Der Mainstream hat eine Meinung. Aber leider keine eigene.

Der Zeitgeist ändert sich in Wellen. Die vorherrschende Meinung „was die Kultur ist und sein sollte“ wird immer von wenigen geprägt und von vielen getragen. Diese Vielen sind träge und ändern ihre Meinung üblicherweise recht langsam. Diese Änderung resultiert üblicherweise aus einem altern der dominanten Kultur. Die Kultur wird alt, fad, langweilig, zäh, mühsam, uncool. Die nachfolgende Kultur ist daher fast immer eine Gegenkultur zu dem was vorher da war. Die Edelweißpiraten wurden durch die Hippies ersetzt, die durch Yuppies, Punks und Popper ersetzt wurden, es folgten Raver, Hip Hopper, Indie, Skins, Hooligans die durch Surfer und Skater verdrängt wurden bis wir irgendwann nach dem 34. Goth Revival bei Gamer, Fridays for Future und woke ankommen.

Jede neue Gegenkultur sieht die vorhergegangene Jugenkultur als veraltet an und reißt das Ruder herum und die breite Masse macht mit. Man will ja nicht alt und lame sein.

Und jetzt ist es eben scheinbar so weit: Woke geht aus der Mode. Die Zeichen sind nicht neu aber spätestens mit der Southparkfolge „joining the panderverse“ ist die Ansicht, dass Woke eine Zielscheibe für Spott sein sollte mainstreamfähig geworden (In den USA, bei uns dauerts 1-3 Jahre länger). Dave Chapelle hat schon vor Jahren vorgelegt aber jetzt fallen Leute wie Bill Maher plötzlich um. Woke wird uncool, das Pendel schwingt. Ich sage das seit Jahren, jetzt passierts und ich traue mich zu sagen, dass das nur ein paar wenige Jahre lustig sein wird, denn das kulturelle Pendel hat die Angewohnheit zu weit auszuschlagen.

Ich denke die Reaktion auf den Super Mario Movie ist hier ein guter Ausblick was kommen wird. Nicht von den Kritikern die beklagten, dass Mario als „straight white male“ der Held war. Nein: das ist der Teil über den wir ja alle lachen. Nein, Nein. Das Problem war die Reaktion der Jungen die die nächste Bewegung maßgeblich definieren werden. Diese kritisierten etwa das Peach eine aktive kämpferische Rolle einnimmt und dass das Fahren über den Regenbogen ein Kniefall vor den Wokstern wäre.

Diese Ansichten sind deswegen ein Problem, weil der Film tatsächlich perfekt ins Mario Universum passt und minimalst woke ist. Peach war bereits 1988 in Super Mario Bros. 2 spielbar und ist es seither in vielen Titel. Im originalen Mario Kart von 1992 ist ebenfalls Peach spielbar und auch die Regenbogenstrecke ist Teil des Nintendo-Universums alles eben schon seit 1992.

Woke als das zu entblößen was es ist, hochtrabendes, selbstverliebtes, naives Gewäsch ohne echte Werte, ist wichtig aber nicht jedes Zugpferd das die Wokster vor ihren Karren gespannt haben sollte mit diesem Karren untergehen oder gar unter Beschuss geraten.

Das Problem ist nur eben dass die Wokster die gemäßigten Stimmen gnadenlos beschlossen haben und die Einzigen die diesen gesellschaftlichen Druck überstehen können sind Psychopathen. Case and Point: die Männerrechtsbewegung.

Wenn man Leute wie Jordan Peterson, dessen Grundaussage ist dass man mal sein eigenes Leben in den Griff bekommen soll und wenn man das geschafft hat aktiv Verantwortung für Schwächere übernehmen sollte und diesen dann fischen beibringen soll anstatt sie mit Fischlieferungen von einem abhängig zu machen, als Faschist verflucht und postuliert dass das „toxisches Männlichkeit ist“ darf es nicht wundern wenn Psychopathen wie Andrew Tate am Ende übrigbleiben.

Tate, der im Wesentlichen der Meinung ist dass der ideale Mann ein Zuhälter und die ideale Frau eine Hure sein sollte, prägen jetzt die aufkommende Gegenkultur, weil es die Stimmen sind die noch da sind, die sich nicht brechen haben lassen. Die Einzigen die unter so viel sozialem Druck nicht brechen sind eben Psychopathen, wohingegen Empathen wie Peterson irgendwann brechen, weil sie nicht verstehen können warum man sie hasst dafür dass sie Hilfe zur Selbsthilfe predigen. Der Grund liegt aber auf der Hand: keiner der Kritiker von Peterson die ich kenne hat sich je einen Vortrag von ihm angehört oder ein Buch von ihm gelesen. Man hasst ihn, weil das eben der Zeitgeist ist. Ändert sich der Zeigtgeist, zitieren sie ihn plötzlich.

Der Mainstream hat eine Meinung. Aber eben keine eigene.

Das Problem ist, dass jede Änderung der Kultur von denen getragen wird die die Angriffe der sterbenden Kultur überlebt hat und das sind fast immer Menschen die sehr von sich überzeugt sind: Narzissten, Soziopathen und Psychopathen. Und diese Leute sind der Grund warum das Pendel immer überschwingt, warum die Jungen Regenbögen im Himmel für eine Woke Propaganda halten.

Ist das schlecht? Nicht per se, es ist vermutlich das Natürlichste in der Welt dass das passiert. Zum Teil muss es passieren weil wir es zu weit getreiben haben und zurück zur Vernunft müssen. Das Problem ist dass das Pendel nicht in der Mitte stehen bleibt. Es legt vielmehr nahe dass Querdenker die jetzt Woke kritisieren in wenigen Jahren die andere Seite ins Visier nehmen müssen, weil die beginnen werden die Welt unnötig mühsam zu machen.

Sprich viele von uns die jetzt als Faschist beschimpft werden, werden in 10 Jahren als Woke beschimpft werden und zwar von den Gleichen die jetzt Fascho brüllen.

Kann man daran was ändern? Vermutlich nicht. Es zu verstehen macht die Sache aber deutlich erträglicher.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 11.11.2023 12:08:55

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