Was ist die Kompetenzkrise? Im Grunde beschreiben wir damit das Problem, dass uns die Leute fehlen die Dinge tun damit das Leben so weitergehen kann, wie wir es gewohnt sind. Der Begriff „Fachkräftemangel“ etwa ist ein Teilaspekt davon. Wenn wir etwa zu wenige Ärzte haben, dann werden die Wartezeiten beim Arzt länger und manche Menschen, die durch medizinische Intervention gerettet hätten, werden können, sterben.
Wenn wir zu wenige Installateure haben, dann können wir Wohnungen nicht so schnell errichten und verlieren Baubestand nach Dingen wie Wasserrohrbrüchen, weil die Sanierung zu spät begonnen wird. In anderen Worten: Unsere Infrastruktur kann nur maximal so groß sein wie unsere Fähigkeit sie zu erhalten.
Als plakatives Beispiel: wenn man als Ottonormalverbraucher einen Privatjet erbt, der einem zwar nichts gekostet hat aber in der Unterhaltung jedes Jahr eine halbe Million kostet, dann wird man das Ding nicht lange haben, auch wenn man es gern behalten würde.
Aber wie kann das sein? Haben wir in Europa nicht gut 6% Arbeitslose, die könnten das doch tun. Oder?
Hier möchte ich eine Geschichte aus meinem Umfeld erzählen. Einer meiner Kinderfreunde hatte einen Autounfall und behielt einen Gehirnschaden. Trotz aller Förderungen seiner Eltern limitiert ihn das in seinen Fähigkeiten. Wenn man davon ausgeht, dass er in etwa das Potential seiner Eltern gehabt hätte, dann hätte er es ohne den Unfall vermutlich weit gebracht. In der Realität aber war er in seinem Potential limitiert, das er (also das reduzierte Potential) allerdings, vor allem Aufgrund der Förderung insbesondere seiner Mutter, vermutlich voll ausschöpfte. Das Traurigste war, dass er wusste, was ihn limitierte. Ein Gespräch, in dem er zu mir sagte, dass er auch so gerne Dinge lernen und verstehen würde, wie ich es kann, war herzzerreißend. Er wurde ein ausgezeichneter Gärtner, aber der Unfall kostete und als Gesellschaft einen Arzt, Ingenieur, Architekten oder Handwerkermeister.
Das Problem, das wir haben ist, dass ein Teil der Bevölkerung ähnliche Limitationen haben und wie mein lieber Freund. Sie können nichts dafür und würden es ändern, wenn sie könnten. Aber genau wie die gute Mutter meines lieben Freundes können wir Potentiale nicht erhöhen.
Unsere Welt wird immer komplizierter aber wir als Menschen werden nicht wirklich klüger. Der Anteil der Arbeit, die man mit einem IQ von bis zu 85 machen kann, ist fast vollständig verschwunden, was alle Menschen mit einem IQ von 85 per Definition unfähig macht etwas wirtschaftlich Nützliches zu tun. Wenn Menschen dann sagen „na dann sollen sie halt programmieren lernen“ zeigt, dass das Problem nicht verstanden wurde. Sie können nicht.
Was wir als Gesellschaft brauchen ist nicht das, was wir in der Gesellschaft haben, und verschlimmert wird das durch die Inzentivstruktur.
Ein anderer Freund von mir gab einen guten, nützlichen Job auf, um Psychologie zu studieren nur um dann zu erkennen, dass es in dem Feld keine Jobs gibt um dann wieder in seinen alten Job, wo man händeringend nach Leuten sucht, zu arbeiten.
Als Gesellschaft hat uns das sein Studium gekostet (also eine Viertel bis halbe Million) plus die Jahre in denen er nicht in seinem alten Job gearbeitet hat (also nochmal grob eine eine Halbe bis eine Million in Wertschöpfung). Für was?
Dazu sei gesagt dass nicht der Psychologe unnötig ist. Das Problem ist dass wir mehr haben als wir brauchen.
Wir haben also nicht nur nicht ausreichend kluge Menschen um die immer komplizierteren Systeme, die uns unser bequemes modernes Leben überhaupt ermöglichen, zu erhalten, sondern wir verlieren einen Haufen dieser Menschen an Studien die Qualifikationen schaffen, die nicht helfen die Infrastruktur am laufen zu halten.
Das Resultat ist, dass wir uns die Infrastruktur, die wir geerbt haben, nicht mehr leisten werden können. Um auf das Beispiel mit dem Privatjet zurückzukommen: wenn man sich das Ding nicht leisten kann, ist es klüger das Ding zu verschrotten als es zu behalten.
Und genau dort stehen wir jetzt.
Detroit etwa kann sich seine Infrastruktur nicht mehr leisten, vorwiegend weil es von knapp 2 Millionen Einwohner auf jetzt ein Viertes davon zusammengeschrumpft ist, was bedeutet, dass, um die Infrastruktur zu erhalten, jeder Einwohner nun das Vierrache leisten müsste, was nicht tragbar ist. Das Resultat ist, dass Teile der Stadt bewusst abgeschottet werden und verfallen. Ähnliches kann man in Ostdeutschland beobachten, wo ebenso ganze Bezirke in manchen Städten faktisch leer stehen und seit Jahrzehnten verfallen, weil keiner mehr da ist der dort leben kann.
Es gilt zu verstehen, dass das, was hier steht keine Prophezeiung ist, sondern eine Dokumentation von dem, was passiert.
Die Lösung, dass wir die Menschen, die uns fehlen aus anderen Ländern rauben (denn der Ingenieur, den wir aus Afrika holen fehlt dort und verhindert die Entwicklung dort) hat sich als nicht sehr effektiv herausgestellt.
Was tun? Das Sinnvollste wäre die Inzentivstruktur zu ändern.
Wenn es zu wenige Ärzte gibt, muss man den Ärzten gestatten ihre Preise zu erhöhen, was dazu führt, dass mehr junge Menschen Ärzte werden, weil sie dort Geld wittern. Deregulation also. Zusätzlich sollten wir aufhören Studien, die nichts bringen genauso zu behandeln, wie Studien, die einen erheblichen Nutzen stiften.
Und wenn Menschen die fähig sind Menschen zu helfen ihre Potentiale zu erschließen wieder anfangen würden Kinder zu bekommen, wäre das auch Klasse.
Aber nichts davon wird so schnell passieren (und sogar wenn dauert es 1-3 Generationen bis es Früchte trägt) und so stehen wir am Deck eines Schiffs in das mehr Wasser einläuft als wir hinausschöpfen können.
Die Konsequenz daraus ist natürlich ernüchternd: wir werden vieles von dem, was wir geerbt haben verlieren, schlicht weil wir es nicht erhalten können. Und das Frustrierende an der Sache ist, dass es genügend Potential gäbe das Wasser zu schöpfen, die sich aber gerade mit schönen Künsten beschäftigen und verächtlich auf jene blicken die Eimer tragen und nicht verstehen warum sich langsam aber sicher Panik breit macht.