Was die Funktion des Staates sein soll ist je nach politischer Ideologie unterschiedlich. Konzentrieren wir uns aber auf die rezenten Alternativen, namentlich den liberalen Staat, den faschistischen Staat und den sozialistischen Staat, erkennen wir wo die Kernunterschiede in den unterschiedlichen Ansichten zum Staat liegen.
Der liberale Staat versteht sich als ein Wächter. Er garantiert, dass seine Bürger nicht umgebracht werden und sich an vereinbare Regeln halten. Die Idee hierbei ist, dass alles was die Bürger machen aus der Bürgerschaft selber entsteht. Wenn es Fabriken für Schuhe gibt, dann nur weil irgendjemand sie gebaut hat und das Ding besteht weiter, wenn der Eigentümer seine Produkte verkaufen kann. Besteht kein Bedarf nach Schuhen, verschwindet die Fabrik. Besteht Bedarf werden mehr gebaut. Das Risiko, aber auch der Profit, liegt beim Bürger, der Staat garantiert nur Sicherheit nach außen, innen sowie Vertragssicherheit.
Im Sozialismus wird der Staat als ein notwendiges Mittel zum Zweck gesehen. Die Idee besteht darin, dass Menschen, einmal von allen falschen Ideen befreit, den Sozialismus ganz natürlich verinnerlichen und dann entsprechend der sozialistischen Maxime „Jeder gibt so viel wie er kann und nimmt nur was er braucht“ in einem Utopia leben würden. Der Staat ist dafür da die anderen Ideologien zu tilgen und die Menschen vom Sozialismus zu überzeugen. Wenn alle überzeugt sind und die Ideologie verinnerlicht haben aber verschwindet die Notwendigkeit des Staates und alle Bürokraten, Politiker und sonstige Machthaber legen ihre Macht weg und leben als Fischer und Fabrikarbeiter ein produktives Leben.
Der Faschismus sieht den Staat als den Träger aller virtuosen Eigenschaften des Volkes. Seine Aufgabe wäre es alles was „gut“ im Volk ist zu fördern. Jeder der auf individueller Ebene genau das tut was der Staat von ihm erwartet darf tun „was er will“ und alles andere wird umerzogen, unterdrückt oder abgemurkst. Die Maxime lautet: "Alles im Staate, nichts außerhalb des Staates, nichts gegen den Staat"
Der Liberalismus sieht also den Staat als einen Wächter der Sicherheit garantiert aber was im Staat passiert kommt von unten. Sozialismus und Faschismus sehen hingegen den Staat als eine lenkende Kraft die vorgibt wohin der Weg gehen soll, was im Staat existieren kann und was nicht. Der Sozialismus orientiert sich in seiner Zielsetzung an einer theoretischen utopischen Zukunft, der Faschismus eher an Idealen die oftmals in einer mythologisch verklärten Vergangenheit liegen.
Die Geschichte hat uns aber gezeigt, dass das „befreien“ von Menschen und die Hinwendung zum Sozialismus nicht so natürlich ist wie Marx es sich vorgestellt hat.
Auch im Sozialismus ist die öffentliche Toilette grauslicher als die private.
Menschen achten auf „ihre Dinge“ mehr als auf das „Gemeinsame“. Das Wegzuerziehen hat über Generationen an keiner Stelle der Erde geklappt.
Die Konsequenz ist ernüchternd. In allen realexistierenden sozialistischen Systemen wurde der Staat also recht rasch als der Träger der guten Eigenschaften verstanden. Wer überzeugt war (oder Überzeugung heuchelte) wurde in Ruhe gelassen und durfte tun was er will, die anderen wurden aber umerzogen, unterdrückt oder abgemurkst.
Sowohl Faschismus, wie auch der Sozialismus, irren sich an genau der gleichen Stelle: Sie vermuten eine (versteckte) höhere Ordnung wo keine ist. Sie nehmen die Natur als chaotisch und ungerecht wahr und wollen Ordnung in dieses Kuddelmuddel bringen.
Der Liberale hingegen akzeptiert das Chaos als natürlich, das Kuddelmuddel als die perfekte Adaption an ein chaotisches Universum.
Für Sozialisten und Faschisten gibt es eine ideale Menge an Schuhe im Staat. Für den Liberalen nicht. Die Autoritären wollen daher herausfinden wo das Optimum liegt, der Liberale sieht dass diese Gleichung nicht aufgeht weil sich jede Sekunde alle Variablen drei Mal ändern. Dem Liberalen ist das Kuddelmuddel, das wir gern „Kapitalismus“ nennen, als „gut genug“. Die Autoritären wollen aber Perfektion: "gut genug" ist für sie unzureichend.
Der fundamentale Unterschied zwischen politisch interessierten Menschen ist im Grunde genau dieser Perfektionismus. Menschen die dazu neigen praktische Lösungen zu mögen neigen dazu das System zu bevorzugen das rasch und relativ sicher Lösungen liefert die gut genug sind.
Für Menschen hingegen die nach Perfektion streben und einen eher theoretischen Ansatz verfolgen ist „gut genug“ eben, wie gesagt, nicht ausreichend. Diese Menschen tendieren eher zu sozialistischen Ideen, wohingegen der idealistische Teil dem Internationalsozialismus zugeneigt sind, wohingegen die Menschen die versucht haben diese Ideen in der Praxis anzuwenden früher oder später bei den Methoden der Faschisten landen.
Was uns die Debatte aber eben vor allen anderen Dingen zeigt ist, dass Menschen unterschiedlich leben wollen. Manche wollen geführt werden, andere weniger, die nächsten gar nicht. Manche wollen herrschen, manche weniger, manche gar nicht. Diese Unterschiedlichkeit macht Top-Down Systeme so instabil und Down-Up Systeme so produktiv.
Menschen ihr Leben leben zu lassen führ zu einem Kuddelmuddel, zu Chaos, zu komischen Situationen und ja: auch zu Unfairness und unverdientem Reichtum und genauso unverdienter Armut.
Keine Frage.
Die autoritären Alternativen aber haben, trotz ihrer Ordnung, immer zu deutlich schlimmeren Katastrophen geführt, nicht zuletzt, weil am Ende des Tages ganz oben wieder nur ganz normale Menschen saßen, mit menschlichen Fehlern.
Deswegen ist manchen von uns die Freiheit zu tun was man möchte eben gut genug und deswegen stemmen sich diese Menschen gegen Sozialismus und Faschismus, gegen Monarchie und Oligarchie, gegen Theokratien und Technokratien, kurz: gegen Alles in dem Wenige den Vielen sagen wollen wie diese zu leben hätten. Nicht weil wir Ordnung nicht mögen, sondern weil das Kuddelmuddel messabr besser ist als die Alternativen.