Beleidigtsein ist eine bedeutende Sache in der menschlichen Gesellschaft. Das Delikt der Ehrenbeleidigung wird in Österreich mit bis zu drei Monaten Kerker bestraft. Aber: ab wann hat man jemanden beleidigt?

Das Problem an der Sache ist im Grunde sehr einfach: Beleidigtsein ist rein subjektiv. Tolkiens Gandalf tut empört und beleidigt als Bilbo im Hobbit ihm einen guten Tag wünscht. Das Ritual ist in so einem Fall natürlich sich zu entschuldigen, wenn sich jemand beleidigt fühlt und dann ist die Sache üblicherweise gegessen.

Und hier stolpern wir in das nächste Problem: Wenn jemand bei jedem Wort beleidigt ist, müssen alle rund um ihn sich entschuldigen und um Verzeihung flehen und das ist für ersteren eine gemütliche Möglichkeit die Menschen, um sich knien zu lassen und damit eine Quelle eines Machtgefühls. Deswegen ist die beleidigte Leberwurst eben ständig und wegen allem beleidigt. Oder tut jedenfalls so, um Menschen zu manipulieren. Genau wie Gandalf im Buch.

Der Witz an der Sache ist, dass es unmöglich ist jemanden zu beleidigen der nicht beleidigt sein möchte und umgekehrt kann jeder, mit etwas Übung, aus jedem Satz eine Beleidung konstruieren.

Das ganze Konzept der Ehre ist rund um die Beleidigung konstruiert und weil dieses Konzept nur dazu führt, dass man ständig Menschen an Duelle verliert, haben wir uns rechtlich zuerst vom Duell und dann langsam gesellschaftlich von der Ehre verabschiedet und sind zu so etwas wie einer Würdegesellschaft übergegangen. Gemeint ist hierbei natürlich die zivilisierte Welt in der was weitergeht, nicht die Orte an der man im Namen der Ehre noch seine Kinder umbringt, wie bei uns vor 1000 Jahren.

Der Unterschied zwischen Würde- und Ehregesellschaft ist vorwiegend, dass die beleidigte Leberwurst jetzt nicht mehr jeden zum Duell fordern muss. Blöderweise hat das die Neigung zum Beleidigtsein erhöht, weil die Gefahr für den Beleidigten im Duell verletzt zu werden wegfällt. Weswegen in der Würdegesellschaften mehr Menschen dauerbeleidigt sind als in der Ehre Gesellschaft wo ihre Lebenserwartung deutlich reduziert ist.

Aber was ist mit den Menschen die wirklich gekränkt und beleidigt sind und nicht nur so tun, als ob um Menschen zu manipulieren, sollten wir diese nicht schützen?

Nach meiner Erfahrung sind Menschen nicht beleidigt, wenn man ihnen etwas vorwirft das nicht stimmt. Sie werden erklären, dass das, was ihr Gegenüber sagt, nicht stimmt. Wenn man jemanden als Bienenzüchter bezeichnet, der keiner ist, wird das Gegenüber vermutlich recht sachlich erklären, dass er keiner ist. Wenn überhaupt.

Menschen gegen aber absolut durch die Decke, wenn man ihnen etwas unterstellt von dem sie wissen, dass sie so sind, es aber nicht wahrhaben wollen, wie etwa dem männlichen Feministen der nicht gern hört dass seine Forderung nach Quoten Frauen abwertet indem er damit sagt dass sie es aus eigener Kraft nicht schaffen können.

Das will er nicht hören, aber tief in seinem Inneren weiß er das es stimmt und die Reaktion ist Gebrüll, Beleidigtsein und Flucht aus der Situation.

Sprich jemand der Selbstverbesserung als Lebensziel hat, wird beginnen zu reflektieren, wenn er sich beleidigt fühlt und dann Verhalten, Ansichten oder Denkmuster ändern oder wenigstens versuchen sie zu ändern. Das bedeutet entweder wirklich zu werden, wie man tut das man ist oder zu akzeptieren, dass man Dinge mag die man nicht mögen sollte. Beide Lösungen sind besser als Verdrängung und Verleugnung und beide sind schwieriger als besagte Verdrängung und Verleugnung.

Es drängt sich daher die Sicht auf das beleidigte Menschen entweder ihre Umgebung manipulieren wollen oder aber in einem Konflikt, zwischen dem wie sie sind und dem wie sie sein wollen stecken und man sie auf diesen Umstand gestoßen hat.

Daraus folgt, dass Rücksichtnahme auf Beleidigte weder gut für die Beleidigten sind noch gut für die Gesellschaft. Die Abkehr von der Ehre war vermutlich eine gute Entwicklung, die Frage ist wann wir den nächsten Schritt machen, hin in eine Gesellschaft, in der die beleidigte Leberwurst keine Macht mehr auf ihre Mitmenschen hat. Oder besser noch: ob wir als Menschen so weit überhaupt gehen können.

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