Es war einmal eine Eselfamilie die seit langer Zeit bei einem Bauern lebten. Schon Großvater Esel lebte in diesem Stall und zog den Karren der Eselfamilie bis er nicht mehr konnte. Dann übernahm seine Tochter und zog den Karren der Familie. Nun aber wurde sie alt und sagte dass es an der Zeit war dass der junge Esel den Karren der Familie ziehen sollte.
Dieser aber war ein störrisches Tier und er sagte
„Ihr habt doch alle einen an der Waffel. Das ist nicht unser Karren! Der Bauer sitzt auf dem Karren und sagt wohin die Reise geht. Es ist sein Karren und wir sind seine Diener“
Mutteresel aber schüttelte den Kopf, „Nein“ sagte sie, „Es ist unser Karren. Wir ziehen ihn und der Bauer benutzt den Karren um unser Futter zu kaufen. Ohne den Bauern und unseren Karren müssten wir verhungern“
„Wie blind kann man sein, um Himmels willen, wie oft holen wir Futter? Einmal im Monat? Die restliche Zeit schleppen wir das Zeug vom Bauern in der Gegend herum. Steine, Korn, Stroh oder seine lärmenden Kinder.“
Wieder schüttelte Mutter Esel ihren Kopf „Aber Kind, so ist das nun mal. Es mag schon sein dass wir ab und an ein wenig für den Bauern arbeiten müssen aber wir haben ja auch etwas davon. Ohne den Bauern gäbs ja kein Futter und ohne Futter müssten wir verhungern“
Der junge Esel aber lachte: „Unser Futter wächst im Boden und überall leben wilde Esel die ganz gut zurecht kommen. Es ist sicher nicht so dass wir den Bauern brauchen. Ich glaube eher der Bauer braucht uns mehr als wir ihn!“
„Jetzt mach aber mal halblang!“ rief da die Mutter „Wir haben schließlich ein Mitspracherecht wer die Peitsche in der Hand hat.
„Ja ja“ Sagte der junge Esel und rollte die Augen. Der Streit führte zu nichts und beide gingen schlafen. Am nächsten Tag war seine Mutter verschwunden, genauso wie einstmals Großvater Esel verschwand.
Ab diesem Zeitpunkt zog der junge Esel den Karren, ob er wollte oder nicht und seine erste Fahrt führte ihn ins Nachbardorf, zum Salamihersteller wo der Bauer einen großen Haufen Fleisch verkaufte.
Der junge Esel gewöhnte sich an sein Schicksal und als es so weit war seinen Karren an seine Tochter weiterzugeben erzählte er ihr die gleichen Lügen die ihm seine Mutter erzählt hat und er sich dann selber. Er erzählte vom Karren der Familie, davon dass sie in Wirklichkeit die Macht hätten und der Bauer für sie großen Nutzen stiften würde. Und er wurde wütend als seine Tochter ihm vor Augen führte dass sein ganzes Weltbild ein einziger Selbstbetrug war.
Aber das machte nichts, denn am Markt fand er immer genügend andere Esel die das gleiche sagten, das Gleiche dachten und das Gleiche glaubten.
Und das brachte ihm Ruhe, mehr Ruhe und mehr Frieden als er als störrischer junger Esel hatte. Und so wurde auch er eines Tages vom Bauern in der Nacht geholt um ein letztes Mal seinen Beitrag zum Wohle aller zu leisten.
Er war zufrieden.
HANNS BOLZ unbekannt