehen, wenn die Dienstzeit endet. Man muss sein Leben als Arbeiter hinter sich lassen um Freizeitmensch zu sein. Und umgekehrt.
Die Liminalität dürfte aber eben der Grund sein warum Heimarbeit sich nicht durchsetzt. Es ist ein offenes Geheimnis dass viele Arbeitgeber ihren Mitarbeitern misstrauen und vermuten dass viele in der Arbeitszeit ihre Socken sortieren und Fernsehen, Arbeitnehmer sind aber üblicherweise der Idee von Heimarbeit ebenso skeptisch gegenüber eingestellt, weil sie vermuten dass dann erwartet wird dass sie rund um die Uhr arbeiten sollen.
In anderen Worten: Jeder sieht Heimarbeit skeptisch und jeder aus dem gleichen Grund und dieser Grund scheint eben Liminalität zu sein, das Gefühl dass es weder das eine noch das anders ist sondern etwas Gruseliges dazwischen.
Menschen mögen scharfe Grenzen, sie können etwa nach völlig unterschiedlichen Regeln spielen (Arbeit / Freizeit), sofern klar ist wo die Regeln beginnen und wo sie enden. Fehlt dieser Übergang, entsteht ein mulmiges Gefühl mit dem Menschen im allgemeinen nicht umgehen können.
Versteht man diesen Aspekt der menschlichen Natur, wird klar warum viele Dinge, die am Papier gut klingen, schlicht nicht funktionieren können.