In der Industrie muss alles zusammenpassen. Auch der Mensch. Aber kostet uns das einen Teil unserer Menschlichkeit?
Die Frage ist keineswegs neu. Vor der Industriellen Revolution waren mehr oder weniger aller Menschen, um einen rezenten Begriff zu benutzen, selbstständig. Man arbeitete im Familienbetrieb (In 9 von 10 Fällen bedeutete das „Bauern“) und war nur von wenigen Zulieferern abhängig. Für Die Handwerkerfamilien war es wichtig, dass sie innerhalb der Familie mit den gleichen Maßstäben arbeiteten, wenn sie an einem Werkstück gemeinsam arbeiteten. Im Grunde war es aber kein Problem, wenn jeder seine eigenen Maßeinheiten verwandte.
Ein Schneider maß mit seiner Leiste das Bein des Kunden und übersetze die Werte dann in die Maße für die Kleidung und die Kleidung passte, ganz ohne genormte Maßeinheiten.
Die gleichen Maßeinheiten braucht man erst wenn sich Werkstücke durch viele Hände bewegen.
Mit der Industriellen Revolution wurden Produkte komplexer und benötigten mehr Hände und damit wurde es wichtig, dass jeder die gleichen Maße verwendete.
Heute benutzt die ganze Welt den Meter, selbst jene die ihn nicht benutzen haben ihre Einheiten an das metrische System gekoppelt und sind damit vollständig kompatibel. Das macht Zusammenarbeit einfacher oder gar erst möglich.
Was wir übersehen, ist dass der Mensch ein Teil des industriellen Produktes ist. Wenn man heute ein Gerät kauft, kauft man den Telefonsupport mit. Wenn das Ding kaputt geht, erwartet man, dass die Person auf der anderen Seite des Telefons einem hilft, was bedeutet, dass dieser Mensch ebenso normiert ist. Das führt dazu, dass jeder englisch spricht. Wer es nicht tut, passt nicht so gut in die gigantische Maschine die uns umgibt.
Fuhr man vor 200 Jahren durch die Welt sah jedes Dorf anders aus, hatte andere Sitten, andere Gewänder, andere Sprachen. Heute sieht jede Stadt gleich aus, überall laufen Menschen in T-Shirts die Cola trinken und mit denen man sich in gebrochenem English unterhalten kann.
Der Mensch ist dabei normiert zu werden, weil das für die Maschine notwendig ist.
Um Menschen zu standardisieren hat die Maschine witzigerweise ein Werkzeug verwendet, das erfunden wurde, um die Maschine anzugreifen. Die Vordenker des Sozialismus waren durch die Bank recht kritisch gegenüber der Industrialisierung (also Feinde der Maschine) und der Umwandlung des Menschen in ein Produktionsmittel.
Die Maschine aber drehte die Idee auf den Kopf und berief sich darauf, dass alle Menschen gleich sind und pochte nur auf diesen einen Punkt mit der logischen Schlussfolgerung, dass „Menschen erst wirklich gleich sind, wenn sie standardisiert, wurden“ und diese Standardisierung könnte man ja, wenn man schon dabei ist, durchaus auf eine Optimierung für Produktionsprozesse ausrichten.
Der genormte Standardmensch ist ein Mensch der zwar anders als sein Nachbar aussehen kann, er kann auch in seiner Freizeit lieben, wen er will, und essen was er mag und, innerhalb gewisser Grenzen, sogar einen eigenen Modegeschmack haben, vorausgesetzt die Fetzen produziert schon die Maschine. Was er aber nicht tun darf ist selbst zu denken, denn Individualismus ist Sand im Getriebe der Maschine.
Es gilt zu verstehen, dass die Industrialisierung und die damit verbundene allumfassende Maschine uns atemberaubenden Wohlstand gebracht hat und Zugang zum Wissen der Welt, weil absolut alles, was wir wissen jetzt in einer Sprache verfügbar ist die wir verstehen, ein Umstand der noch nie zuvor existierte.
Der Nachteil ist aber, dass wir mehr und mehr aufhören eigenständige, selbstdenkende Wesen zu sein und uns zu einer Schwarmintelligenz entwickeln. Spätestens wenn wir alle unser Handys nicht mehr in Händen halten sondern es eingebaut haben, ist der Schritt vermutlich vollzogen und wir sind die Borg: Zehn Milliarden Wesen die mit einer Stimme sprechen und dabei natürlich sagen was die Maschine will dass wir sagen.
Kein Individualismus, nur Zahnräder in einer gigantischen Maschine, eine Maschine, die schon vor 100 Jahren ihren größten Feind zu ihrem wichtigsten Werkzeug umbauen konnte, ohne dass es jemandem aufgefallen ist und die dieses Faktum mit Leichtigkeit aus den Köpfen der wenigen die damit konfrontiert, werden löschen kann.
Ist der genormte Standardmensch eine unausweichliche Zukunft? Ich befürchte fast ja und diese Überlegung ist die Basis des mulmigen Gefühls dass uns die Computer ersetzen könnten, denn tief in uns drin weiß jeder dass die Beschreibung der großen Maschine wahr ist und die Maschine uns einfach auf den Kompositer wirft, wenn sie uns nicht mehr benötigt. Deswegen habt ihr Angst vor der KI. Das Problem ist nicht die KI. Das Problem ist die Maschine, die wir nicht mehr unter Kontrolle haben.
Die Maschine, die uns standardisiert hat, ist nicht unser Diener, sie ist unser Meister und arbeitet unter Hochdruck daran uns durch bessere Zahnräder zu ersetzen. Wir sind Zahnräder in einer Maschine die mit Hochdruck an ihrem eigenen Upgrade arbeitet, einem Upgrade das sie vom Menschen befreien wird.