Wir leben in einer, scheinbar, widersprüchlichen Welt. Zwischen Kulturen die fähig, und willens, sind auf den Mond zu fliegen und solchen die lieber steinzeitlich leben, liegen zum Teil nur wenige Kilometer. Zum Teil sind diese Kulturen ineinander verschachtelt.
Die traditionellsten Amish etwa leben auf einem Technologiestand von etwa 1870. Umzingelt sind sie von der USA die auf höchstem technologischen Niveau existieren.
Noch radikaler ist der Gegensatz etwa zu den Sentinelesen, die, mehr oder weniger, zu Indien gehören. Dieser Stamm lebt isoliert auf einem steinzeitlichen Niveau und betreibt strikte Isolation, die auch weitgehend respektiert wird.
Jede Kultur nimmt natürlich für sich in Anspruch die beste Kultur zu sein oder aber ist bestrebt die Beste zu werden. Wer der Meinung ist einer unterlegen Kultur anzugehören, lässt sie üblicherweise zurück und schließt sich einer anderen Kultur an. Wir nennen diese Personen „Migraten“.
Kulturen die sich selber als überlegen ansehen und dennoch ihre angestammten Plätze verlassen um ihre Kultur zu verbreiten nennen wir „Eroberer“.
Diesen Unterschied zu verstehen ist bedeutend.
Wenn eine Technologisch höher stehende Zivilisation sich aufmacht eine unterlegene Gruppe aufzusuchen, mit dem Ziel sie an sich anzugleichen, dann handelt es sich zweifelsohne um einen Eroberungsversuch. Gründe gibt es dafür viele, von blankem Egoismus bis hin zu altruistischen Motivationen.
Oftmals ist es eine Mischung.
Offiziell will man den armen Wilden helfen weil man nicht zusehen kann wie dort die Kinder verhungern, inoffiziell wittert man aber einen Markt für die eigenen Erzeugnisse, sowie billige Ressourcen und Arbeitskräfte.
Es gilt aber zu verstehen dass diese unterschiedlichen Kulturen bis heute auf unterschiedlichen technologischen Ständen existieren weil sie so existieren wollen.
Das zentrale Wort hierbei ist „wollen“.
Als die Römer in Gallien einfielen entschieden sich die Gallier das zu machen was die Römer taten: sie begannen Mauern um ihre Städte zu bauen. Sie taten das nicht weil sie Römer werden wollten, sondern aus genau gegenteiliger Motivation: sie wollten sich vor den Römern verteidigen und das Mittel der Wahl war für sie zu tun was die Römer taten. Ironischerweise ermöglichte das aber den Römern die Eroberung erst recht.
Die Germanen hingegen entschieden sich hingegen dafür wild zu bleiben. Sie bauten keine Häuser aus Stein sondern blieben Wilde. Diese Entscheidung machte es den Römern deutlich schwerer Germania zu erobern. Immer wenn sie ein Dorf eroberten, verschwand die Bevölkerung und bauten neue Hütten, irgendwo im Wald.
Hätten die Germanen die Kapazität gehabt zivilisiert zu werden? Natürlich, aber sie entschieden sich anders und die Geschichte lehrt uns dass diese Entscheidung sogar besser war als die der Gallier.
Ein höherer Grad an Technologie, Zivilisation und oder Struktur ist nicht immer vorteilhaft. Primitivere Kulturen etwa sind deutlich weniger anfällig für Naturkatastrophen, haben geringere Stressfaktoren und sind generell eher glücklicher als ihre zivilisierten Gegenstücke.
Hier stellt sich die Frage ob die Hochkulturen ein Recht darauf haben andere Kulturen zu „entwickeln“ oder ob es sich dabei nicht eben um simple Eroberung handelt. Wie bereits erwähnt denke ich dass diese Frage mit „ja“ beantwortet werden muss.
Vor allem die westliche Welt fährt einen für die restliche Menschheit höchstgradig irritierenden Ansatz. Wir liefern hochtechnologische Produkte, also Trockennahrung, Milchpulver, Impfungen und Solaranlagen usw, in Gebiete auf neolithischer Entwicklungsstufe und suggerieren der Bevölkerung dass sie ein Recht darauf hätten diese Dinge zu besitzen. Diese „Geschenke“ aber kommen mit versteckten Kosten. Die Solaranlage braucht Wartung und die kann der Ansässige nicht selber durchführen. Er braucht also etwas das er eintauschen kann um die Wartung einer Sache zu bezahlen die ihn nicht belasten würde, wenn man sie ihm nicht geschenkt hätte. Das Resultat ist oftmals nicht wirklich eine Verbesserung der Umstände sondern Abhängigkeit.
Das Alles wirft moralische Fragen auf. Vorwiegend aber die Frage ob es moralisch akzeptabel ist eine scheinbar unterlegene Kultur zu zerschlagen und mittels Geschenke zu etwas umzuformen das der eigenen Kultur gleicht.
Kulturen sind nicht gleichwertig. Jede kann das besonders gut, auf das sie Wert legt. Unsere eigenen westlichen Werte, etwa Wissen, Technologie und geringe Kindersterblichkeit, bedeuten für andere Kulturen nicht viel, weil ihre Werte völlig andere sind.
Eine Kultur für die Ehre und Spiritualität im Vordergrund steht erscheint unsere Kultur fürchterlich heruntergekommen, ja gar jämmerlich primitiv und es ist verständlich dass auch diese Kulturen nun Entwicklungshelfer schicken wollen um uns eben auf einen vernünftigen Stand in diesen Dingen zu bringen. Diese Entwicklungshelfer verstehen unseren Widerstand gegen diese Hilfe ebenso wenig wie wir nicht verstehen wollen warum die Sentinelesen keine Impfungen haben wollen.
Kulturen werden andere Kulturen immer als eigenartig und unterlegen ansehen und jeder hat für sich betrachtet damit auch recht. Jede Kultur ist in den Dingen gut die sie schätzt und grottig in den Bereichen für die sie keine Verwendung sieht. Genau das gilt es zu verstehen.
Es ist völlig OK mit der eigenen Kultur zufrieden zu sein, solange man die anderen in Ruhe so sein lässt wie sie eben sind.
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