Im Mittelalter dachte man dass es keine schwarzen Schwäne gäbe, denn noch nie hatte irgendjemand einen schwarzen Schwan gesehen. Und dann fand man sie Haufenweise in Australien.

Das verblüffte die Welt und vor allem die Gelehrten.

Aber nicht lange, denn wenn man einmal scharf drüber nachdenkt kommt man zu dem Schluss dass die Annahme dass es keine schwarzen Schwäne gab eben nicht wirklich gut fundiert war.

Man glaubte es eben weil es alle schon immer geglaubt haben.

Wir sprechen vom „black swan“ Effekt wenn genau so etwas passiert: etwas das man für unmöglich gehalten hat entpuppt sich als nicht nur möglich sondern häufig und zwingt einem zu einem deutlichen Umdenken.

Eine Freundin hatte kürzlich so ein Erlebnis. Wie so viele andere hört sie Nachrichten, liest ausgedruckte Blogs (sogenannte „Zeitungen“) und vertraut der Regierung obwohl sie sie weder gewählt hat noch hätte, ideologisch ablehnt und generell unsympathisch findet.

Ich erzählte ihr von einer Studie die Prof. Hans Rosling zu seinen Lebzeiten durchführte. Er nahm Fragen, gab 3 mögliche Antworten und gab diese dann unterschiedlichen Gruppen. Eine besonderes Interesse zeigte er für die Fragen die zumindest eine der Gruppen in weniger als 1/3 der Fälle korrekt beantwortete. Er nannte das scherzhaft jene Fragen die Affen (die zufällig einen von drei Knöpfen drücken) korrekter beantworten als die Probaten.

Genau hier fand er dann etwas was für meine liebe Freundin im ersten Moment tief schockierend war: Es gibt Fälle in denen Journalisten und oder Politiker öfter falsch liegen als die normale Bevölkerung und manchmal performen sie sogar schlechter als Affen, während der Ottonormalverbraucher besser als die Affen abschnitt.

Bei dieser Erkenntnis verzog sich ihr Gesicht in einer Mischung aus Erstaunen und Schock und alles was sie sagte war: „Das … ist ja nicht gerade beruhigend.“

Ihr persönlicher schwarzer Schwan war dass Politiker und Journalisten stets und in allen Bereichen bessere Entscheidungen treffen oder überlegene Ratschläge erteilen könnten, da sie über signifikant mehr Informationen verfügen als das gemeine Volk. Das Blöde an der Sache ist, dass Informationen ein wenig wie ein Bergwerksarbeit sind: zwischen dem Gold liegt eine Menge Dreck und ob man nun Gold oder einen Stein in der Hand hält wird oftmals erst bei Tageslicht offensichtlich, im Dunkel aber kann man sich leicht irren.

Viele Politiker und Journalisten, genau wie alle anderen Menschen, arbeiten auf der Basis falscher Grundlagen weil sie Dinge glauben die nicht stimmen (aber (für sie) glaubwürdig wirken). In anderen Worten: Journalisten und Politiker können sich irren.

Wir akzeptieren das diese Aussage für unsere Nachbarn und Arbeitskollegen gilt weil wir wissen dass die eben gelegentlich auf dem Holzweg sind. Wir akzeptieren diese Annahme auch bei Influencern wie Bloggern oder Youtubern. Diese seien ja „ganz normale Menschen“.

Die Bereitschaft anzuerkennen dass aber genau das Gleiche auch für Journalisten und Politiker gilt ist für viele unvorstellbar, genauso wie für die Gelehrten im Mittelalter ein schwarzer Schwan unvorstellbar war.

Die Wahrheit ist aber eben, dass Politiker und Journalisten eben, genau wie Youtuber, Blogger, Aktivisten und so weiter, auch ganz normale Menschen sind.

Wenn eine Zeitung mein Blogs nimmt und druckt bin ich plötzlich "Journalist" und wenn sich genügen Menschen finden die mich wählen bin ich "Politiker".

Der Job bringt aber keine Erhöhung der Kompetenz mit sich.

Ich bleibe so unvollkommen wie ich bin. Ich erhalte dann nur einen witzigen Titel der dazu führt dass Menschen was ich sage plötzlich glauben weil ich jetzt einen lustigen Titel hätte.

Unsere Politiker und unsere Journalisten sind in vielen Punkten weniger qualifiziert als die Leute über die sie herrschen oder denen sie sagen was richtig ist und was falsch sei. Sogar wenn man davon ausgeht dass Journalisten und Politiker unser (und nicht ihr eigenes) Wohl im Sinn haben bedeutet das dass wir oftmals bessere Entscheidungen treffen würden wenn wir nicht auf die Elite hören würden.

Das ist, wie der schwarze Schwan, im ersten Moment ein Schock aber wenn man darüber nachdenkt ist es im Grunde wenig verblüffend, denn „die da oben“ sind eben keine Halbgötter. Es sind Menschen mit Fehlern, Menschen die Dinge glauben die ihnen gesagt wurden und ein Teil dieser Dinge ist eben nachweislich falsch.

Der schwarze Schwan der Politik ist die Erkenntnis dass die angeblich gut informierte Klasse, wenigstens in Teilbereichen, schlechter informiert ist oder öfter falschen Konzepten anhängt als die allgemeine Bevölkerung.

Das klingt im ersten Moment schockierend aber es bedarf keiner sonderlichen Anstrengung zu verstehen warum es so ist und dass es so sein muss.

Das Schwierige ist aber das Problem das nun vor meiner lieben Freundin liegt: ihr Weltbild an diese neue Erkenntnis anzupassen und Konsequenzen daraus zu ziehen.

the Balance https://www.thebalance.com/what-is-a-black-swan-5096133

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