Ich beobachte 3D Druck recht genau seit der Preis des ersten Gerätes unter 10 000€ gefallen ist (Etwa 2010) und habe mir meinen ersten Drucker 2017 für 300€ gekauft. Das Gerät kam an, ich hob es aus der Packung, steckte es an den Strom und hatte eine Stunde später meinen ersten Druck. Es war schon damals keine Raketenwissenschaft und ist es heute noch weniger, vor allem weil die Standardsoftware „Cura“ mittlerweile praktisch deppensicher ist.
In der nachfolgenden Euphorie sagte ich voraus, dass jeder so ein Gerät zuhause stehen haben wird, wenn es beim Supermarkt in der Schütte liegt.
Kurz kam der Marxist in mir durch und träumte von einer Welt in der alle Arbeiter plötzlich Chefs ihrer eigenen kleinen Fabriken wären, wo das Proletariat über die Produktionsmittel herrscht. Keine Sorge: war nur ein ganz kurzer Fiebertraum und ich habe mich wieder gut davon erholt.
Etwa ein Jahr später lag dann auch der erste Drucker in der Schütte. Aber kaum jemand kaufte das Gerät damals und auch jetzt sind 3D Drucker noch nicht in allen Häusern. Ich lag also falsch. Aber warum?
Liegt es an den Kosten?
Der Preis hat sich seit 2017 stabilisiert und kann nicht mehr wirklich niedriger fallen. Ein solides Gerät bekommt man eben für 200-300€ und mehr, wenn man mehr zahlen möchte. Für den Ottonormalverbraucher reichen diese Geräte voll und ganz.
Personen die selber in der Materie sind werden nun einwerfen, dass es nicht nur eine Form des 3D Drucks gibt, sondern unzählige. Das ist korrekt und ich verweise nur auf FDM weil sie (im Moment) die mit Abstand einfachste und damit massentauglichste Methode darstellt.
Was aber kommt aus dem Gerät raus? Je nachdem was man haben möchte. Vom Modelbauteil über die passgenaue Passscheibe bis hin zu einem Getriebe kann fast alles gedruckt werden. Mit gewissen Einschränkungen.
Im 3D Druck werden Schichten auf Schichten aufgetragen. Wenn der Teil versagt, dann zwischen den Schichten. Praktisch jeder 3D Teil hat also in unterschiedlichen Orientierungen unterschiedliche Festigkeiten. Akzeptiert man das, können Funktionsteile aber recht gut gefertigt werden.
Insbesondere Geometrien die anders überhaupt nicht herstellbar sind werden plötzlich interessant.
Was kostet aber der Spaß nun alles zusammen?
Wie gesagt liegen wir bei einem Drucker bei um die 250€. 1kg Material kostet etwa 20-30€ und an Energie werden nochmals etwa 20€ je kg fällig. Die meisten Objekte druckt man aber hohl, was zu extremen Materialersparnissen führen kann. Große Formen mit einfachen Geometrien können absurd leicht und damit auch günstig werden. Die nötigen Softwarelösungen können teuer sein, die Gratisprodukte sind aber gut genug.
Der Prozess ist nicht ganz leise, dauert lange ist aber weitgehend geruchslos.
Wir sprechen also von einem Eintrittspreis von etwa 300€.
Wenn 3D Druck aber so toll ist? Woran scheitert es?
Primär scheitert es daran, dass man die Anwendungsmöglichkeiten erst sieht, wenn man so ein Gerät hat. Niemand surft über eine Datenbank voller 3D Modelle solange er keinen Drucker hat. Man hat keine Ahnung was man alles tun kann, bis man es tun kann.
Dazu kommt der Glaube der meisten Menschen, dass man einen Doktor in Maschinenbau und Informationstechnologie haben müsse um etwas aus dem Gerät herauszubekommen. Die Lernkurve ist zwar da aber sie ist relativ sanft. Man bekommt bald mal etwas aus dem Gerät heraus, die Qualität wird aber mit besserem Knowhow über die Zeit besser.
Der nächste Knackpunkt ist Platz. Je Nach Bauform nimmt das Gerät eben doch Platz weg.
Ein großes Problem ist zudem vermutlich die Wartung. Alle 30-200 Druckstunden muss das Gerät gewartet werden und dieser Schritt ist dann doch komplexer als das Wechseln einer Druckerpatrone. Je nach Model kann dieser Schritt recht einfach bis sehr komplex sein, wobei die komplexen Lösungen durch die geringen Kosten der Ersatzteile glänzen. Wir sprechen hier von unter einem Euro für die Ersatzteile und 20 Minuten Arbeitszeit.
Plug and Play Lösungen wie sie etwa Anycubic anbietet sind mit minimalsten technischen Kenntnissen einbaubar, das Ersatzteilpaket kostet aber 15€ und produziert unnötigen Mist, da man einen Haufen Teile wegwirft die im Grunde noch gut sind. Die Tendenz geht aber eindeutig in diese Richtung. Bedauerlicherweise.
All diese Dinge könnte man überwinden. Am Ende scheitert es aber an etwas viel fundamentalerem und das ist die Unfähigkeit zu Suchen und zu recherchieren. Ein erstaunlicher Anteil der Menschen findet auf Plattformen wie Thingiverse.com nicht was sie haben wollen, weil sie unfähig sind zu suchen. Die meisten Menschen können nicht recherchieren oder Informationen finden, sondern sind völlig darauf eingestellt alles vorgekaut zu bekommen.
3D Druck scheitert nicht an technologischen Problemen, nicht am Preis, nicht am Marketing, nicht an der handwerklichen Kompetenz der Benutzer. 3D Druck offenbart die Kluft zwischen jenen die machen und jenen die konsumieren.
Diese Kluft ist scheinbar unüberbrückbar, beweist aber dass die Welt so ist wie sie ist nicht weil die Möglichkeiten ungerecht verteilt sind, sondern weil die meisten Menschen eben nicht wissen was sie mit den Möglichkeiten anfangen sollen, wenn sie im Abverkauf vor ihnen liegen. Und diese Lektion kann man verwenden um zu verstehen warum jedes Versprechen einer Welt in der das Proletariat über die Produktionsmittel verfügen völliger Unsinn ist, denn wenn das Proletariat wollte, könnte es das längst realisieren.