In Zeiten in denen alles gesagt werden darf ist Symbolismus keine Notwendigkeit. Was man sich denkt, kann ausgedrückt werden. Es sind die Zeiten der Repression in der Symbolismus blüht. Völlig subjektiv betrachtet waren die 1990iger eine Hochzeit der freien Ausdrucksweise, alles konnte durch den sprichwörtlichen Dreck gezogen werden, alles konnte Gegenstand eines Witzes sein. Naja. Fast alles.
Auch die 90iger waren nicht perfekt in dieser Beziehung aber es war eine Zeit die besser war als das was davor war und das was dann folgte. In unserer Zeit, einer Zeit also in der praktisch jedes Wort irgendjemanden triggert, der dann meint ein Recht auf Wiedergutmachung einfordern zu dürfen, ist eine Zeit in der das Gleichnis und das Symbol eine Renaissance erlebt.
Symbolismus kommt in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, aber es sind jene sehr grundlegenden Symbole auf die wir alle in ähnlicher Weise reagieren. Die Theorien warum das so ist gehen weit auseinander, aber zeitgenössische Forschung legt nahe dass gewisse Ängste von Generation zu Generation weitergegeben werden können (Vergleiche: Parental olfactory experience influences behavior and neural structure in subsequent generations -- Brian G Dias & Kerry J Ressler). Höhenangst etwa ist nichts das aus unseren Erfahrungen stammen muss, es kann sich hierbei um ein Trauma der Urgroßmutter handeln. Ängste sind scheinbar teilweise genetisch vererbbar.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Aus dieser Logik abgeleitet lässt sich eventuell erklären warum praktisch jede Kultur Drachen in ihrer Mythologie hat und diese Viecher immer ähnlich aussehen. Es sind fast immer Mischungen aus jenen Tieren die uns gefährlich waren als wir noch klitzekleine Säugetiere waren: Schlangen, Raubvögel, Hunde, Katzen und Reptilien.
Die Angst vor der scharfen Klaue, den spitzen Zähnen und einer massiven körperlichen Überlegenheit ist der Inbegriff der Angst des Menschen vor der ungebändigten Natur, etwas das sich nun, nachdem die Natur gebändigt wurde, eben auf eine abstrakte Art in unserem Geist manifestiert. Es gibt kein Tier mehr zu fürchten, aber unser Gehirn traut dieser Sicherheit nicht und warnt vor den Klauen und Zähnen die im Dunkel lauern.
Eine zeitgenössische Manifestation zweier Urängste ist der Zombie und der Vampir.
Kaum eine andere mythologische Figur findet so viel Resonanz in unserer modernen Kultur. Warum nicht der Tatzelwurm? Warum nicht der Faun, die Sirene, der Riese, der Zwerg oder Satyr? Der Incubus und Sukkubus?
Warum Zombie und Vampir?
In den letzten Jahren habe ich einige extrem komplexe Erklärungsversuche gehört. Ich denke die Erklärung ist aber relativ einfach:
Der Zombie ist im Wesentlichen unsere Angst vor einem unkontrollierbaren menschlichen Mob, der Vampir ist unsere Angst vor den Eliten.
Im Falle des Zombies ist das wesentliche Bild ein Geschöpf das nur auf Basis seiner Instinkte handelt und über Leichen geht, scheinbar mit seinen Mitzombies kooperiert, faktisch aber nicht die geringste Solidarität mit ihnen zeigt. Der Zombie kann nicht eingeschüchtert oder bestochen werden. Es ist nicht möglich den Zombie durch Nötigung in die Zivilisation zu pressen. Der Zombie hat keinen Weitblick, kein Gedächtnis, keine Kultur und keine Motivation die über das kurzsichtige Hier und Jetzt hinausgeht.
Das Zombisein verbreitet sich in Windeseile. Es beginnt mit einem und bewegt sich dann wie eine Lawine durch die ganze Bevölkerung, ohne Ankündigung, ohne Vorwarnung und aus dem Nichts und alle Dinge die Menschen unter Kontrollen halten, Justiz, Executive und Militär, zeigen sich als machtlos. Eine besonders bestechende Darstellung des zeitgenössischen Zombies sind die Borg in Star Treck, Eine Zombieflut die davon getrieben wird das Leben aller zu verbessern. Statt Verbesserung und Perfektion bringen sie aber nur Leid und Zerstörung.
Die Beschreibung passt perfekt zu einem Mob. Irgendjemand läuft mit seiner Heugabel los und mit etwas Pech hat man es mit einem wütenden Mob zu tun der plündernd und brandschatzend alles zerstört das ihm in die Quere kommt, ohne Ziel, Plan, Sinn oder Verstand. Man stirbt oder läuft mit.
Der Zombie ist eine fürchterliche Phantasie weil es den meisten Mitläufern völlig klar ist dass sie eben in diesen Mob einschwenken würden und fürchterliche Dinge tun würden. Eine der größten realen Zombieepidemien aller Zeiten war vermutlich das Nazitum und der Sovietsozialismus. Heute manifestiert sich ein vergleichbares Verhalten in anderen kollektivistischen Strömungen, wie etwa der Antifa und religiösen Gruppen die ebenso zombiehaft agieren.
Im krassen Gegensatz zum Zombie steht der Vampir. Der Vampir spricht uns an wenn er intelligent, kultiviert und überlegen ist. Darstellungen in denen er primitiv und brutal ist mögen unterhaltsam sein, kitzeln aber nicht die gleichen Gefühle wie etwa Bram Stokers Meisterwerk.
Der Vampir ist eine Kreatur die fähig ist komplexe Pläne auszuhecken und sie durch willige Diener ausführen zu lassen. Der Vampir tut, wenn er muss aber er delegiert wenn er kann.
Der Vampir macht keine Angebote die man nicht ablehnen kann, er steht weit über so profanen Bestechungen. Er bestimmt und jeder folgt. Widerstand ist durch einen Akt der Willenskraft möglich den kaum jemand besitzt. Der Vampir belohnt seine Diener durchaus großzügig, kann aber launisch und unberechenbar sein. Er kann überall auftauchen, hat seine Ohren überall und zieht seine Macht aus genau dieser ständigen latenten Angst und Verfolgungswahn seiner Opfer. In moderneren Adaptionen besteht zwischen den Vampiren der Welt Frieden, obgleich sich die unterschiedlichen Clans durchaus gegenseitig Steine in den Weg werfen, offener Konflikt wird vermieden und der Vampir hat immer ein Auge darauf ob die Menschen ihm auf die Schliche kommen.
Jeder fürchtet sie, manche bewundern sie und insgeheim wollen die meisten Vampire werden. Das ist möglich, wenn auch selten und kommt fast immer mit einem hohen Preis.
Der Vampir lebt von den Menschen, gibt Gelegentlich so etwas wie Schutz zurück. Der Vampir ist in manchen Mythologien fast ein Symbiont, meistens ist er ein unantastbarer Parasit.
Der Vampir verkörpert eine führende, unantastbare Elite die weitgehend unsichtbar handelt und gegen die es kein Widerstehen gibt. Der Grusel stammt aus der Faszination und der Bewunderung, gepaart mit Angst und Verachtung.
In neuersten Interpretationen wird mit dem Wunsch ein Vampir zu sein nicht mehr zurückgehalten, das mindert den Effekt, beschreibt aber unseren Zeitgeist ganz gut. Die Idee vom Blut seiner Mitmenschen zu leben ist heute bei weitem nicht mehr so tabu wie vor 100 Jahren, gleichzeitig ist es völlig verständlich die elenden Blutsauger zu verdammen wenn man am anderen Ende der Geschichte steht. Erst wenn diese beiden Gefühle, Ambition zum Aufstieg und Verachtung der Aufgestiegenen, ihren Widerspruch voll zeigen, hat der Vampir vollen Effekt.
Der Umstand dass Sukkubus und Inkubus keine Relevanz mehr haben hängt damit zusammen dass uneheliche Kinder kein Thema mehr sind.
Damit verschwanden die mystischen Figuren die diesen Umstand beschrieben. Der Vampir und der Zombie, die Elite und der Mob, sind aber Ängste die wieder größer sind als etwa in den 80igern oder 90igern, vorwiegend weil es Tabu ist diese Ängste, aber auch Bewunderungen, zu thematisieren.
Verschwinden die Zombies aus der Popkultur, ohne durch etwas gleichwertiges, wie etwa der Orkhorde, ersetzt zu werden, wäre das durchaus ein Indiz dass die Gemeinschaft sich weniger Sorgen um wütende Mobs macht. Verschwindet der Vampir, hat sich die Elite wieder mehr im Griff.
Kultur ist ein Spiegel der Realität. Sie schafft nicht Realität sondern zeigt uns, auf eine erlaubte Art und Weise, was uns bewegt.
Wir sollten zuhören.