Rund 90% der (publizierten) Computerspiele, die wir bis jetzt gemacht haben sind verloren. Das entspricht in etwa dem Anteil an verlorenen Stummfilmen, auch hier haben wir nur 10%-30% archiviert. Und dieser laufende Verlust ist, obwohl es so einfach wie noch nie ist Backups zu machen, fortlaufend.

Das Problem bei der Flimmerkiste ist, dass man, im Gegensatz zu Büchern, ein komplexes Setup benötigt, um es zu benutzen. Es reicht nicht eine Diskette mit dem Spiel oder eine VHS mit dem Film zu kaufen, man braucht auch das Abspielgerät das dieses Format verarbeiten kann und diese Dinger sind, wenn man ein funktionierendes Exemplar haben möchte, verflixt teuer und relativ schwierig funktionsfähig zu halten.

Computerspiele und Filme sind, was für die Antike das Theaterspiel war: wesentliche Zeitzeugen dieser Zeit, die einen emotionalen Einblick in die vergangene Kultur geben können. Super Mario sagt etwas über uns aus. Titanic sagt etwas über uns aus. Wintergames sagt etwas über uns aus. Starship Troopers sagt etwas über uns aus. Diese Dinge verdienen es erhalten zu werden, auch wenn wir diese Dinge heute naserümpfend betrachten.

Filme werden es aber einfacher haben in privaten Sammlungen zu überdauern, die Technik Filme auf recht sichere Medien zu übertragen ist einfach und günstig. Bei Computerspielen sieht es anders aus, nicht zuletzt, weil die rechtliche Lage hier noch kniffliger ist. Eine Kopie seiner eigenen DVD anzulegen ist, solange sie nicht weitergeben wird, ist fast überall in Ordnung, das Problem bei Computerspielen ist, dass der Datenträger nicht das Problem ist, sondern das Gerät, das aus dem Code ein Spiel macht. Emulatoren, also Software, die auf einem Computer diese Geräte nachstellt, sind gelinde gesagt eine rechtliche Grauzone, gleichzeitig aber oft die einzige Möglichkeit diese alten Medien zu erleben. Die Rechteinhaber ihrerseits können diese alten Titel nicht verkaufen, vorwiegend weil sie dann auch einen Support dafür stellen müssten, was sich bei dem geringen Preis den ein 20 Jahre altes Spiel bringt, nicht auszahlt. Das Argument „ich würde eh dafür zahlen“ ist leider komplexer.

Dazu kommt, dass durch Patches das ursprüngliche Produkt nicht mehr zu erleben ist. Wir können Command and Conquer bequem in einer remastered Edition spielen, aber das ist ein Nachbau, eine Replik, nicht das Original.

Die größten Schätze der Archäologie sind die Gräber und Müllhalden unserer Vorfahren, Computerspiele werden aber zukünftige Archäologen an diesen Stellen nicht finden können, damit ist der Job der zukünftigen Archäologie deutlich kniffliger als er heute bereits ist, weil das, was wir heute hinterlassen so viel filigraner und verletzlicher ist als die Schöpfungen unserer Ahnen.

Wenn wir einen Einblick in unsere Zeit erhalten wollen, dann müssen wir das sehr viel bewusster und vorsichtiger und mit größerem Aufwand betreiben, als jemand vor Jahrhunderten der das gleiche Ziel hatte. Da aber kaum jemand an so etwas denkt wird vermutlich weniger als ein Prozent unserer Spiele, die heute einen unbestreitbaren Teil der Kultur ausmachen, überdauern und vieles das einen Einblick in unsere Zeit gegeben hätte wird auf immer verloren sein, genau wie fast alles vor uns, in Wirklichkeit, im Dunkeln liegt.

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