Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Die Idee dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, weil das hier und jetzt so völlig anders wäre als die Vergangenheit, ist eine Idee die sich, im Nachhinein betrachtet, praktisch immer als falsch herausgestellt hat.
Jede Generation hat ihre Besonderheiten und genau diese Besonderheiten versperren uns den Blick für das Allgemeine.
Obgleich der punische Krieg völlig anders war als der erste Weltkrieg, so folgten beide den gleichen Regeln. In beiden Fällen traf Lanchesters Gesetz zu, auch wenn wir den mathematischen Zusammenhang erst seit knapp 100 Jahren verstehen. Die Erkenntnis wurde im zweiten Weltkrieg ignoriert, man sei ja nun in einer völlig anderen Situation und prompt hatte Lanchester wieder den letzten Lacher.
Es ist natürlich zu glauben man sei besser als seine Vorgänger, dabei übersehen wir aber dass wir nicht klüger sind als unsere eisenzeitlichen Vorgänger. Wir haben nur mehr Wissen. Unsere Software ist komplexer aber wir laufen noch immer auf der gleichen Hardware wie auch unsere antiken Vorfahren. Unsere Lösungsansätze sind daher auch immer wieder sehr ähnlich, damit ergeben sich Muster.
Das für den heutigen Artikel wesentliche Muster ist das Muster der Hegemonialkultur. Jede Gewinnerkultur beginnt als der unterlegene Kultur und beschließt dass sie es satt hat unterdrückt zu werden. Sie entwickelt also eine Kultur mit dem Anspruch auf Überlegenheit. Der Anspruch alleine reicht aber nicht. Schafft es diese Kultur tatsächlich Innovation und Effizienz zu kultivieren kann sie sich mit der aktuellen Hegemonie anlegen und diese eventuell besiegen. Etwas das oft überraschend rasch passiert. Das „Warum“ wird in wenigen Absätzen deutlich werden.
Die nun siegreiche Kultur übernimmt den Platz der alten Kultur und konsolidiert ihre Macht. Es folgt eine Blütezeit. Diese Blütezeit (der neue Kultur) wird gefolgt von Verklärung der Vergangenheit und gipfelt in Dekadenz.
In der dekadenten Phase geht man davon aus dass man herrscht und immer herrschen wird. Komme was wolle. Die brutale Vergangenheit wird als abstoßend und unkultiviert empfunden, Krieg als ein Ding der Vergangenheit angesehen und der sanftmütige Mensch nimmt den Standplatz des Eroberers ein. Die bulligen Statuen weichen sanften Zügen, das Männliche wird als vulgär verstanden, das Weibliche idealisiert.
Der Krieger verschwindet aus der Kultur, wird vom Ideal zum Aussätzigen. Genau in dieser Zeit formulieren sich an den Grenzen Kulturen die den Eroberer zum Ideal machen. Diese Kulturen sind dann im Grunde kaum aufhaltbar. Der mächtige Hegemon ist nur noch am Papier mächtig. Stoßt man durch die erste Verteidigungslinie ist dahinter nichts mehr. Das Volk ist in dieser Phase üblicherweise nicht willens das Land zu verteidigen.
Das Volk ist viel zu sehr mit Kunst und Philosophie beschäftigt, mit der Suche nach Elixieren die das Leben verlängern, Potenz erhöhen oder aber mit der Suche nach der idealen Kultur in der wirklich jeder glücklich sein kann. Das Volk ist, in anderen Worten, von der Realität der restlichen Welt entkoppelt.
Die Folge ist ein Untergang und eine Reintegration in ein neues Normal. Die Blüte der einen Kultur wächst in den sterblichen Überresten der anderen. Da Gewinner die Geschichte schreiben, lernen wir das es die Sache stets wert war. Ich aber bin da skeptisch.
Kulturen haben eine gewisse Lebenserwartung. Sie vergehen oder aber sie werden durch ihre direkten Nachkommen ersetzt. Der Lebenszyklus der aktuellen westlichen Kultur ist zu Ende und eine ganze Schar möchte das Erbe antreten. Wo aber viele die Angst sehen dass die Kultur durch äußere Kräfte erobert werden wird, sehe ich auch eine Chance zur Restauration. Mit dem Einströmen anderer Kulturen wird vielen im Westen plötzlich klar wie eindeutig überlegen die westliche Kultur ist und dass eine Rückbesinnung auf westliche Werte deutlich attraktiver wirkt als die Unterwerfung unter Kulturen die deutlich weniger Errungenschaften nachzuweisen haben.
Der Westen ist in einer Erneuerungsphase, getragen von unseren Kindern, verursacht von den Fehlern unserer Eltern, die diese Erneuerung als etwas Fürchterliches ansehen und mit einer geradezu beschämenden Zahnlosigkeit bekämpfen.
Das völlig neue unserer Kultur ist das Internet und damit die Möglichkeit zu vergleichen. Hätte Rom diese Möglichkeit gehabt, hätten sie dann die Waffen vor Christen und Goten gestreckt oder hätten sie ihre Überlegenheit gesehen und wären dafür aufgestanden?
Ich hoffe es, denn wenn es so gewesen wäre, herrscht Hoffnung für den Westen.