Sessel sind keine Stühle, falsch ist nicht schlecht, knapp ist nicht eng, billig ist nicht wertlos und totalitär ist nicht autoritär. Aber was ist der Unterschied?
Zum einen kommt es darauf an wen man fragt, diese Definitionen sind im Detail umstritten, daher bleiben wir im Groben, wo weitgehend Einigkeit herrscht.
Autoritarismus bezeichnet einen Zustand, in dem sehr wenige über sehr viele herrschen und weitgehend freie Handlungsfreiheit haben. Das Herrschersystem hat meistens eine (Gallions-)Figur, um die ein Persönlichkeitskult gebaut ist und dieser Herrscher kann (scheinbar) tun was er will. Autoritäre müssen aber keine Vision für das System haben, sprich ein rein Autoritärer sitzt im Palast, zieht Steuern ein und gibt die Steuern dann aus wie er will, aber er mischt sich nicht ins Leben seiner Untertanen ein. Case and Point: Die Könige des Mittelalters die munter Land und Leute tauschten und im Zweifelsfall über Menschen herrschten die nicht mal ihre Sprache sprachen und eine völlig andere Kultur hatten, damit aber gut leben konnten, solange die Steuern rein kamen. Der Anhänger des Autoritarismus sieht zu einem Herrscher auf und denkt, dass das Land in seinen Händen besser läuft.
Totalitarismus kommt zwar oft in Kombination mit Autoritarismus, aber nicht zwangsläufig. Der Anhänger des Totalitarismus hat eine Vision für das Land (oder gar die ganze Welt) und unterstützt Menschen, Systeme, Revolutionen, Gremien, Firmen, Parteien oder aber Autoritäre die diese Vision durch- und umsetzen wollen.
Sprich der Hauptunterschied ist dass der Autoritäre einem nicht sagt was man denken und fühlen soll, der Totalitäre aber sehr wohl.
In der Realität finden wir oft Mischformen aus den beiden aber um diese Mischformen zu verstehen muss man eben auch die isolierten Komponenten verstehen.
Ein 0% totalitäres aber 100% autoritäres System wäre etwa ein König der allein Herrscher und Richter über alles wäre, aber diese Macht in kleinster Weise verwendet, um die Gesellschaft irgendwie umzubauen. Ihm reicht die Macht über die Welt, ihm ist aber egal wie die Welt ist.
Ein 100% totalitäres aber 0% autoritäres System hingegen wäre dann ein System, in dem irgendeine diffuse Macht daran arbeitet, das System umzubauen, zu einem Endziel hinzuleiten, zu entwickeln, die Drahtzieher aber nicht sichtbar sind. So ein System ist schwieriger vorstellbar, weil wir so etwas historisch praktisch nie gesehen haben, was aber bis zu einem gewissen Grad ironisch ist, weil wir uns jetzt, zu mindestens teilweise, genau in so einem System befinden.
Auch ein demokratisches System kann totalitär sein, wenn die Mehrheit eine Vision hat, wie das Land aussieht und diese Vision, via der Macht des Staates, umsetzen will.
Hier kommt mein Ansatz ins Spiel, dass ich dem Staat genau so viel Macht geben würde wie der gefährlichsten Gruppe im Staat, sprich wenig. Der Totalitäre stimmt dem zu, wenn jene an die Macht kommen, die gegen seine Vision arbeiten, sind aber Menschen an der Macht, die zu seiner Vision hinarbeiten, ist er üblicherweise für umfassende Macht für den Staat.
Genau hieran erkennt man den „Totalitären Demokraten“.
Der totalitäre Demokrat mag keinen Herrscher anhimmeln, nicht einmal einer spezifischen Partei angehören. Er hat eine Vision für die Gesellschaft und will das sein Nachbar diese Vision teilt und weil er sich als den Guten sieht, nimmt er an das man jene die „die Wahrheit nicht sehen“ zu „ihrem Glück zwingen muss“.
Der nichttotalitäre Demokrat hingegen sieht die Politik als ein Werkzeug um Probleme zu lösen die wir gemeinsam lösen müssen, nicht aber um die Mitmenschen oder die Gesellschaft zu "verbessern".
Der Schlüssel ist nicht Macht, sondern ob es eine Vision für eine bessere Welt gibt oder nicht.
Und das wirft die Fragen auf ob Politik wirklich das Element im Staat sein sollte das eine Vision für die Gesellschaft haben soll, ob der Staat unser Zusammenleben im Detail beschreiben muss oder ob es eben ein Leben außerhalb des Staates geben soll und vor allem: ob wir nicht alle glücklicher wären wenn der Staat nicht ein Gesetz, eine Richtlinie oder Vision für jeden Teilaspekt unseres Lebens haben würde, wenn es ein Leben ausßerhalb des Staates gibt, also einen Zustand den wir in Europa seit Generationen nicht mehr erleben durften.