Wir siedeln in Europa Wölfe an. Das tun wir aus einem simplen Grund: wir akzeptieren dass sie zur Natur gehören und eine Rolle in der Natur spielen die wir nicht kompensieren können. Wir dachten wir können es, aber wir können es eben nicht. Die Demut die mit so einer Erkenntnis kommt ist nicht zu unterschätzen und zeugt von Größe.

Aber warum haben wir die Wölfe zuvor ausgerottet? Hätten wir nicht einfach friedlich mit ihnen in Koexistenz leben können?

Die Antwort ist ja, aber.

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Der Mensch war lange Zeit nicht der Apexräuber, der er heute ist. Wir heute können jedes Tier jagen und bis auf Eisbären sieht uns kein anderes Raubtier (mehr) als Beute an.

Das war nicht immer so.

Es ist sogar noch gar nicht solange her dass Wölfe systematisch auf Menschen Jagd gemacht haben, vor allem wenn sich eine günstige Gelegenheit dazu ergab.

Wenn dann also die angekauten Knochen eines Kindes aus dem Dorf gefunden wurden taten wir genau das gleiche das Löwen tun wenn Hyänen eines ihrer Jungen erwischen: sie eliminieren die Bedrohung, sofern möglich. Das Dorf machte sich also auf und tötete einen Haufen Wölfe. Ob das die „Schuldigen“ waren ist dabei egal. Der Wolf ist für sie böse und muss weg.

Ohne Wölfe gibt’s weniger tote Kinder und das ist gut.

Punkt.

Aus.

Basta.

Das Erschlagen des Räubers wird dann, mit sinkender Gefahr für den Jäger, von einer bitteren und gefährlichen Pflicht zu einer Heldentat (die man tut um Reputation zu erhalten, nicht weil sie wirklich dringlich ist) um letztendlich ein Sport, Ritual oder eine Tradition zu werden.

Als es gefühlt nötig war die Wölfe auszurotten, in der Zeit als sie uns wirklich bedroht haben, konnten wir sie nicht ausrotten weil wir eben zu schwach dazu waren. Wir rotteten sie aus als sie keine echte Gefahr mehr für uns darstellen. Und jetzt siedeln wir sie wieder an weil wir wissen dass die Gefahr dass ein Rudel Wölfe ein Kind frisst eben fast gegen Null geht.

Wir haben akzeptiert dass etwas das eine echte Gefahr für uns darstellt eben ein Wesentlicher Teil der Natur ist.

Blöderweise haben wir die Implikation dahinter noch nicht verstanden.

Nachdem wir alle Raubtiere ausgerottet haben machten sich die Menschen auf die Suche nach den anderen Dingen die uns gefährlich werden könnten. Wir begradigten reißende Bäche, legten Sümpfe trocken und setzten alles daran dass die Umwelt sicherer für uns wird. Heute sind wir damit beschäftigt diese Dinge rückzubauen weil wir verstehen dass der reißende Fluss ebenso sein muss wie er ist um das zu tun was er tun soll.

Auch hier kommt langsam Demut auf.

In der aktuellen Phase sind wir mit der Krankheit beschäftigt. Das oberste Ziel der Menschheit war es 2018 noch Krebs zu heilen. Das ist was uns antreibt, nicht der Flug zum Mars, sondern das Heilen von Krebs und die Entschlüsselung der Unsterblichkeit.

2020 hat Corona dann eben Krebs vom Spitzenplatz verdrängt, aber im Wesentlichen dreht es sich um den gleichen Themenkomplex.

Wenn unsere steinzeitlichen Vorfahren mit einem Fingerschnipsen alle Raubtiere wegwünschen hätten können, sie hätten es getan.

Mit fatalen Konsequenzen, wie wir heute wissen. Die Weitsicht die wir heute haben fehlte ihnen.

Könnten wir heute den Tod selber wegschnipsen, wir würden es tun. Mit vermutlich ebenso, wenn nicht schlimmeren, Konsequenzen.

Würde man in die Steinzeit zurückreisen und versuchen dort den Menschen zu erklären dass sie keinen Versuch unternehmen sollten die Wölfe auszurotten, würden die einen für ebenso verrückt erklären wie wenn man heute impliziert dass Krankheiten eine nützliche Rolle spielen.

Wichtiger ist aber dass der Versuche unserer Vorfahren die Wölfe auszurotten erst dann ein Problem wurden als sie die Fähigkeit dazu hatten. Solange sie nur moderate Erfolge vorweisen konnten, war das System noch immer in einer Balance. Das Problem wurde erst dann eklatant als wir Werkzeuge hatten die es einem Zahnarzt gestatteten an einem Abend ein ganzes Rudel Löwen abzuschlachten ohne sich selber auch nur im Ansatz in Gefahr zu bringen.

Unsere Versuche Krankheiten aus der Welt zu schaffen werden also erst ein Problem wenn wir effiziente Werkzeuge dazu entwickelt haben. Und das wird passieren. In Folge dessen wird es irgendwann zu einem Sport exotische Krankheiten zu heilen. Und dann werden plötzlich Konsequenzen sichtbar mit denen wir jetzt nicht rechnen.

Es wird also eine Zeit kommen in denen wir Krankheiten vollständig besiegt haben. Diese Zeit wird vermutlich einer Zeit folgen in denen wir kontrolliert und systematisch wieder Viren und Bakterien „auswildern“ weil es offensichtlich wird wie sehr wir sie brauchen.

Aber diese Zeit liegt in einer fernen Zukunft. Bis dahin tun wir eben was Menschen immer getan haben: wir versuchen die Welt für uns bequemer zu machen und denken über die Konsequenzen erst nach wenn es fast zu spät ist.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 24.02.2021 17:51:14

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