Die Sache mit dem sozialen Frieden – Teil 2

Im vorherigen Artikel über den sozialen Frieden sind wiederkehrende Fragen aufgekommen und eine nähere Betrachtung dieser Fragen erscheint mir lohnend.

Besonders bedeutend ist die Frage der „Besonderheit der Völker“. Da es in Europa schlicht kein libertäres Wirtschaftsmodel gibt musste ich auch andere Beispiele zurückgreifen. Ich wählte Fernostasien. Ich hätte aber auch die vereinten arabischen Emirate als Beispiele wählen können. Man behält eben ab und an ein Ass im Ärmel um es später auszuspielen. Diese Zeit ist jetzt.

Eine erstaunliche Menge an Personen, vor allem mit bekannt linkem Hintergrund, warfen ein, dass mein Vergleich nicht valide wäre, weil „die Japaner anders sind als wir“.

Das bedeutet, dass wir nicht verglichen werden können, weil wir anders sind und daher in anderen Systemen leben können und sogar sollen. Das impliziert, dass wir nicht zusammengeworfen werden können, weil wir anders sind, weil eben jedes Volk so leben soll wie es will, wie es ihm entspricht.

Das wirft aber die Frage auf wie es nun mit den arabischen Emiraten steht, oder mit jeder anderen Kultur, jedem anderen Volk das „anders leben will“ weil es „eben anders ist“, denn auch in den Emiraten ist Sozialhilfe Privatsache, Privatsache mit erheblichem sozialen Druck der in der Religion begründet ist, aber eben Privatsache.

Was nun?

Der Sargnagel in dieser Idee findet sich aber ohnehin in Europa und zwar in Deutschland. Die BRD und die DDR waren im Bezug auf Wohlstand oder Arbeitsmoral nicht ident, obwohl sie „das gleiche Volk“ sind. Das System das einem Volk aufgezwungen wird oder aber das das Volk frei wählt, hat einen Einfluss auf die Menschen. Wenn es sich auszahlt Unternehmer zu werden, werden manche Menschen Unternehmer und exakt die gleiche Person wird es nicht werden wenn es sich nicht auszahlt.

Das hat nichts damit zu tun „wie jemand ist“ sondern „was das System ermöglicht zu sein“.

Die andere Sache die es anzusprechen gilt ist die Idee dass das der Staat sozialen Frieden nur mit Transferleistungen umsetzen kann. Und auch hierfür gehen wir wieder nach Asien, ins mächtigste sozialistische Land der Welt: China.

Einer der Pfeiler des kommunistischen Staates in China ist das Konzept der harmonischen Gesellschaft (和谐社会). Die Idee selber weicht von westlichen Konzepten insofern ab als dass sie sich auf Konfuzius bezieht, der selber wieder einen Bezug zur Musik bemüht. Die Idee selber hat ihre Validitäten, das Problem ist die Umsetzung der Partei.

Im Gegensatz zum Westen wirft man auf das Problem in China nicht Geld sondern Tränengas. Die Partei überwacht ihr Volk und jeder Keim von Aufstand gegen die Führung wird als Angriff auf die Harmonie umgedeutet und dann von Männern in Uniformen niedergeknüppelt.

Als etwa Banken in Henan Menschen um ihr Erspartes brachten, erhielten besagte Banken sehr rasch Rückendeckung der lokalen Machthaber. Alle Demonstrationen von Menschen die ihre Lebensersparnisse verloren hatten wurden unterbunden und niedergeschlagen, weil diese Personen den sozialen Frieden störten. Die Xincaifu Group Investment Holding wurde zwar untersucht und einige Leute inhaftiert, aber es wird vermutet, dass es sich hierbei nur um Opferlämmer handeln wird. Die wirklich gut vernetzten Leute gehen mit Millionen aus der Sache davon, genau wie ihre Freunde in der Partei.

Es gilt zu verstehen dass für einen autoritären Staat die Polizeilösung nicht billiger ist als die Leute mit Brot und Spiele bei Laune zu halten. Die Lösung ist aber für den Staat sicherer und mal implementiert, kaum mehr rückgängig zu machen.

Kein autoritärer Staat, oder Staat der autoritär werden möchte, wird ankündigen einen Polizeistaat aufzubauen. Zuerst lockt man mit Umverteilung und wenn sich die Möglichkeit bietet, transferiert man eben die Sozialausgaben hin zu Polizei und Geheimdienst und ändert über Nacht die Regeln. Plötzlich hat der Arme dann keine Sozialleistungen mehr und auch keine Möglichkeit mehr für sie demonstrieren zu gehen. Die Falle hat dann zugeschnappt. So wie in China, wer jammert landet im Arbeitslager.

Zu guter Letzt gilt es etwas festzuhalten dass ein Kollege auf der Plattform schon gesichert hat, weil es ihm so absurd erschien.

Diese Sache ist der logische Zusammenhang dass „wenn jemand etwas bekommt ohne etwas dafür zu tun, dann muss jemand arbeiten ohne etwas dafür zu bekommen“.

Jedem Viertklässler sollte dieser logische Zusammenhang eben logisch erscheinen und Menschen mit einem halbwegs intakten moralischen Fundament werden zustimmen, dass „wenn jemand unfreiwillig(!) arbeitet ohne etwas dafür zu bekommen“ wir es mit dem Problem der „Ausbeutung“ zu tun haben.

Mir, auf der anderen Seite, erschien es festhaltenswert, dass es Menschen gibt die scheinbar meinen, dass der der mehr gibt als nimmt der ist der ausbeutet. Aber es gibt ja auch Leute die glauben die Erde sei flach.

Sozialer Frieden ist eine notwendige Sache. Sozialer Frieden herrscht dann, wenn fast jeder das Gefühl hat, dass alles ist wie es sein sollte. Religiöse Gesellschaften etwa lösen das indem sie ihrer Bevölkerung sagen, dass es Gottes Wille ist, wenn jemand reich oder arm ist und jede Demonstration für Umverteilung eine Kritik an Gott wäre. Autoritäre Staaten erledigen es mit dem Polizeiknüppel und Staaten die Überschüsse produzieren machen es mit Brot und Spielen während dystopischen Werken wie Fahrenheit 451 oder Equilibrium es lösen indem dort die Bevölkerung unter Drogen gesetzt wird.

Das Kernproblem des sozialen Friedens ist aber vermutlich einfach die, sehr menschliche, Selbstüberhöhung des gesunden Menschen. Zu denken man sei „mehr“ oder „wichtiger“ als man ist normal und treibt uns an mehr aus uns zu machen. Es führt aber auch dazu dass man verstört ist warum man etwa als Akademiker weniger verdient als ein Athlet der blöd im Kreis läuft.

Aus dieser Selbstüberhöhung und Unverständnis welchen Nutzen man „wirklich“ schafft entstehen Spannungen. Den Wert den wir „wirklich schaffen“ ist oftmals nicht deckungsgleich mit den Werten die wir „zu schaffen glauben“.

Relevant für unseren Erfolg ist nicht was wir denken zu tun, sondern was die Menschen rund um uns in unserer Leistung subjektiv sehen und ob sie bereit sind ihr hart verdientes Geld gegen das eintauschen wollen was wir gemacht haben.

Eine Gesellschaft in der jeder akzeptiert, dass er nur ist was er eben ist, wäre vermutlich eine Gesellschaft die harmonischer wäre. Es wäre aber auch eine Gesellschaft die vermutlich depressiver wäre.

Harmonie kommt also immer mit einem Preis, und für all die wunderbaren Dinge die sie mit sich bringt, bringt sie Kosten die schmerzlich hoch sein können.

Die Sache mit dem sozialen Frieden ist also am Ende des Tages, dass dieses Ding eventuell nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Eventuell sind Gesellschaften in denen Neid, Zank und Missgunst Teil der Gesellschaft sind, so skurril es sein mag, lebenswerter als eine Gesellschaft in der wir Harmonie erzwingen.

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