Die Evolution der Moral endet in einer Sackgasse

Menschen sprechen gern von Moral, das Problem ist, dass wenigen klar ist was Moral ist. Moral ist grundsätzlich das was man tut um gut zu sein. Genau wie Kultur ist aber Moral Änderungen unterworfen.

Die Entwicklung der Moral ist dabei recht simpel.

Am Anfang ist alles moralisch und gut was das Überleben sichert. Sprich das ist was alle Lebewesen tun: Für den Wolf ist das Reh nur Futter und er weint ihm keine Träne nach. Für den Menschen der ständig kurz vorm Verhungern steht ist es genauso. Wenn man absolut keine Reserven hat, kann man nicht hochmoralisch und gut sein.

Ein oft gemachter Denkfehler ist, dass technologischer Fortschritt und das Entstehen von Zivilisationen dann die Moral treiben, sprich nur der Steinzeitmensch diese animistische Moral lebt.

Das ist völlig falsch.

Kulturen die technologisch entwickelt sind und eine komplexe Zivilisation bilden kann in dieses brachiale Denkmuster verfallen, wenn sie das Gefühl hat, dass keine Reserven da sind und sie am Rande der Existenz stehen.

Sowohl autoritäre Ideologien wie Faschismus oder Kommunismus platzieren ihre Zielgruppe ständig verbal am Rande des Untergangs. Es müsse getan werden was getan werden muss und zwar jetzt und gleich und ohne auch nur einen Moment über andere Konsequenzen nachzudenken, andernfalls werden wir alle sterben und den Feind zu töten sei natürlich moralisch und gut.

Ein Teil der Menschen wird sich Angst machen lassen, siehe etwa den gar nicht so kleinen Anteil der Menschen der Angst davor hat, dass die Meere in 20 Jahren kochen werden. Gleiches Strickmuster.

Der Punkt ist, dass diese animistische Moral für uns natürlicher ist als die Alternative. Die Alternative ist Dekadenz. Dekadenz passiert, wenn sich die Moral zu weit von der Realität entfernt. Es gilt dabei zu verstehen, dass sich die Moral weg vom „Alles um zu überleben“ wegentwickelt, wenn man Reserven hat. Wenn man es sich „leisten kann“. Mit den ersten Überschüssen zieht man in Betracht „mehr zu tun als man tun muss“, „Gutes zu tun“ also und plötzlich philosophieren Menschen darüber was nun gut ist.

Gut ist, logischerweise, sich von der primitiven Moral des Überlebens zu entfernen. Man denkt an Morgen, und an den restlichen Tribe und wenn man sich alles leisten kann dann denkt man an die Nachfahren in 3000 Jahren und an alle Menschen.

Dekadenz ist die Moral die das Überleben nicht nur nichtmehr in den Mittelpunkt stellt, sondern das Überleben im weitesten Sinne gar nicht mehr berücksichtigt.

Wenn Menschen schlicht nicht mehr in Betracht ziehen, dass sie verhungern könnten, macht es keinen Sinn mehr das Verhungern moralisch zu bewerten und damit verschwindet es aus der Moralvorstellung.

Menschen die sich Gedanken ums eigene Überleben machen werden als primitiv angesehen. Dekadente Moral hingegen ist mit höhergeistigen Dingen beschäftigt. In der Vergangenheit bedeutete das praktisch immer Religion. Das Resultat ist immer eine Schwächung der Kultur die dieser Eitelkeit erliegt.

Der Mechanismus ist also recht simpel: Kulturen die tun was getan werden muss um erfolgreich zu werden beginnen zu dominieren, bauen Überschüsse und Reserven auf und können es sich leisten eine raffiniertere Moral zu entwickeln was die Kultur weltlich schwächt.

Gleichzeitig wetzen die anderen Kulturen, die es weniger gut haben als die starke Kultur, die Messer und sind bereit alles zu tun um das zu bekommen was die Dekadenten haben. Irgendwann kracht es und die Barbaren ziehen in die Ruinen der abgeschlachteten Dekadenten ein und damit verschwindet die dekadente Moral, denn die Barbaren wissen sehr genau, dass es eben besagte Dekadenz war die die Mächtigen schwach gemacht haben.

Das christliche Mittealter war maßgeblich davon geprägt ja nicht das zu tun was die Römer taten. Man badete nicht, weil das die Römer taten. Baden mache weich und schwach und wer will das schon sein? Man ging über Leichen und tat was getan werden musste bis man plötzlich oben auf war und plötzlich sah man sehnsüchtig zu den Römern zurück.

Moral beginnt also als eine Rechtfertigung. Man tut was getan werden muss und das sei gut. Wenn ich zum überleben brauche was der da drüben hat dann ist es gut ihn abzumurksen.

Wenn man es sich leisten kann zu handeln wird das dann moralischer und wenn Überleben das Tun nicht mehr dominiert, sondern so nebenherläuft beginnt man den weltlichen Aspekt aus den Augen zu verlieren und beginnt sich mit geistigeren Dingen zu beschäftigen.

Dekadenz ist also immer in der dominanten Kultur am stärksten, vor allem in der dortigen Schicht die am wenigsten Angst vorm verhungern hat. Dieser Teil der Bevölkerung verliert den Bezug zur Realität und beginnt ihre politische Macht für Dinge einzusetzen die entweder nichts zum Erfolg der Kultur beiträgt oder schlimmer: aktiv gegen diesen Erfolg arbeitet.

Das Resultat ist ein ewiger Kreislauf und garantiert dass die Kultur die jetzt oben auf ist dort nicht bleibt, weil sie vergisst dass Überleben ein ewiger Kampf ist, selbst in Phasen in denen dieser Kampf sehr einfach gewonnen wird.

Und so wechselt sich, trotz Zivilisation und Technologie Barbarei und Dekadenz ständig ab mit kurzen instabilen Phasen einer vernünftigen Moral zwischen den Extremen.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 25.03.2024 21:50:51

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