Wo die Zivilisation beginnt ist unklar. Manche definieren den Punkt an der Stelle unserer Geschichte an der wir unsere Kranken versorgten, andere zählen Stockwerke oder Bewohnerzahlen von Städten. Eines ist aber eine Konstante in all diesen Dingen, der Umstand dass Menschen sich spezialisierten müssen um zivilisiert zu sein.
Zivilisation ist Spezialisierung.
Es ist dabei unerheblich ob wir von Menschen sprechen die andere tagelang heilen oder sich darauf spezialisiert haben Häuser zu bauen. Zivilisation beginnt wenn wir uns spezialisieren und damit in Abhängigkeiten begeben. Der Hausbauer musste sich darauf verlassen können, dass der Bauer ihn für seine Arbeit bezahlt.
Aus dieser Notwendigkeit entstehen dann Recht und Richter, aus diesen Könige. Aus den untereinander Abhängigen entstanden Bevölkerungszentren, Dörfer, Städte, Metropolen und Imperien. Jeder Teil war mit einem anderen Teil verbunden und wenn ein Teil brach gab es eine Krise, brachen mehrere kam es zum Zusammenbruch.
Einer dieser Teile war eine gemeinsame Identität.
Wenn man sich als Teil etwas Größeren fühlt, dann ist man bereit in Vorleistung zu gehen. Brannten Räuber das halbe Dorf nieder, dann kam es zu einem von zwei Fällen: die andere Hälfte half oder sie half nicht. Je stärker das „Wir-Gefühl“ war, desto eher half man sich. Eine Ansammlung von Häusern in denen es kein „Wir“ gibt ist aber auch kein Dorf. Man hilft sich nicht, es gibt keine Zivilisation.
Identität kann gewonnen und verloren werden. Am gleichen Ort fühlte sich die eine Generation mal als Kelten, mal als Römer, mal als Österreicher um sich dann, im Falle einiger, wieder als Kelten zu verstehen. Unsere Identität verrät uns mit welcher Gruppe wir uns solidarisch zeigen, wem wir im Zweifelsfall helfen würden und wem nicht, wem wir vertrauen und wem nicht.
Ohne Identität gibt es keine Zivilisation. In der Blühtezeit der Nationalstaaten wurde diese Identität zu einem erheblichen Teil über die nationale Zugehörigkeit erlangt. Diese Zeit ist vorbei. Die multikulturelle Stadt unserer Zeit hat keine gemeinsame Identität sondern ist nur eine geographische Situation. Das „Wir“ entstammt aber nicht der Stadt sondern entstammt Kulturen und Subkulturen. Der Wiener ist nicht in erster Linie Wiener, so wie der Spartaner eben Spartaner war. Er wohnt halt in Wien, ist aber Finne, links, demisexuell, Veganer und Basketballfan. Aus diesen Begriffen wird Identität abgeleitet, nicht aus dem Ort an dem er mit Tausenden von Menschen lebt.
Eine gern übersehene Komponente die auch Identitäten stiftet ist die Arbeit. Wir solidarisieren uns aber hierbei tendenziell mit Menschen die das Gleiche tun wie wir, mehr aber noch mit Menschen die für die gleiche Körperschaft arbeiten: Firmen und Konzernen. „Wir haben Rekordgewinne gemacht“ ist etwas auf das Menschen stolz sind.
Firmen stiften Identitäten und tun damit etwas das früher eher Städte, Imperien und Nationen taten: sie bringen völlig verschiedene Menschen, mit völlig unterschiedlichen Ansichten zusammen und etablieren ein „Wir Gefühl“ zwischen Menschen die sich auf den Tod nicht ausstehen können.
Das ist eine wunderbare Sache, weil es die Frage löst wie man Menschen die sich nicht leiden können dazu bringt zu kooperieren anstatt sich gegenseitig Steine an den Kopf zu werfen. Der Konzern löst diese Frage auch insofern besser als die Nation als dass Konzerne nicht die Möglichkeit besitzen sich gegenseitig zu bombardieren.
So kritisch man Konzerne auch sehen mag, sie stellen, wenigstens in einigen Punkten, eine Verbesserung zur Nation dar. Der Nationalstaat ist am Ende aber an seine Stelle wird keine weltumspannende Nation treten in der wir alle Kumbaya singen, schlicht weil der Globalismus eben nicht wirklich fähig ist ein „wir“ und „die“ zu schaffen ohne dabei gleichzeitig wieder einen Keil in die Gesellschaft zu treiben.
Der Konzern aber schafft es genau das zu tun und genau daher gehört ihm die nähere Zukunft, so lange jedenfalls bis wie einen besseren Weg gefunden haben Menschen, die sich nicht leiden können, dazu zu bringen am gleichen Strang zu ziehen.
3minutencoach.com https://www.3minutencoach.com/whats-in-it-for-me-so-bleibt-die-kooperation-auf-kurs/